Zwangsstörung & Sucht: Wenn der Kopf zum Gefängnis wird. Podcast und Artikel Titelbild

Zwangsstörung & Sucht: Wenn der Kopf zum Gefängnis wird



Hey Du,

kennst du das? Gedanken, die sich wie ein kaputtes Radio in deinem Kopf wiederholen und die du nicht abstellen kannst? Und der unbändige Drang, bestimmte Dinge immer und immer wieder zu tun, nur damit dieser innere Lärm kurz aufhört?

Das könnte eine Zwangsstörung (OCD) sein. Und der Wunsch, diesen inneren Terror mit Alkohol oder Drogen zu betäuben, ist für viele Betroffene riesig. Lass uns über diesen gefährlichen Teufelskreis aus Zwang und Sucht sprechen.

Was ist eine Zwangsstörung (OCD)? Mehr als nur „eine kleine Macke“ 🔁

Eine Zwangsstörung ist eine ernsthafte psychische Erkrankung. Sie besteht aus zwei Teilen:

  1. Zwangsgedanken (Obsessionen): Sich ständig aufdrängende, unerwünschte Gedanken, Bilder oder Impulse, die massive Angst, Ekel oder Unruhe auslösen. (z.B. „Alles ist voller Keime“, „Habe ich die Tür wirklich abgeschlossen?“, „Ich könnte jemanden verletzen.“)
  2. Zwangshandlungen (Kompulsionen): Wiederholte, ritualisierte Handlungen, die ausgeführt werden MÜSSEN, um die Angst der Zwangsgedanken kurzfristig zu neutralisieren. (z.B. exzessives Händewaschen, ständiges Kontrollieren, Zählen, Ordnen).

Das Problem: Die Erleichterung durch die Zwangshandlung hält nur kurz an. Der Zwang wird immer stärker und beherrscht irgendwann das ganze Leben.


Eine stilisierte Grafik eines Kopfes im Profil. Im Inneren läuft ein einzelner, düsterer Gedanke wie auf einer Endlos-Schleife (z.B. ein Unendlichkeitszeichen). Die Person hält sich die Ohren zu. Symbolisiert die quälenden, sich wiederholenden Zwangsgedanken.  "Zwangsgedanken erklärt", "Symptome Zwangsstörung", "Was ist OCD"

Die Falle der Selbstmedikation: Wie Drogen das „Radio“ leiser drehen sollen 🤫

Die ständige Anspannung und Angst, die eine Zwangsstörung verursacht, ist für Betroffene die Hölle. Viele greifen zu Drogen, um diesen Zustand auszuhalten.

  • Alkohol & Benzodiazepine: Werden am häufigsten zur Selbstmedikation eingesetzt. Sie wirken dämpfend und können die Angst und die aufdringlichen Gedanken kurzfristig „leiser drehen“.
  • Cannabis: Wird oft genutzt, um zu „entspannen“ und von den Zwängen abzulenken.
  • Opioide: Dienen der kompletten emotionalen Betäubung, wenn der Leidensdruck unerträglich wird.

Die Substanz wird zur neuen Zwangshandlung: Anstatt den Herd zu kontrollieren, trinkt man ein Bier. Anstatt die Hände zu waschen, nimmt man eine Tablette.

Der Teufelskreis: Wie die Sucht den Zwang am Ende verstärkt 🔄

Das ist die brutale Ironie: Der Versuch, die Zwangsstörung mit Substanzen zu kontrollieren, macht alles nur noch schlimmer.

  1. Der Zwang erzeugt Angst und Stress.
  2. Die Substanz wird genutzt, um die Angst zu dämpfen. Dies führt zu kurzfristiger Erleichterung.
  3. Die Wirkung lässt nach. Der „Kater“ oder Entzug erzeugt neue, noch stärkere Angstzustände und Depressionen.
  4. Die Zwangssymptome werden schlimmer. Das Gehirn reagiert auf die erhöhte Angst mit noch stärkeren Zwangsgedanken.
  5. Der Konsum muss gesteigert werden, um die nun verstärkte Angst UND die Entzugserscheinungen zu bekämpfen.

Die Sucht wird zur zweiten Krankheit, die die erste füttert. Man spricht hier von einer Doppeldiagnose.


Eine Grafik, die diesen Teufelskreis als eine sich nach unten drehende Spirale zeigt. Die einzelnen Schleifen sind beschriftet mit "Zwangsgedanke" -> "Angst" -> "Substanz zur Linderung" -> "Verstärkte Angst & Zwang". Symbolisiert die Abwärtsdynamik.  "Teufelskreis Zwang und Sucht", "Doppeldiagnose Zwangsstörung", "Selbstmedikation Falle"

Der Ausweg: Integrierte Therapie für die Doppeldiagnose 💪

Der Schlüssel zur Heilung ist, beide Erkrankungen gleichzeitig zu behandeln.

  • Der Goldstandard für Zwangsstörungen: Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Exposition und Reaktionsmanagement (ERP). Hier lernst du, dich deinen Zwangsgedanken und der damit verbundenen Angst auszusetzen, ohne die Zwangshandlung auszuführen. Du lernst, dass die Angst von allein wieder abklingt.
  • Die Suchtbehandlung: Parallel dazu muss in einer Suchttherapie der Drogenkonsum gestoppt und neue Skills für den Umgang mit Suchtdruck erlernt werden.
  • Der richtige Ort: Am besten sind Kliniken oder Therapeuten, die auf Doppeldiagnosen spezialisiert sind und beide Störungsbilder verstehen und integriert behandeln können.

Fazit: Du musst nicht allein gegen die Gedanken kämpfen

Eine Zwangsstörung ist ein quälendes Gefängnis im eigenen Kopf. Der Griff zur Droge als vermeintlicher Schlüssel ist verständlich, aber er schließt die Tür nur noch fester ab.

Wenn du dich in diesen Mustern wiedererkennst, ist es wichtig zu wissen: Du bist nicht allein und es gibt hochwirksame Therapien. Der mutigste Schritt ist, sich professionelle Hilfe zu suchen, um den Kampf gegen die Gedanken und die Sucht endlich zu gewinnen.


Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Zwangsstörung und Sucht


Bin ich einfach nur sehr ordentlich oder habe ich eine Zwangsstörung?

Ein hohes Bedürfnis nach Ordnung ist eine Persönlichkeitseigenschaft. Eine Zwangsstörung ist eine Krankheit. Der Unterschied liegt im Leidensdruck und im Kontrollverlust. Musst du die Dinge auf eine bestimmte Art anordnen, weil es dir sonst massive Angst oder Unruhe bereitet? Verbringst du Stunden mit Ritualen, die dein Leben einschränken? Wenn ja, sind das klare Warnzeichen für eine Zwangsstörung.

Welche Substanzen werden bei Zwangsstörungen am häufigsten zur Selbstmedikation missbraucht?

Am häufigsten sind es Substanzen, die eine dämpfende und angstlösende Wirkung versprechen. An erster Stelle steht hier Alkohol, dicht gefolgt von Benzodiazepinen (Beruhigungsmitteln). Auch Cannabis und Opioide werden genutzt, um die quälenden Gedanken und die ständige Anspannung zu betäuben.

Was ist „Exposition und Reaktionsmanagement“ (ERP)?

Das ist die wirksamste Therapieform bei Zwängen. Bei der Exposition setzt du dich unter therapeutischer Anleitung bewusst der Situation aus, die deinen Zwang auslöst (z.B. eine Türklinke berühren). Beim Reaktionsmanagement unterlässt du anschließend die Zwangshandlung (z.B. das Händewaschen). Dabei lernst du, dass die Angst von ganz allein wieder abnimmt, auch ohne das Ritual. Du durchbrichst den Teufelskreis.


Über den Autor: NeelixberliN

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