Ein Artikel aus der „Die Psychologie der Sucht“-Serie von NeelixberliN
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Trigger-Warnung: Dieser Artikel behandelt die Themen somatoforme Störungen, chronische Schmerzen, medizinisches Gaslighting und Sucht als Selbstmedikation.
Nach 28 Jahren Sucht & Recovery kenne ich den Weg von Arzt zu Arzt. Die unzähligen Untersuchungen. Die ratlosen Blicke. Das Gefühl, für verrückt erklärt zu werden, weil dein Körper verrücktspielt. Der gefühlte Herzstolperer, die Herzstiche, der Fuß, der sich plötzlich anfühlt wie gebrochen. Plötzlich auftretende Depressionen, Angststörungen und andere psychische Probleme, für die du keine Erklärung findest.
Du wirst behandelt mit allen möglichen typischen Pillen wie Quetiapin, die ja gegen alles Mögliche helfen können und „vorerst mal so eben“ verschrieben werden. Doch sie machen alles oft nur schlimmer. Gewichtszunahme und dadurch noch mehr Schmerzen, Libidoverlust, Schuppenflechte und andere Hautprobleme. Nach und nach fühlst du dich immer mehr wie ein Wrack.
Und wenn die professionellen Helfer in Weiß dir nicht mehr helfen können, findest du einen „Arzt“, der immer Sprechstunde hat. Einen, der dir endlich Linderung verschafft, ohne blöde Fragen zu stellen: die Flasche, die Pille, der Joint. Das hier ist die Geschichte eines Teufelskreises, in dem die Seele über den Körper schreit und die Droge der Versuch ist, beiden den Mund zu verbieten.
Eine somatoforme Störung ist der Notschrei deiner Seele durch den Lautsprecher deines Körpers. Deine Sucht ist der verzweifelte Versuch, diesem ohrenbetäubenden Schrei nicht mehr zuhören zu müssen. Heilung beginnt, wenn du aufhörst, den Lautsprecher zu zerschlagen, und anfängst, der Botschaft zuzuhören.
🎯 Die harten Fakten: Der Körper als Spiegel der Seele
📊 Die harten Fakten in Zahlen: Der Körper als Spiegel der Seele
Somatoforme Störungen sind keine Seltenheit, sondern ein massives, aber oft unerkanntes Gesundheitsproblem:
- Hohe Prävalenz: Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 10-15% aller Patienten in Hausarztpraxen unter medizinisch unerklärten körperlichen Symptomen leiden. Die Dunkelziffer ist enorm.
- Starke Komorbidität mit Sucht: Eine Studie im „Journal of Psychosomatic Research“ fand heraus, dass Patienten mit somatoformen Störungen ein signifikant höheres Risiko für die Entwicklung einer Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit haben.
- Trauma als Wurzel (ACEs): Die bahnbrechende ACE-Studie (Adverse Childhood Experiences) zeigte einen direkten Zusammenhang: Je mehr traumatische Erlebnisse in der Kindheit, desto höher die Wahrscheinlichkeit für unerklärte körperliche Schmerzen im Erwachsenenalter.
- Alexithymie („Gefühlsblindheit“): Viele Betroffene leiden an Alexithymie – der Unfähigkeit, die eigenen Gefühle zu erkennen und in Worte zu fassen. Der Körper wird zum einzigen Ventil, um diese unbewussten Emotionen auszudrücken.
🔬 Wissenschaft: Die Logik hinter dem unerklärlichen Schmerz (Psychosomatik)
Das Konzept dahinter nennt sich Psychosomatik. Es ist keine Esoterik, sondern Neurobiologie:
- Der Körper als Ventil: Intensive, aber unterdrückte Emotionen wie Angst, Wut oder Trauer verschwinden nicht einfach. Sie erzeugen eine massive Anspannung im vegetativen Nervensystem. Wenn diese Energie keinen psychischen Ausdruck findet, sucht sie sich ein Ventil im Körper.
- Konversion: Das Gehirn „konvertiert“ den seelischen Schmerz in ein körperliches Signal. Die psychische Energie wird in eine physische umgewandelt. Das kann zu Muskelverspannungen (Rückenschmerz), einer Überproduktion von Magensäure (Magenkrämpfe) oder einer Dysregulation des Herz-Kreislauf-Systems (Herzstolpern) führen.
- Alexithymie (Gefühlsblindheit): Oft ist das Problem, dass die Betroffenen ihre eigenen Emotionen gar nicht mehr spüren. Sie haben gelernt, Gefühle abzuspalten. Wenn du nicht sagen kannst „Ich habe schreckliche Angst“, sagt dein Körper es für dich, indem er zittert oder dein Herz rasen lässt.
🎭 Der Teufelskreis: Wie Schmerz, Angst & Sucht sich gegenseitig befeuern

Wenn der seelische Schmerz körperlich wird und die Ärzte keine Antwort haben, beginnt eine verheerende Abwärtsspirale.
⚠️ Der Teufelskreis: Wie die „Lösung“ alles schlimmer macht
Die Selbstmedikation führt direkt in eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale:
- Der unerklärte **körperliche Schmerz** (z.B. Herzstiche, „gebrochener“ Fuß) ist real und quälend.
- Die Ratlosigkeit der Ärzte und der Schmerz erzeugen **Angst, Hoffnungslosigkeit und Depression**.
- Du greifst zur **Selbstmedikation** (Alkohol, Schmerzmittel, Benzos), um BEIDES zu betäuben: den Körper UND die Seele.
- Die **Sucht entsteht** als eigenständige Krankheit.
- Die Sucht (und der Entzug) erzeugen neue körperliche Symptome und **verstärken die Angst und Depression** massiv.
- **Die Nebenwirkungs-Hölle:** Oft werden „typische Pillen“ wie Quetiapin verschrieben, die mit Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder Libidoverlust neue körperliche und seelische Probleme (z.B. Hautprobleme wie Schuppenflechte) schaffen. Du fühlst dich immer mehr wie ein Wrack.
- Der ursprüngliche Schmerz wird durch die Folgen der Sucht und der Pillen noch schlimmer, was das Verlangen nach Betäubung weiter steigert. **Der Kreis schließt sich.**
🛡️ Safer Use: Lerne die Sprache deines Körpers

Der Ausweg aus diesem doppelten Gefängnis ist, zum Übersetzer für dich selbst zu werden. Du musst die Sprache lernen, in der deine Seele über deinen Körper zu dir spricht.
🛡️ Safer Use: Werde zum Übersetzer für deine Seele
Der Ausweg ist, die Flucht vor dem Schmerz zu beenden und stattdessen zu lernen, seine Botschaft zu verstehen.
- Radikale Akzeptanz: Der erste Schritt ist der schwerste. Akzeptiere die MÖGLICHKEIT, dass dein sehr realer, körperlicher Schmerz eine psychische Ursache haben könnte. Das bedeutet nicht, dass du verrückt bist. Es bedeutet, dass du bereit bist, tiefer zu schauen.
- Werde zum Detektiv deines Körpers: Führe ein Schmerz-Tagebuch. Frage dich nicht nur „Wie stark ist der Schmerz?“, sondern: „In welcher Situation ist der Schmerz aufgetaucht? Nach welchem Gespräch? Bei welchem Gedanken? Wie hat sich meine Stimmung kurz davor verändert?“. Finde die Muster.
- Suche die richtigen Experten: Du brauchst keine zehn weiteren Internisten. Du brauchst einen Facharzt für **Psychosomatische Medizin und Psychotherapie** oder einen Therapeuten, der auf somatoforme Störungen und Doppeldiagnosen spezialisiert ist.
- Erkunde körperbasierte Therapien: Da der Schmerz im Körper sitzt, sind Therapien, die den Körper miteinbeziehen, oft extrem wirksam. Dazu gehören **Somatic Experiencing**, **Trauma-sensibles Yoga** oder andere achtsamkeitsbasierte Körpertherapien.
🤔 Ausführliche FAQ
🤔 Bilde ich mir die Schmerzen nur ein, wenn die Ärzte nichts finden?
✅ Nein, absolut nicht, und jeder, der das behauptet, hat keine Ahnung. Der Schmerz ist 100% real. Die Ursache liegt nicht in einem kaputten Organ, sondern in einer komplexen Störung der Schmerzverarbeitung im Gehirn, ausgelöst durch psychischen Stress, den dein Nervensystem in ein körperliches Signal „übersetzt“.
❤️ Hilft es, wenn ich zuerst „nur“ die Sucht behandle?
✅ Das ist oft nicht nachhaltig. Wenn die zugrundeliegende somatoforme Störung – also die Ursache für den Schmerz und den Drang zur Selbstmedikation – nicht mitbehandelt wird, ist das Rückfallrisiko extrem hoch. Ein integrierter Ansatz, der beides gleichzeitig behandelt, ist der Schlüssel.
🧠 Wie kann ich meinem Arzt klarmachen, dass es nicht „nur in meinem Kopf“ ist?
✅ Anstatt ihn überzeugen zu wollen, ändere die Strategie. Akzeptiere die körperlichen Befunde („Okay, es ist gut zu wissen, dass meine Organe gesund sind.“) und öffne dann die Tür zur Psyche: „Könnte es sein, dass dieser reale Schmerz, den ich spüre, mit dem extremen Stress/den Panikattacken/dem Trauma zusammenhängt, das ich erlebt habe? Können Sie mir einen Spezialisten für Psychosomatik empfehlen?“
💪 Ich habe eine nachgewiesene körperliche Krankheit (z.B. Rheuma) UND eine Sucht. Ist das dann auch eine somatoforme Störung?
✅ Nein, das ist eine andere Form der Doppeldiagnose. In deinem Fall gibt es eine klare körperliche Ursache für den Schmerz. Die Sucht ist hier ebenfalls eine Form der Selbstmedikation, aber sie richtet sich gegen einen realen, organischen Schmerz. Die Behandlungsstrategie ist aber ähnlich: Du brauchst ein integriertes Konzept aus guter Schmerztherapie (die nicht nur auf Opiaten basiert!) UND einer Suchttherapie.
😔 Heißt das, ich muss meine Emotionen „heilen“ und dann geht der Schmerz weg?
✅ Das ist das Ziel. Wenn du lernst, deine unterdrückten Gefühle wahrzunehmen, auszudrücken und zu verarbeiten, muss dein Körper nicht mehr für dich schreien. Der Prozess kann lang sein, und manchmal bleiben chronische Schmerzmuster bestehen (Schmerzgedächtnis). Aber die Intensität und die Häufigkeit der Schmerzen nehmen in der Regel massiv ab, je besser du lernst, auf deine Seele zu hören.
📚 Lesetipp zur Vertiefung
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Wenn der Körper Nein sagt von Dr. Gabor Maté
Dr. Gabor Maté ist einer der weltweit führenden Experten für die Verbindung von Trauma, Stress und körperlichen Erkrankungen. In diesem wegweisenden Buch erklärt er anhand von unzähligen Fallstudien und wissenschaftlichen Fakten, wie unterdrückte Emotionen und chronischer Stress uns buchstäblich krank machen. Ein absolutes Muss, um die Sprache deines Körpers zu verstehen.
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🎬 NeelixberliN Fazit

Ich habe aufgehört, meinen Körper als meinen Feind zu sehen, der mich mit Schmerzen quält. Ich habe gelernt, ihn als meinen ehrlichsten Freund zu betrachten. Er hat nie gelogen. Wenn ich meine seelischen Grenzen überschritten habe, hat er geschrien.
Das Problem ist: Niemand sagt Dir, geh mal in Dein Inneres. Finde die wahre Ursache Deiner Probleme. Dein Körper will mit Dir sprechen.
Die Sucht ist der Versuch, ihm ein Knebel in den Mund zu stopfen. Ihn zum Schweigen zu bringen. Die Recovery ist der Prozess, diesen Knebel zu entfernen und endlich zuzuhören. Wenn dein Körper schreit und kein Arzt eine Ursache findet, dann frag dich nicht: „Was ist kaputt in meinem Körper?“. Frag dich: „Welche Wahrheit in meiner Seele versuche ich so verzweifelt zu ignorieren, dass mein Körper sie für mich aussprechen muss?“. Die Antwort auf diese Frage ist der Beginn deiner wahren, ganzheitlichen Heilung.
📖 Quellen & Referenzen
- American Psychiatric Association (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5). (Definiert die Kriterien für die „Somatic Symptom Disorder“).
- Felitti, V. J., et al. (1998). „Relationship of childhood abuse and household dysfunction to many of the leading causes of death in adults. The Adverse Childhood Experiences (ACE) Study.“ American Journal of Preventive Medicine.
- Gabor Maté (2003). When the Body Says No: The Cost of Hidden Stress. (Deutscher Titel: „Wenn der Körper Nein sagt“).
- Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) e.V.: Fachinformationen und Therapeutenverzeichnisse.
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