Antiepileptika und Missbrauch

Antiepileptika sind Medikamente, die zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt werden. Sie wirken, indem sie die elektrische Aktivität im Gehirn reduzieren und so epileptische Anfälle verhindern oder deren Häufigkeit und Intensität vermindern. In den letzten Jahren ist jedoch zunehmend bekannt geworden, dass Antiepileptika auch missbraucht werden können. Dieser Artikel befasst sich mit dem Thema „Antiepileptika und Missbrauch“. Er beleuchtet die verschiedenen Arten von Antiepileptika, die Gründe für ihren Missbrauch, die Folgen des Missbrauchs sowie die Behandlungsmöglichkeiten.

Arten von Antiepileptika und ihr Missbrauchspotenzial

Es gibt eine Vielzahl von Antiepileptika, die sich in ihrer chemischen Struktur und ihrem Wirkmechanismus unterscheiden. Neben ihrer Anwendung bei Epilepsie werden einige Antiepileptika auch zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt, beispielsweise bei:

  • Bipolaren Störungen
  • Migräne
  • Neuropathischen Schmerzen
  • Angststörungen
  • Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)
  • Schlafstörungen
  • Restless-Legs-Syndrom (RLS)
  • Trigeminusneuralgie

Diese sogenannte Off-Label-Verwendung kann das Risiko für Missbrauch erhöhen, da die Medikamente für andere Zwecke als die Behandlung von Epilepsie eingesetzt werden und somit ein größerer Personenkreis Zugang zu diesen Medikamenten hat.

Die Hauptwirkmechanismen der verschiedenen Klassen von Antiepileptika umfassen:

  • Natriumkanal-Blocker: Diese Medikamente (z. B. Carbamazepin, Phenytoin, Lamotrigin) verhindern die repetitive, hochfrequente Entladung von Aktionspotentialen in den Neuronen.
  • Calciumkanal-Blocker: Bestimmte Antiepileptika (z. B. Ethosuximid, Gabapentin, Pregabalin) wirken, indem sie die T-Typ-Calciumkanäle in den thalamischen Neuronen blockieren.
  • GABA-verstärkende Medikamente: Diese Medikamente (z. B. Benzodiazepine, Barbiturate) verstärken die Wirkung des hemmenden Neurotransmitters GABA im Gehirn.
  • Glutamat-Rezeptor-Antagonisten: Diese Medikamente (z. B. Felbamat, Perampanel, Topiramat) blockieren die Wirkung des erregenden Neurotransmitters Glutamat.

Einige Antiepileptika haben ein höheres Missbrauchspotenzial als andere. Zu den Antiepileptika mit einem höheren Missbrauchspotenzial gehören Benzodiazepine wie Clonazepam und Barbiturate wie Phenobarbital. Barbiturate können zwar auch eine beruhigende Wirkung haben, aber ihr Missbrauchspotenzial liegt primär in ihrer euphorisierenden und stimmungsaufhellenden Wirkung. Auch Gabapentinoide wie Pregabalin und Gabapentin werden zunehmend missbräuchlich verwendet. Pregabalin kann euphorisierend wirken und wird daher manchmal als Rauschmittel missbraucht.

WirkstoffgruppeWirkstoffeMissbrauchspotenzialBeispiele
BenzodiazepineClonazepam, Diazepam, LorazepamHochRivotril®, Valium®
BarbituratePhenobarbital, PrimidonHochLuminal®
GabapentinoidePregabalin, GabapentinMittelLyrica®, Neurontin®
SonstigeCarbamazepin, Lamotrigin, Levetiracetam, ValproinsäureNiedrigFinlepsin®, Lamictal®, Keppra®

Es ist wichtig zu beachten, dass alle Antiepileptika Nebenwirkungen haben können, insbesondere zu Beginn der Behandlung und in hoher Dosierung. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Müdigkeit, Schwindel, Verschwommensehen, Koordinationsstörungen und Übelkeit. Alkohol kann diese Nebenwirkungen verstärken. Einige Antiepileptika können auch die Wirkung der „Pille“ beeinträchtigen. Frauen, die Antiepileptika einnehmen, sollten daher mit ihrem Gynäkologen über die geeignete Verhütungsmethode sprechen.

Gründe für den Missbrauch von Antiepileptika

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen Antiepileptika missbrauchen. Einige Menschen nehmen Antiepileptika ein, um sich zu entspannen oder um Angstzustände zu lindern. Andere missbrauchen Antiepileptika, um die Wirkung anderer Drogen zu verstärken. Wieder andere nehmen Antiepileptika ein, um epileptische Anfälle zu provozieren. Dies kann paradox erscheinen, da Antiepileptika ja eigentlich zur Verhinderung von Anfällen eingesetzt werden. Bei Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen kann es jedoch vorkommen, dass sie durch die Anfälle Aufmerksamkeit oder Zuwendung erhalten möchten.

Eine paradoxe Reaktion, bei der Antiepileptika Anfälle auslösen, kann verschiedene Ursachen haben. Medikamente mit nur einem oder zwei Wirkmechanismen führen eher zu paradoxen Reaktionen als Medikamente, die an mehreren Stellen im Nervensystem angreifen. Auch Patienten mit idiopathisch generalisierten Epilepsien sind anfälliger für paradoxe Reaktionen.

Folgen des Missbrauchs von Antiepileptika

Der Missbrauch von Antiepileptika kann schwerwiegende Folgen haben. Zu den kurzfristigen Folgen gehören Benommenheit, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Bei langfristigem Missbrauch können Antiepileptika zu Abhängigkeit, Toleranzentwicklung und Entzugssymptomen führen. Entzugssymptome können nach Absetzen von Gabapentin innerhalb von 48 Stunden auftreten. Zu den Entzugssymptomen gehören:

  • Krampfanfälle
  • Angstzustände
  • Schlaflosigkeit
  • Übelkeit
  • Schmerzen
  • Schwitzen
  • Zittern
  • Kopfschmerzen
  • Depressionen
  • Krankheitsgefühl
  • Schwindel
  • Unwohlsein

Im schlimmsten Fall kann der Missbrauch von Antiepileptika zum Tod führen.

Behandlung von Antiepileptika-Missbrauch

Die Behandlung von Antiepileptika-Missbrauch ist komplex und erfordert einen individuellen Ansatz. In der Regel umfasst die Behandlung eine Entgiftung, eine Psychotherapie und eine medikamentöse Therapie. Die Entgiftung dient dazu, den Körper von den Antiepileptika zu befreien. Die Psychotherapie hilft den Betroffenen, die Ursachen für ihren Missbrauch zu verstehen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Die medikamentöse Therapie kann eingesetzt werden, um Entzugssymptome zu lindern oder um eine zugrunde liegende psychische Erkrankung zu behandeln.

Neben der Behandlung von Antiepileptika-Missbrauch ist die Prävention von entscheidender Bedeutung.

Präventionsmaßnahmen

Um den Missbrauch von Antiepileptika zu verhindern, sind verschiedene Präventionsmaßnahmen erforderlich. Ärzte sollten Antiepileptika nur dann verschreiben, wenn sie unbedingt notwendig sind, und die Patienten über die Risiken des Missbrauchs aufklären. Apotheker sollten auf ungewöhnliche Verschreibungsmuster achten und im Zweifelsfall Rücksprache mit dem Arzt halten. Eltern und Lehrer sollten Kinder und Jugendliche über die Gefahren des Drogenmissbrauchs aufklären.

Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen

Für Menschen, die von Antiepileptika-Missbrauch betroffen sind, gibt es eine Reihe von Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Selbsthilfegruppen bieten Betroffenen die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Beratungsstellen bieten professionelle Hilfe bei der Bewältigung des Missbrauchs und der Suche nach geeigneten Behandlungsmöglichkeiten.

Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen

Der Missbrauch von Antiepileptika ist ein ernstzunehmendes Problem mit potenziell schwerwiegenden Folgen. Um den Missbrauch zu verhindern, sind Aufklärung, Prävention und frühzeitige Behandlung erforderlich.

Handlungsempfehlungen für Betroffene:

  • Suche Hilfe, wenn Du vermutest, dass Du von Antiepileptika-Missbrauch betroffen bist.
  • Wende Dich an eine Selbsthilfegruppe oder Beratungsstelle.
  • Spreche mit Deinem Arzt über Deine Probleme.
  • Informiere Dich über die Risiken des Missbrauchs von Antiepileptika.

Handlungsempfehlungen für Angehörige:

  • Achte auf Anzeichen von Missbrauch bei Deinen Angehörigen.
  • Spreche mit Deinen Angehörigen über Deine Sorgen.
  • Unterstütze Deine Angehörigen bei der Suche nach Hilfe.
  • Informiere Dich über die Möglichkeiten der Behandlung von Antiepileptika-Missbrauch.

Handlungsempfehlungen für medizinisches Fachpersonal:

  • Verschreibe Antiepileptika nur, wenn sie unbedingt notwendig sind.
  • Kläre Deine Patienten über die Risiken des Missbrauchs auf.
  • Achte auf ungewöhnliche Verschreibungsmuster.
  • Arbeite mit Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen zusammen.

Es gibt eine Reihe von Anlaufstellen, die Betroffenen, Angehörigen und medizinischem Fachpersonal Unterstützung anbieten.

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