23:36 Uhr – Guten Abend Berlin, guten Abend an den Rest der Welt.
Ich komme gerade aus meiner Selbsthilfegruppe und muss das jetzt einfach kurz schreiben, bevor der Tag vorbei ist. Heute ist ein ganz besonderer Tag. Ich habe es tatsächlich geschafft, einen Monat clean zu bleiben.
Ein riesiges Danke an alle alten und neuen Kontakte – ohne euch hätte ich das nicht geschafft. Dass mir gerade cleane Kontakte aus meinem alten Leben eine neue Chance und Vertrauen schenken, ist derzeit unbezahlbar. Und ein besonderes Danke an meine Selbsthilfegruppe, ohne die ich den Tod meines Hundes am 17. Dezember niemals überstanden hätte.
Vor vier Wochen hätte ich mir diesen Moment niemals vorstellen können. Es ist krass, wie viel sich durch ehrliche Art, Hilfe annehmen und einfach nicht aufgeben positiv verändern kann. Ich lerne mich gerade völlig neu kennen und bin ein besserer Mensch: positiver, aktiver, zuverlässiger und selbstbewusster, als es mir je eine Droge geben konnte.
Ich erweitere diesen Artikel später noch in gewohnter, unerträglicher Länge für euch. 😉
Update: Der komplette Rückblick
Soooo meine lieben Mitbürger und Mitbürgerinnen. Da bin ich wieder. Hier ist der Rückblick, wie ich es überhaupt bis jetzt geschafft habe und was meine wichtigsten Skills geworden sind.
Mein persönlicher „Tag Null“: Wie alles wieder anfing
Es brauchte einen erneuten Weckruf. Den Moment, als ich mir das restliche Kokain mit Glassplittern durch die Nase zog und Stunden später bewusstlos auf dem Boden wiederfand. Ich hatte tagelang nichts gegessen und 30 Kilo in 3 Monaten abgenommen. Mein Hund lebte da noch und war der einzige Grund, warum ich mich nicht schon längst endgültig weggeschossen hatte. Aber ich konnte ihm in seinem Zustand kein guter Freund mehr sein. Also: Entzug zu Hause.
Eine Woche später, nachdem ich seit über 10 Jahren das erste Mal wieder weinen konnte, musste er eingeschläfert werden. Ich hätte es mir nie verziehen, an diesem Tag nicht clean und stark für ihn gewesen zu sein. Es war, als hätte er gewartet, bis ich den Willen zum Clean-Sein wiedergefunden hatte. Bei seinen letzten Atemzügen gab ich ihm ein Versprechen. Ein Versprechen, das ich mit dieser Webseite und all meinen anderen Aktivitäten bis heute umsetze. Und an diesem Tag, dem 17.12., traf ich die wichtigste Entscheidung: Ich ging zu meiner alten Selbsthilfegruppe.

Meine Top 10 Skills, die mich durch den ersten Monat brachten 🛠️
Skill 1: Der Sprung in die Selbsthilfe 🤝
Die erste und wichtigste Entscheidung. Der Ort, an dem ich verstanden werde und immer wieder lerne.
Skill 2: Radikale Ehrlichkeit & Offenheit 🗣️
Alles aussprechen, sich für nichts schämen. Das ist anfangs schwer, aber irgendwann läuft es automatisch. Es schafft Vertrauen und macht alles einfacher.
Skill 3: Emotionen steuern (lernen) 🎵
Ich musste meine gute Laune am Morgen halten und ausbauen. Mit meiner Routine (siehe „Selbstfürsorge“-Artikel) und vor allem mit Musik. Rausgehen, Kopfhörer auf und bewusst Musik hören, die meine Stimmung hebt oder verändert. Besuche in der Entzugsstation wurden vom Abschreckungs-Tool zum positiven Kaffee-Date.
Skill 4: Finanzielle Kapitulation 💰
Meine Bankkarte und mein Geld sind in den Händen einer Vertrauensperson. Bargeld in meiner Hand bedeutet derzeit sofortigen Rückfall.
Skill 5: Um Hilfe bitten (und sie annehmen) 🙏
Super schwer für mich gewesen. Aber entscheidend. Man muss lernen, Hilfe anzunehmen, ohne sich sofort in der Schuld zu fühlen. Aber Vorsicht, es gibt auch Leute, die das ausnutzen.
Skill 6: Aufgaben suchen! 🛠️
Egal ob eine kaputte Straßenlaterne melden, einen Hausarzt suchen oder diese Webseite bauen. In Bewegung bleiben, Gespräche führen, eine Aufgabe haben. Das ist meine Hauptwaffe gegen Suchtdruck.
Skill 7: Verhaltensrückfälle analysieren (nicht verurteilen) 🤔
Das klappt noch nicht immer zuverlässig, aber ich lerne, meine eigenen Muster zu erkennen. Warum wollte ich gerade jetzt fast rückfällig werden? Was war der Trigger?
Skill 8: Perspektivwechsel – Lerne deine „Feinde“ lieben 🕊️
Früher habe ich die Polizei gehasst. Heute freue ich mich über jeden Erfolg, den sie gegen die großen Dealer haben. Und ich lerne, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Du kannst das Gestern nicht ändern, aber du kannst im Jetzt leben und die kleinen Dinge wertschätzen.
Skill 9: Aus dem Herzen (Bauch) handeln ❤️
Wenn ich das Gefühl habe „das müsste ich jetzt eigentlich tun“, dann mache ich es. Ohne das ewige Zerdenken. Meistens ist es genau die richtige Entscheidung.
Skill 10: Gesunder Egoismus – Schäme dich für Nichts! 💪
Denke nur daran, was DIR guttut. Was andere sagen oder denken, ist egal (sie tun es so oder so). Sei, wie du bist. Lackier dir die Nägel, schmink dich, sei du selbst.

Die Quintessenz: Was sich wirklich verändert hat ✨
Es gibt noch unzählige weitere Skills. Aber das Wichtigste ist: Mein Leben hat sich gedreht. Der Fernseher ist kaum noch an, die Xbox verstaubt. Ich habe lieber Sex zu zweit als mit mir allein. 😉
Ihr könnt das auch schaffen. Ihr müsst nur feste Regeln und Ziele haben. Vertraut mir.
Danke für Deine Zeit in diesem Artikel!
Häufige Fragen (FAQ) zum ersten Monat der Recovery
Was ist der allerwichtigste erste Schritt, wenn man clean werden will?
Wie meine Erfahrung zeigt, ist der entscheidende erste Schritt oft, Hilfe von außen anzunehmen und die Isolation zu durchbrechen. Für mich war es die Entscheidung, zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen. Das zeigt dir, dass du nicht allein bist und gibt dir einen festen Anker in der Woche.
Reicht es, nur mit dem Konsum aufzuhören?
Nein, absolut nicht. Das ist ein häufiger Fehler. Mit der Substanz aufzuhören, ist nur der Anfang. Die eigentliche Arbeit besteht darin, neue Fähigkeiten (Skills) zu lernen, um mit Emotionen, Triggern und den Problemen des Lebens umzugehen, wie meine Top-10-Liste zeigt. Ohne diese neuen Werkzeuge kehrt man schnell zu alten Mustern zurück.
Wie lange dauert es, bis man sich im cleanen Leben „normal“ fühlt?
Wie man nach einem Monat sieht, ist es ein ständiger Prozess. Es gibt viele positive Momente und ein neues Lebensgefühl, aber alte Muster und körperliche Symptome können noch lange präsent sein. Es ist ein Marathon, kein Sprint. Wichtig ist, die positiven Veränderungen wertzuschätzen und geduldig mit sich selbst zu sein.
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