Chemsex: Eine umfassende Betrachtung

Chemsex ist ein Thema, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat und oft mit Besorgnis und Unverständnis betrachtet wird. Dieser Blogbeitrag soll Licht ins Dunkel bringen und umfassend über Chemsex informieren, dabei die Hintergründe beleuchten und auf die damit verbundenen Risiken und Herausforderungen eingehen.

Was ist Chemsex?

Chemsex bezeichnet den Konsum von Drogen im Kontext sexueller Aktivitäten, hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM). Dabei werden bestimmte Substanzen eingenommen, um das sexuelle Erlebnis zu intensivieren, die Ausdauer zu steigern und Hemmungen zu reduzieren. Der Begriff Chemsex entstand aus der Kombination der Wörter „chemical“ und „sex“. In den USA und Australien wird Chemsex oft auch als „Party and Play“ (PnP) bezeichnet.

Die Geschichte von Chemsex

Die Verbindung von Sex und Drogen ist nicht neu. Bereits in den 1960er Jahren, während der sexuellen Revolution, wurden Drogen im Zusammenhang mit sexuellen Aktivitäten konsumiert. Tausende Jahre zuvor nutzten die alten Ägypter Extrakte der blauen Lotusblume, um das sexuelle Verlangen zu steigern.

Der Begriff „Chemsex“ entstand jedoch erst in den 1990er Jahren in der Schwulenszene New Yorks. Damals wurden Drogen in Online-Chats häufig mit dem Codewort „chem“ bezeichnet, um die Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden zu vermeiden. Mit der Verbreitung von Drogen in der LGBTQ+ Szene, insbesondere in New York und London, gewann Chemsex zunehmend an Popularität. Die Entstehung von Gaydar, einer Online-Plattform für LGBTQ+-Personen im Jahr 1999, trug weiter zur Verbreitung von Chemsex bei, da sie es schwulen Männern ermöglichte, sich mit anderen zu vernetzen, die an Chemsex interessiert waren.

Welche Substanzen werden beim Chemsex verwendet?

Typischerweise werden beim Chemsex folgende Drogen konsumiert:

  • Methamphetamine: Ein starkes Stimulans, das auch als Crystal Meth bekannt ist. Es erhöht die Aufmerksamkeit, das sexuelle Verlangen und die Ausdauer.
  • Mephedron: Ebenfalls ein Stimulans, das euphorisierend wirkt und die Libido steigert.
  • GHB/GBL: Sedativa, die entspannend und enthemmend wirken. Sie können jedoch auch zu Bewusstseinsverlust und Atemstillstand führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Drogen allein oder in Kombination konsumiert werden können. Zusätzlich zu den oben genannten Substanzen können auch andere Drogen wie Ecstasy (MDMA), Poppers (Alkylnitrite) und Ketamin verwendet werden, um das sexuelle Erlebnis weiter zu verstärken oder zu verlängern.

Hilfsangebote und Beratungsstellen

Bevor wir uns den Risiken von Chemsex widmen, möchten wir Ihnen wichtige Informationen zu Hilfsangeboten und Beratungsstellen geben. Denn falls Du selbst betroffen bist oder jemanden kennst, der Hilfe benötigt, gibt es verschiedene Anlaufstellen:

HilfsangebotBeschreibungKontaktWebsite
DrogenberatungsstellenBeratung und Unterstützung bei Problemen mit DrogenkonsumTelefonnummern und Adressen regionaler DrogenberatungsstellenBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
SelbsthilfegruppenAustausch mit anderen BetroffenenKontaktdaten von Selbsthilfegruppen in Ihrer NäheDeutsche Aidshilfe
LGBTQ+-OrganisationenSpezifische Unterstützung für Menschen aus der LGBTQ+-Community, die mit Chemsex zu kämpfen haben
Sexuelle GesundheitszentrenBeratung und Tests auf STIs
Therapeuten und Psychologenkönnen bei der Bewältigung von psychischen Problemen und Traumata helfen

Einige konkrete Beispiele für Hilfsangebote sind:

  • Change Grow Live: Bietet Online-Support, Drop-in-Kliniken und eine LGBTQ+ Supportgruppe.
  • LGBT Foundation: Bietet eine Chemsex-Selbsthilfegruppe und verschiedene Ressourcen zum Thema Safer Sex und Recovery.
  • No Matter What Recovery: Bietet spezialisierte Behandlungsprogramme für Chemsex-Abhängigkeit, einschließlich medizinischer Entgiftung, psychologischer Beratung und Gruppentherapie.
  • Adelante Recovery Centers: Bietet umfassende Behandlung für Chemsex-Abhängigkeit, einschließlich stationärer Behandlung, medizinisch unterstützter Entgiftung und Doppeldiagnoseversorgung.

Risiken und Nebenwirkungen von Chemsex

Chemsex birgt erhebliche Risiken und Nebenwirkungen, sowohl für die körperliche als auch für die psychische Gesundheit. Darüber hinaus kann Chemsex auch Auswirkungen auf das soziale Leben, die Sexualität und das Arbeitsleben haben.

Körperliche Gesundheitsrisiken:

  • Sexuell übertragbare Infektionen (STIs): Durch den Drogenkonsum werden Hemmungen reduziert, was zu riskantem Sexualverhalten wie ungeschütztem Sex und häufig wechselnden Partnern führen kann. Dies erhöht das Risiko, sich mit STIs wie HIV, Hepatitis C und Syphilis zu infizieren.
  • Bakterielle Infektionen: Chemsex erhöht auch das Risiko bakterieller Infektionen wie Gonorrhö und Chlamydien, insbesondere bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr.
  • Verletzungen: Der Einfluss von Drogen kann zu intensiverem und längerem Sex führen, was das Risiko von Verletzungen im Analbereich erhöht. Zu diesen Verletzungen gehören Analfissuren und Hämorrhoiden, die während des Geschlechtsverkehrs aufgrund des Drogeneinflusses möglicherweise nicht bemerkt werden.
  • Überdosierung: Insbesondere bei GHB/GBL besteht ein hohes Risiko einer Überdosierung, die zu Atemstillstand und Tod führen kann.
  • Herz-Kreislauf-Probleme: Stimulanzien wie Methamphetamine können das Herz-Kreislauf-System belasten und zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen.
  • Schäden durch Injektion: Das Injizieren von Drogen („Slamming“) birgt zusätzliche Risiken wie Infektionen und die Übertragung von Krankheiten durch gemeinsam benutzte Nadeln. Darüber hinaus können Weichteil- und Hautinfektionen auftreten, wenn die Injektion nicht intravenös, sondern unter die Haut erfolgt.

Psychische Gesundheitsrisiken:

  • Psychische Abhängigkeit: Chemsex kann zu einer Abhängigkeit von den Drogen und dem damit verbundenen sexuellen Erlebnis führen. Die Sucht kann sich sowohl auf die Drogen als auch auf die sexuellen Aktivitäten beziehen, was die Behandlung erschwert.
  • Angstzustände und Depressionen: Der Konsum von Drogen, insbesondere von Stimulanzien, kann Angstzustände, Depressionen und Psychosen auslösen oder verstärken. Oft treten diese Symptome im Rahmen des „Comedowns“ auf, der nach dem Drogenkonsum einsetzt und mit extremer Müdigkeit, Depressionen und Angstzuständen verbunden sein kann.
  • Suizidgedanken: In einigen Fällen kann Chemsex zu Suizidgedanken führen.
  • Soziale Isolation: Chemsex kann zu sozialer Isolation führen, da die Betroffenen sich aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung zurückziehen.
  • Probleme im Alltag: Chemsex kann sich negativ auf das Arbeitsleben, Beziehungen und Freundschaften auswirken.
  • Verlust der Fähigkeit, Sex ohne Drogen zu genießen: Menschen, die regelmäßig Chemsex praktizieren, können Schwierigkeiten haben, Sex ohne Drogen zu genießen.
  • Gesteigertes Risikoverhalten: Chemsex-Abhängigkeit kann zu einem gesteigerten Risikoverhalten und der Suche nach immer extremeren sexuellen Erlebnissen führen.

Soziale Risiken:

  • Negative Auswirkungen auf Beziehungen: Chemsex kann Beziehungen zu Partnern, Familie und Freunden belasten.
  • Probleme im Arbeitsleben: Chemsex kann die Arbeitsleistung beeinträchtigen und zu Problemen am Arbeitsplatz führen.
  • Finanzielle Schwierigkeiten: Die Beschaffung von Drogen kann zu finanziellen Problemen führen.
  • Stigmatisierung und Diskriminierung: Menschen, die Chemsex praktizieren, können Stigmatisierung und Diskriminierung erfahren.

Es ist wichtig zu betonen, dass Chemsex nicht immer problematisch ist. Manche Menschen praktizieren Chemsex, ohne dass es negative Auswirkungen auf ihr Leben hat. Problematisch wird es, wenn die Kontrolle über den Drogenkonsum und das Sexualverhalten verloren geht und negative Konsequenzen wie Gesundheitsprobleme, soziale Isolation oder Abhängigkeit auftreten.

Warum praktizieren Menschen Chemsex?

Die Gründe für Chemsex sind vielfältig und komplex. Oft spielen persönliche Erfahrungen, soziale Faktoren und psychische Probleme eine Rolle.

Einige der häufigsten Motivationen sind:

  • Verstärkung des sexuellen Erlebnisses: Drogen können das sexuelle Verlangen steigern, die Ausdauer erhöhen und Hemmungen reduzieren, was zu intensiveren sexuellen Erlebnissen führen kann.
  • Soziale Verbindung: Chemsex kann ein Weg sein, um soziale Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen Menschen zu verbinden, die ähnliche Interessen haben.
  • Flucht vor negativen Gefühlen: Drogen können dazu dienen, negative Gefühle wie Stress, Angst, Einsamkeit oder Scham zu verdrängen.
  • Bewältigung von Stigmatisierung und Diskriminierung: Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Diskriminierung erfahren haben, können Chemsex als eine Möglichkeit nutzen, um sich selbst zu akzeptieren und ihre Sexualität auszuleben.
  • Sexuelle Exploration: Chemsex kann dazu dienen, die eigene Sexualität zu erforschen und neue Erfahrungen zu machen.
  • Sexuelle Abenteuerlust: Chemsex kann auch als eine Möglichkeit gesehen werden, sexuelle Abenteuerlust auszuleben und Grenzen zu überschreiten.

Es ist wichtig, die Verbindung zwischen Chemsex und psychischen Problemen zu verstehen. Chemsex ist oft mit psychischen Problemen wie Depressionen und Angstzuständen verbunden, die den Zugang zu HIV-Präventionsdiensten erschweren können.

Hintergrund der Betroffenen

Obwohl Menschen jeder Bevölkerungsgruppe Chemsex praktizieren können, wird es am häufigsten mit schwulen und bisexuellen Männern im Alter zwischen 25 und 45 Jahren in Verbindung gebracht. Studien zeigen, dass Chemsex häufiger bei Menschen vorkommt, die:

  • Migranten sind
  • in größeren Städten leben
  • offen mit ihrer Sexualität umgehen
  • mit HIV leben
  • Steroide verwenden

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Faktoren nicht zwangsläufig bedeuten, dass jemand Chemsex praktiziert. Sie können jedoch das Risiko erhöhen, sich mit Chemsex auseinanderzusetzen.

Strategien zur Schadensminderung für Chemsex

Obwohl von Chemsex dringend abgeraten wird, gibt es Strategien zur Schadensminimierung für diejenigen, die sich dennoch dafür entscheiden. Einige wichtige Punkte sind:

  • Kondome verwenden: Kondome schützen vor sexuell übertragbaren Infektionen.
  • Kondome zwischen den Sexakten und Partnern wechseln: Dies reduziert das Risiko von Infektionen weiter.
  • Im nüchternen Zustand Grenzen und Regeln festlegen: Sprechen Sie mit Ihren Partnern über Ihre Wünsche und Grenzen, bevor Sie Drogen konsumieren.
  • Offen über die sexuelle Vorgeschichte sprechen: Dies hilft, das Risiko von Infektionen einzuschätzen.
  • Vermeiden Sie es, andere Substanzen neben Chems zu konsumieren: Das Mischen von Drogen erhöht das Risiko von Nebenwirkungen und Überdosierungen.
  • PrEP verwenden: PrEP (Präexpositionsprophylaxe) ist ein Medikament, das das Risiko einer HIV-Infektion verringern kann.
  • Spritzen nicht teilen: Wenn Sie Drogen injizieren, teilen Sie niemals Spritzen oder anderes Injektionszubehör.
  • Sich in einer sicheren Umgebung mit vertrauten Personen aufhalten: Dies kann dazu beitragen, Risiken zu minimieren und im Notfall Hilfe zu erhalten.

Schlussfolgerung

Chemsex ist ein komplexes Thema mit vielschichtigen Ursachen und Folgen. Es ist wichtig, sich umfassend zu informieren, die Risiken zu kennen und im Falle von Problemen Hilfe zu suchen. Dabei ist es entscheidend, vorurteilsfrei und respektvoll mit den Betroffenen umzugehen und ihnen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.

Dieser Blogbeitrag hat Dir einen umfassenden Überblick über Chemsex gegeben, einschließlich seiner Geschichte, der verwendeten Substanzen, der Risiken und Nebenwirkungen sowie der Motivationen für Chemsex. Wir haben Dir auch die Hintergründe der Betroffenen beleuchtet und Ihnen wichtige Informationen zu Hilfsangeboten und Beratungsstellen gegeben.

Denken Sie daran, dass Chemsex mit erheblichen Risiken verbunden ist. Wenn Du selbst betroffen bist oder jemanden kennst, der Hilfe benötigt, zögere nicht, sich an eine der genannten Stellen zu wenden. Es gibt Unterstützung und es ist möglich, sich von Chemsex zu lösen und ein gesundes und erfülltes Leben zu führen.

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