Sucht & Süchtig: Die gelöschte Folge, die Rückfälle und das Geschäft mit der Genesung

Sucht & Süchtig: Die gelöschte Folge, die Rückfälle und das Geschäft mit der Genesung

Ein Artikel aus der „Recovery & Öffentlichkeit“-Serie von NeelixberliN

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Trigger-Warnung: Dieser Artikel behandelt die Themen Rückfall, Sucht in der Öffentlichkeit, Depression und die Kommerzialisierung von psychischer Gesundheit.


Nach 28 Jahren Sucht & Recovery habe ich eines gelernt: Der gefährlichste Ort für einen Süchtigen ist oft die öffentliche Bühne. Wenn deine Nüchternheit zu einem Produkt wird, deine Authentizität zu einer Marke und dein Überlebenskampf zu einem Geschäftsmodell, entsteht ein Druck, der selbst die Stabilsten zerbrechen kann. Das abrupte Ende des preisgekrönten Podcasts „Sucht & Süchtig“ im März 2025 ist dafür das tragische Paradebeispiel.

Offiziell sprachen die Hosts John Cook und Hagen Decker von „persönlichen Gründen“. Doch eine kurzzeitig veröffentlichte und dann schnell wieder gelöschte Solo-Folge von John Cook enthüllt eine weitaus schmerzhaftere Wahrheit: eine Geschichte über verheimlichte Rückfälle, zerbrochene Freundschaften und den unerträglichen Spagat zwischen der ungeschönten Realität der Sucht und dem Druck, eine perfekte Erfolgsgeschichte verkaufen zu müssen.

Dieser Artikel ist keine Abrechnung. Er ist eine notwendige Analyse darüber, was passiert, wenn der Applaus lauter wird als die leise Stimme der eigenen Krankheit. Wir tauchen tief ein in die Widersprüche, die ethischen Grauzonen und die psychologischen Fallen, die im boomenden Markt der „Recovery-Influencer“ lauern.

Das abrupte Ende von ‚Sucht & Süchtig‘ ist mehr als nur Podcast-Drama – es ist ein Lehrstück darüber, wie der Druck, eine perfekte Recovery zu vermarkten, die authentische, unperfekte Heilung unmöglich machen kann.


🎯 Die harten Fakten: Der Spagat zwischen Erfolg und Rückfall

📊 Die harten Fakten in Zahlen: Erfolg trifft auf Realität

Die Erfolgsgeschichte von „Sucht & Süchtig“ in Zahlen stand im krassen Gegensatz zur Realität der Suchterkrankung:

  • >3,5 Millionen Downloads: Eine enorme Reichweite und Verantwortung in der vulnerablen Suchthilfe-Community.
  • Deutscher Podcast Preis 2023: Kritikerlob und Anerkennung, die den Erfolgsdruck weiter erhöhten.
  • Partnerschaft mit der ARD: Ein öffentlich-rechtliches Gütesiegel, das eine „saubere“ Erfolgsgeschichte implizierte.
  • 40-60% Rückfallquote: Dem gegenüber steht die wissenschaftliche Realität (laut NIDA, USA), dass 40-60% aller Menschen mit Suchterkrankung einen Rückfall erleiden. Diese Zahl ist vergleichbar mit anderen chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck.

Der Konflikt: Das Geschäftsmodell basierte auf dem Narrativ der 0% Rückfallquote, während die medizinische Realität eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür vorhersieht. Dieser Spagat ist kaum auszuhalten.


🎭 Die Fassade bricht: Was die gelöschte Folge wirklich enthüllt

Ein zerbrochenes Mikrofon, aus dem bunte Farben quellen, als Symbol für das abrupte und konfliktreiche Ende des Podcasts "Sucht & Süchtig" und die enthüllte Wahrheit.
Wenn die Fassade bricht: Das Ende von „Sucht & Süchtig“ zeigt, wie schnell ein erfolgreiches Medium zerbrechen kann, wenn die erzählte Geschichte nicht mehr mit der Realität übereinstimmt.

Die offizielle Sprachregelung war professionell, vage und sollte die Marke schützen. Die Realität, die John Cook in seiner kurzlebigen Episode „The Way The Cookie Crumbles“ schilderte, war weitaus menschlicher und tragischer. Er bestätigte erstmals öffentlich, dass es nach der viel gefeierten Genesung beider Hosts erneut zu Rückfällen kam: „Da war ich ja auch nach Therapie nach meinem Rückfall. Ich glaube, nach Therapie war dann Hagen seinen Rückfall. Da haben wir uns ja zerstritten“, so Cook im Mitschnitt.

Er beschreibt schlaflose Nächte, in denen er bis 6:45 Uhr wach liegt und grübelt, und spricht von dem Gefühl, dass „immer alles kaputt geht“ bei ihm. Die enorme Popularität des Podcasts, basierend auf der Prämisse zweier Männer, die die Sucht besiegt hatten, wurde zur Bürde. Ein Rückfall passte nicht mehr ins Narrativ und wurde vom heilsamen Lernprozess zum geschäftsschädigenden Geheimnis.

Ein scheinbar banales Detail aus der gelöschten Folge offenbart die Tiefe des Konflikts: Cooks emotionale Beschwerde, dass die gemeinsame Spotify-Playlist „Wucht & Flüchtig“ nicht mehr verfügbar sei. In der Aufnahme appelliert er direkt: „Das wäre auf jeden Fall cool, wenn das gehen würde, falls irgendwie diese Information an Herrn Decker rankommt.“ Die formelle Anrede „Herrn Decker“ statt des vertrauten „Hagen“ ist ein unmissverständliches Zeichen der vollständigen Entfremdung.

🔬 Wissenschaft: Die psychologische Falle der „perfekten Genesung“

Wenn Genesende zu öffentlichen Personen werden, wirken mehrere psychologische Mechanismen, die die Recovery gefährden können:

  • Perfektionsdruck: Wie der Suchtforscher Dr. Marcus Weber erklärt, wird ein Rückfall nicht mehr nur als persönlicher Rückschlag, sondern als „Verrat an der Community“ wahrgenommen. Diese Last ist immens.
  • Kognitive Dissonanz: Die private Realität (Zweifel, Craving, Probleme) und die öffentliche Persona (der „geheilte Experte“) klaffen immer weiter auseinander. Dieser innere Konflikt erzeugt enormen Stress.
  • Identitätsverschiebung: Die Identität wandelt sich von „ein Mensch in Recovery“ zu „DER Recovery-Influencer“. Die eigene Heilung wird dem Erhalt der Marke untergeordnet.

👥 Die Falle der parasozialen Beziehung: Wenn Hörer zu Patienten werden

Dr. Sarah Münch, Expertin für Suchtdynamiken, warnt vor den Gefahren von Parasozialität in der Suchtberatung: „Wenn Podcaster zu Quasi-Therapeuten für ihre Hörerschaft werden, entsteht eine gefährliche Dynamik. Rückfälle der ‚Vorbilder‘ können bei Anhängern zu eigenen Krisen führen.“

Die Geschichte von „Sucht & Süchtig“ illustriert dieses Phänomen perfekt: Eine Community, die sich um die Erfolgsgeschichten zweier Individuen gebildet hatte, sieht sich plötzlich mit der Realität konfrontiert, dass diese Geschichten unvollständig waren. Angehörige und Betroffene, die sich an den scheinbaren Erfolgen orientierten, fühlen sich getäuscht.


⚡ Der Teufelskreis: Wenn Authentizität zur Bürde wird

 Eine Person ertrinkt in Social-Media-Symbolen, als Metapher für den Druck, dem Recovery-Influencer ausgesetzt sind, und den Verlust der Authentizität.
Der Applaus der Community kann sich schnell von einer Stütze in eine schwere Last verwandeln, unter der die eigene, ehrliche Recovery zu ertrinken droht.

⚠️ Der 6-Stufen-Weg vom Helfer zum Produkt

Der Weg vom authentischen Helfer zum ausgebrannten Produkt folgt oft einem tragischen Muster:

  1. Authentischer Start: Eine ehrliche, persönliche Geschichte findet Anklang und baut eine Community auf.
  2. Wachsender Erfolg: Reichweite, Preise und Partner schaffen kommerziellen und öffentlichen Druck.
  3. Die Fassade entsteht: Um den Erfolg zu halten, muss die „saubere“ Erfolgsgeschichte aufrechterhalten werden. Eigene Kämpfe werden ausgeblendet.
  4. Isolation & Scham: Die Realität der eigenen, unperfekten Recovery passt nicht mehr zur Marke. Man kann mit niemandem mehr ehrlich darüber sprechen.
  5. Die Krise (z.B. Rückfall): Ein Rückschlag wird zur existenziellen Bedrohung für die Marke. Anstatt ihn zu kommunizieren, wird er verheimlicht.
  6. Implosion: Das Verheimlichen und der innere Druck zerstören die Beziehungen und die psychische Gesundheit. Das Projekt bricht zusammen.

🛡️ Die ethische Grauzone: Spenden, Touren und der Wert von Authentizität

Eine zerbrochene Waage, die den Konflikt zwischen authentischer Hilfe (Herz) und kommerziellen Interessen (Geld) in der Recovery-Öffentlichkeit symbolisiert.
Wenn Hilfe zum Geschäft wird: Die Balance zwischen authentischem Support und wirtschaftlichen Interessen ist eine der größten Herausforderungen für öffentliche Recovery-Projekte.

💸 Spenden, Touren & zwei unterschiedliche Wege

Die Wege der beiden Hosts nach der Trennung werfen ein Schlaglicht auf unterschiedliche Philosophien im Umgang mit Öffentlichkeit und Kommerz:

Hagen Decker versucht, an alte Erfolge anzuknüpfen. Er führt das Schema von „Sucht & Süchtig“ weiter, integriert neue Formate wie die Kochsendung „Cross und Cremig“ und macht kein Geheimnis aus seinen finanziellen Interessen, indem er aktiv um große Spendensummen bittet. Gleichzeitig mussten bereits Tour-Termine „aus wirtschaftlichen Gründen“ abgesagt werden, was Fragen zur Nachhaltigkeit dieses Modells aufwirft.

Die NeelixberliN-Perspektive zu John Cook: Ich finde die Arbeit von John sehr positiv. Man bemerkt bei ihm den Fokus auf wahre Hilfe, indem er zum Beispiel auch andere, kleinere Projekte unterstützt und in seinem Podcast darüber berichtet. Es geht ihm öffentlich hauptsächlich um den Kern der Sache: Gemeinsam mehr erreichen und sich gegenseitig unterstützen, um so einen Mehrwert für alle zu schaffen – Betroffene, Angehörige und sich selbst.

Diese unterschiedlichen Ansätze zeigen die zentrale Herausforderung: Wie balanciert man den verständlichen Wunsch nach finanzieller Absicherung mit der Verantwortung gegenüber einer vulnerablen Community, die in erster Linie authentische Hilfe und keine Show sucht?


🤔 Ausführliche FAQ

🤔 Warum wurde John Cooks Folge gelöscht?

✅ Die Folge „The Way The Cookie Crumbles“ enthielt sehr persönliche und emotionale Aussagen über das Ende von „Sucht & Süchtig“, einschließlich Details über verheimlichte Rückfälle beider Hosts. Die Löschung erfolgte vermutlich aus Sorge um weitere Eskalation oder rechtliche Konsequenzen.

⛓️ Waren die beiden wirklich durchgehend „clean“ während ihres Podcast-Erfolgs?

✅ Laut dem Transkript der gelöschten Folge gab es nach ihrer öffentlich beworbenen Genesung bei beiden Rückfälle. Cook erwähnt explizit seinen eigenen Rückfall, der ihn in Therapie führte, und anschließend einen von Decker, der zum Zerwürfnis führte.

🚭 Ist es problematisch, dass beide um Spenden bitten?

✅ Die Spendenaufrufe werfen Fragen zur Transparenz auf. Beide haben durch ihre Bekanntheit Zugang zu professioneller Unterstützung, bitten aber gleichzeitig ihre oft selbst betroffene Hörerschaft um finanzielle Hilfe. Das ist eine ethische Grauzone, die jeder für sich bewerten muss.

❤️ Was lehrt uns diese Geschichte über Podcast-Fame?

✅ Der Fall zeigt die Gefahren der Idealisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Medien. Der Druck, kontinuierlich „erfolgreich geheilt“ zu sein, kann kontraproduktiv wirken. Authentische Recovery beinhaltet auch Rückschläge, und das Verschweigen dieser Realität hilft niemandem.

👥 Können Menschen mit aktiven Suchtproblemen anderen helfen?

✅ Ihre Erfahrungen bleiben wertvoll, aber es ist wichtig zu verstehen, dass sie keine Ersatz-Therapeuten sind, sondern Menschen im gleichen Kampf. Wie Gabriel von NeelixberliN.de betont: „NeelixberliN ersetzt keine Therapie, Entgiftung oder einen Psychologen. Er gibt nur den richtigen Schubs in die richtige Richtung.“ Professionelle Hilfe sollte immer der erste Anlaufpunkt sein.

🎬 NeelixberliN Fazit

Die Geschichte von John Cook und Hagen Decker ist mehr als das Ende eines erfolgreichen Podcasts. Sie ist ein Lehrstück. Sie zeigt uns, dass Authentizität keine Performance ist. In dem Moment, in dem du anfängst, deine Heilung für Applaus zu optimieren, hast du den Weg bereits verloren. Die wahre Tragödie liegt nicht im Rückfall oder der Trennung. Sie liegt in der verpassten Chance, genau dieses Scheitern öffentlich zu machen. Ein Podcast über einen gemeinsamen Rückfall hätte unendlich viel mehr Wert gehabt als hundert weitere Erfolgsgeschichten.

Genau aus diesem Grund gibt es NeelixberliN. Ich bin selbst seit über 28 Jahren von Polytoxikomanie betroffen. Meine Webseite ist mein ehrenamtliches Herzensprojekt, das ich mit Hilfe von trainierter KI umsetze – eine Kombination aus meinen eigenen, unzensierten Erfahrungen und den Möglichkeiten moderner Technologie. Ich spreche offen über alles, weil ich gemerkt habe, nur damit kommt man weiter und kann heilen.

Ich werbe nicht aktiv oder un-transparent für große Spenden. Jeder Cent, den ich in das Projekt stecke, ist besser investiert als in Stoff. Mein Ziel ist es, Menschen in kritischen Momenten abzuholen, wenn die Scham zu groß ist, um zu einer Beratungsstelle zu gehen. Mein Motto: Aus allem Schlechten etwas Gutes machen. NeelixberliN ersetzt keine Therapie, aber es gibt vielleicht den richtigen Schubs in die richtige Richtung. Und dieser Schubs muss ehrlich sein – auch und gerade dann, wenn es wehtut.


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Über Gabriel Maetz

NeelixberliN teilt hier seine persönliche und ungefilterte Erfahrung auf dem Weg aus der Sucht. Nach Jahren der Abhängigkeit, unter anderem von Polamidon, kämpft er sich Tag für Tag zurück ins Leben. Dieser Blog ist sein persönliches Logbuch, eine Hilfe für sich selbst und hoffentlich auch eine stütze für andere, die einen ähnlichen Kampf führen.

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