Das CRAFT-Mindset-Manifest (Teil 6): Werde zum Traum-Architekten – Die Landkarte für ein besseres Leben (Positive Funktionsanalyse)

Das CRAFT-Mindset-Manifest (Teil 6): Werde zum Traum-Architekten – Die Landkarte für ein besseres Leben (Positive Funktionsanalyse)

Ein Artikel aus der „Das CRAFT-Mindset-Manifest“-Serie von NeelixberliN

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Trigger-Warnung: Dieser Artikel verlangt von dir, über die reine Problembekämpfung hinauszudenken. Du wirst aufgefordert, nicht nur zu reagieren, sondern proaktiv eine neue, positive Realität für dich und deinen Angehörigen zu entwerfen.

Eines der brutalsten Missverständnisse über Nüchternheit ist der Glaube, es ginge nur darum, etwas wegzunehmen. Die Droge, den Alkohol. Man schneidet das Krebsgeschwür raus und erwartet, dass der Patient sofort wieder gesund ist. Aber was bleibt, ist oft nicht Gesundheit, sondern ein riesiges, gähnendes Loch. Ein Vakuum.

Ich kenne dieses Vakuum. Die ersten Wochen und Monate meiner Nüchternheit waren leer. Die Substanz, die jeden Winkel meines Tages gefüllt hatte – die Planung, der Konsum, die Beschaffung, die Vertuschung – war weg. Und nun? Stille. Langeweile. Die quälende Frage: „Was zum Teufel mache ich jetzt mit all dieser Zeit und diesem schreienden Nichts in mir?“

Als Angehöriger hast du bisher deine ganze Energie darauf verwendet, das Problem zu managen. Du warst der Krisenmanager, der Detektiv, der Sanitäter. CRAFT gibt dir jetzt eine neue, unendlich viel mächtigere Rolle: Du wirst zum Traum-Architekten. Du hörst auf, nur das brennende Haus zu löschen. Du fängst an, den Bauplan für ein völlig neues, schöneres Haus zu zeichnen. Genau dafür gibt dir CRAFT ein geniales Werkzeug: die Funktionsanalyse für positives Verhalten.

Eine Person zeichnet einen bunten Bauplan auf eine graue Mauer. Symbol für die proaktive Gestaltung eines besseren Lebens als Angehöriger.
Hör auf, nur gegen die Mauer zu rennen. Werde zum Architekten und zeichne den Plan für das, was dahinter entstehen soll.

📊 Die Fakten: Die Schatzkarte zu einem besseren Leben

Die positive Funktionsanalyse ist das Gegenstück zur Problemanalyse aus Artikel 3. Statt zu fragen „Warum konsumiert er?“, fragt sie: „Unter welchen Umständen tut er etwas Gutes, und wie können wir das replizieren?“. Das CRAFT-Manual beschreibt sie als einen Weg, „den Kontext zu verstehen, in dem der Angehörige ein lustvolles, gesundes Verhalten wählt und genießt“.

  • Das Ziel ist klar: Es geht darum, die Häufigkeit eines nüchternen, positiven Verhaltens gezielt zu erhöhen. Es ist eine proaktive Strategie, um gesunde Aktivitäten so attraktiv zu machen, dass sie direkt mit dem Konsum konkurrieren können.
  • Die Kernfragen der Analyse: Genau wie bei der Problemanalyse untersuchst du die entscheidenden Faktoren:
    • Die Auslöser (Triggers): Wer, was, wann, wo? Unter welchen Umständen passiert das gute Verhalten? (z.B. „Immer samstags, wenn die Sonne scheint und ein Freund anruft.“)
    • Die Barrieren (Barriers): Was steht dem Verhalten im Weg? (z.B. „Er würde ja, aber er hat kein Geld / keine Ausrüstung / keine Energie.“)
    • Die Belohnungen (Rewards): Was hat er davon? Welches positive Gefühl entsteht? (z.B. „Er fühlt sich danach stolz, entspannt, verbunden.“)
  • Es ist ein optionales Werkzeug: Das Manual betont, dass diese Analyse nicht immer notwendig ist. Wenn du bereits gute Ideen für positive Aktivitäten hast, kannst du direkt loslegen. Sie ist aber ein mächtiges Werkzeug, wenn du feststeckst und nicht weißt, wo du ansetzen sollst.

🔬 Wissenschaft: Das Vakuum-Prinzip & Neuroplastizität

Nüchternheit allein ist kein Ziel, es ist ein Zustand. Wenn dieser Zustand leer ist, wird er unweigerlich wieder gefüllt – meist mit dem alten, bekannten Verhalten. Die positive Funktionsanalyse ist angewandte Neurobiologie.

  • Die Natur hasst das Vakuum: Das ist ein physikalisches und psychologisches Gesetz. Wenn du dem Süchtigen die Droge wegnimmst (oder er sie selbst weglässt), entsteht eine riesige Lücke in seinem Tagesablauf, seinem Belohnungssystem und seiner Identität. Wenn diese Lücke nicht aktiv mit etwas Positivem gefüllt wird, saugt sie das alte Verhalten wieder an.
  • Neuroplastizität aktiv nutzen: Dein Gehirn ist formbar. Die „Drogen-Autobahnen“ sind tief und breit. Die positive Funktionsanalyse ist der erste Schritt, um bewusst neue, kleine „Freizeit-Pfade“ anzulegen. Jedes Mal, wenn eine geplante, positive Aktivität stattfindet und als lohnend empfunden wird, wird dieser Pfad ein kleines bisschen breiter.
  • Wettbewerb der Belohnungen: Du schaffst einen direkten Konkurrenten zur Droge. Eine Droge bietet eine schnelle, zuverlässige, aber destruktive Belohnung. Eine gesunde Aktivität bietet vielleicht eine langsamere, aber nachhaltige und aufbauende Belohnung (Stolz, Verbundenheit, Kompetenz). Deine Aufgabe ist es, diese zweite Option so erreichbar und attraktiv wie möglich zu machen.
Ein bunter Kolibri füllt einen leeren, dunklen Raum. Symbol für das Füllen des Vakuums nach der Sucht mit positiven Aktivitäten.
Die Natur hasst das Vakuum. Wenn du die Sucht wegnimmst, musst du die Leere aktiv mit etwas Schönem füllen.

⚠️ Neelix-Analyse: Tausche den Feuerlöscher gegen den Bauplan

Bisher hast du nur Brände gelöscht. Jetzt entwirfst du eine feuerfeste Stadt. Das ist der fundamentale Shift.

  • Die Logik (CRAFT): Nutze die positive Funktionsanalyse, um eine Blaupause für eine lohnende, nüchterne Aktivität zu erstellen. Verstehe die Auslöser, die Barrieren und die Belohnungen, um diese Aktivität strategisch zu fördern.
  • Die Seele („The Secret“ entgiftet & „Soul Master“): Das ist „The Law of Attraction“ in seiner aktivsten, reinsten Form. Du visualisierst nicht nur passiv ein besseres Leben. Du analysierst die Bausteine dieses Lebens und erschaffst dann proaktiv die Umstände (die Auslöser), damit es manifest werden kann. Du bist kein Bittsteller des Universums, du bist der Architekt.
  • Die Realität (Erfahrung): Ich liebte es früher, Musik zu machen. Die Sucht hat es getötet. Mein Partner hat das verstanden. Statt zu sagen „Spiel doch mal wieder Gitarre“, hat er einfach meine alte Lieblings-CD eingelegt (ein Auslöser) und gesagt: „Ich hab gerade an die Zeit gedacht, als du diesen Song rauf und runter gespielt hast.“ Kein Druck. Aber es hat die Tür zu dieser vergessenen, freudvollen Welt einen Spalt breit geöffnet.

🛡️ Dein Survival Kit: Deine erste architektonische Meisterleistung

Wende die positive Funktionsanalyse in einer Mini-Version an. Werde zum strategischen Planer für einen einzigen, guten Moment.

  1. Schritt 1: Die archäologische Grabung. Was hat er GELIEBT, bevor die Sucht alles dominierte? Sport? Ein Instrument? Wandern? Finde eine einzige, verschüttete Leidenschaft.
  2. Schritt 2: Die Mini-Analyse. Beantworte kurz und knapp:
    • Auslöser: Was war früher der Auslöser dafür?
    • Barriere: Was ist HEUTE die größte Hürde?
    • Belohnung: Was war das Gefühl danach?
  3. Schritt 3: Werde zum Auslöser. Setze in der nächsten Woche einen einzigen, sanften Auslöser. Leg die alte Wanderkarte „zufällig“ auf den Tisch. Spiel ein Lied von seiner alten Lieblingsband.
  4. Schritt 4: Entferne eine Barriere. Kannst du eine klitzekleine Hürde aus dem Weg räumen, ohne aufdringlich zu sein? Die alten Wanderschuhe aus dem Keller holen? Die Gitarre neu besaiten? Mache den ersten Schritt zum positiven Verhalten so einfach wie möglich.

Ausführliche FAQ: Die 5 häufigsten Fragen zur positiven Funktionsanalyse

🧠 Dein Trainingslager: Der Architekten-Test

Szenario: Dein Partner, der früher leidenschaftlich gerne gelaufen ist, sagt aus dem Nichts: „Mann, das Wetter wäre heute eigentlich perfekt für eine kleine Runde im Park.“

Frage: Was ist die effektivste Reaktion nach den Prinzipien der positiven Funktionsanalyse?

  • A) „Ja, siehst du! Das sage ich doch die ganze Zeit! Du solltest das unbedingt machen, geh sofort los!“
  • B) „Stimmt. Ich erinnere mich, wie gut du dich danach immer gefühlt hast. Aber deine alten Laufschuhe sind im Keller, die sind sicher total kaputt.“
  • C) „Oh ja, das stimmt. Ich erinnere mich, wie entspannt du danach immer warst. Lass uns nachher mal schauen, wo deine alten Laufschuhe eigentlich sind, ja?“
Klicke hier für die Auflösung und Erklärung

Die richtige Antwort ist C.

Warum? A erzeugt massiven Druck. B legt den Fokus auf eine Barriere. Nur Antwort C ist perfekte Architekten-Arbeit: Du verstärkst die positive Erinnerung an die Belohnung („wie entspannt du warst“) und bietest gleichzeitig an, sanft und ohne Druck eine Barriere („Schuhe finden“) aus dem Weg zu räumen. Du öffnest eine Tür, ohne ihn hindurchzustoßen.

🤔 Was, wenn er absolut keine Hobbys oder Leidenschaften mehr zu haben scheint?

✅ Grabe tiefer. Was hat er als Teenager geliebt? Worüber hat er ganz am Anfang eurer Beziehung mit leuchtenden Augen gesprochen? Manchmal sind die Leidenschaften so tief verschüttet, dass du zum Archäologen seiner Vergangenheit werden musst.

❤️ Führt das nicht dazu, dass ICH wieder die ganze Arbeit mache und alles für ihn plane?

✅ Der Unterschied ist die Intention. Du planst nicht sein Leben, du schaffst Gelegenheiten. Du bist der Eventmanager, der eine coole Party aufbaut. Ob er hingeht und tanzt, ist seine Entscheidung. Es geht um sanfte Einladungen, nicht um Kontrolle.

🧠 Was ist, wenn er die Aktivität macht und direkt danach oder sogar dabei konsumiert?

✅ Das kann passieren. Wichtig ist, die Momente zu trennen. Die Stunde, in der er nüchtern Gitarre gespielt hat, war ein Erfolg. Der spätere Konsum ist ein anderes Problem, das andere Werkzeuge erfordert (Kapitel 7). Feiere den Teilerfolg.

💪 Soll ich ihn zwingen, die neue Aktivität zu machen, wenn sie „gut für ihn“ ist?

✅ Absolut nicht. Das wäre das Gegenteil des CRAFT-Prinzips. Druck erzeugt Gegendruck. Deine Rolle ist es, die Tür zu öffnen und das Licht anzumachen. Hindurchgehen muss er selbst.

😔 Es fühlt sich hoffnungslos an. Er interessiert sich für nichts mehr.

✅ Das ist die Apathie der Sucht. Beginne absurd klein. Es muss nicht sofort die 5-Stunden-Wanderung sein. Vielleicht ist der erste Schritt, nur 10 Minuten auf dem Balkon zu sitzen und in die Ferne zu schauen. Analysiere und verstärke DIESEN Moment der Ruhe.


Lesetipp zur Vertiefung

Buchcover: Den Suchtkreislauf durchbrechen
Lesetipp zur Vertiefung

Titel: Den Suchtkreislauf durchbrechen: Hilfen für Kinder aus suchtbelasteten Lebensgemeinschaften

Autor: Frank Lindemann (Herausgeber)

Warum dieses Buch? Auch wenn sich dieses Buch primär an Kinder richtet, ist es ein unschätzbarer Schatz für JEDEN Angehörigen. Es zeigt schonungslos die transgenerationalen Wunden auf, die Sucht hinterlässt. Es zu lesen ist ein kraftvoller Motivator, denn es macht klar: Dein Handeln heute entscheidet nicht nur über dein Leben, sondern auch über das emotionale Erbe der nächsten Generation.

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NeelixberliN Fazit

Ein Archäologe legt eine leuchtende E-Gitarre frei. Symbol für das Wiederentdecken verschütteter Leidenschaften eines Süchtigen.
Deine Mission ist eine archäologische Grabung nach den verschütteten Schätzen in der Seele deines Partners.

Die Sucht ist ein Meisterdieb. Sie stiehlt nicht nur Geld, Gesundheit und Vertrauen. Sie stiehlt Identität. Sie stiehlt die Freude an den kleinen Dingen, die einen Menschen ausmachen. Sie nimmt dem Gitarristen die Lust an der Musik, dem Wanderer die Liebe zu den Bergen, dem Maler die Faszination für Farben. Zurück bleibt eine leere Hülle, deren einziger Lebensinhalt die nächste Dosis ist.

Deine Aufgabe als Traum-Architekt ist keine Manipulation. Es ist eine archäologische Mission. Du gräbst nach den verschütteten Schätzen in der Seele deines Partners. Du suchst nach den Überresten des Menschen, der er war, bevor die Sucht alles unter einer dicken Schicht aus Asche begraben hat.

Die positive Funktionsanalyse ist dein Pinsel, dein Spaten, deine Schatzkarte. Sie hilft dir, nicht nur zu sehen, was er tun könnte, sondern zu verstehen, warum er es früher geliebt hat und was ihn heute davon abhält.

Wenn du ihm hilfst, auch nur für eine Stunde wieder der Mensch zu sein, der er im Grunde seines Herzens ist – der Musiker, der Sportler, der Denker, der Lachende – dann gibst du ihm das größte Geschenk überhaupt. Du gibst ihm nicht nur eine Ablenkung. Du gibst ihm ein Stück seiner Seele zurück. Und das ist eine Belohnung, mit der keine Droge der Welt jemals konkurrieren kann.

Im nächsten Kapitel wenden wir uns der Kehrseite der Medaille zu: der Kunst des Entzugs von Belohnungen bei negativem Verhalten.


📖 Quellen & Referenzen

  • Primärquelle: Smith, J. E., & Meyers, R. J. (2023). The CRAFT Treatment Manual for Substance Use Problems: Working with Family Members. The Guilford Press. Insbesondere Kapitel 6: „Functional Analysis of a Loved One’s Fun, Healthy Behavior“.
  • Philosophische Inspiration: Byrne, R. The Secret. Mankevich, M. Soul Master.

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Über Gabriel Maetz

NeelixberliN teilt hier seine persönliche und ungefilterte Erfahrung auf dem Weg aus der Sucht. Nach Jahren der Abhängigkeit, unter anderem von Polamidon, kämpft er sich Tag für Tag zurück ins Leben. Dieser Blog ist sein persönliches Logbuch, eine Hilfe für sich selbst und hoffentlich auch eine stütze für andere, die einen ähnlichen Kampf führen.

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