Antipsychotika-Missbrauch: Die Pille, die keine Euphorie bringt – und trotzdem süchtig macht. Podcast und Artikel Titelbild

Antipsychotika-Missbrauch: Die Pille, die keine Euphorie bringt – und trotzdem süchtig macht



Hey Du, heute reden wir über eine Gruppe von Medikamenten, bei denen die meisten denken: „Warum sollte man das als Droge missbrauchen?“ Es geht um atypische Antipsychotika (auch Neuroleptika der 2. Generation genannt).

Das sind keine Partydrogen, sie erzeugen keine Euphorie. Trotzdem hat sich, besonders in den letzten Jahren, ein gefährlicher Missbrauch entwickelt. Wir schauen uns an, warum das so ist, welche Medikamente betroffen sind und wo die realen Gefahren lauern.

Was sind Atypische Antipsychotika überhaupt? 🧠

Das sind verschreibungspflichtige Medikamente zur Behandlung von schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie und bipolaren Störungen. Sie wurden entwickelt, um die krassen Nebenwirkungen der älteren Antipsychotika (z.B. Bewegungsstörungen) zu reduzieren.

Sie wirken, indem sie das Gleichgewicht der Botenstoffe Dopamin und Serotonin im Gehirn regulieren. Das hilft, Symptome wie Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder manische Phasen zu kontrollieren. Bekannte Wirkstoffe sind z.B. Clozapin, Olanzapin, Risperidon und vor allem Quetiapin.


Ein geöffneter Medizinschrank, in dem eine einzelne, unscheinbare Tablettenschachtel mit einem Warnsymbol oder einem leuchtenden Rotton versehen ist. Symbolisiert die versteckte Gefahr unter verschreibungspflichtigen Medikamenten. "Gefahr Medikamentenmissbrauch", "Atypische Antipsychotika", "verschreibungspflichtige Drogen"

Warum werden diese Medikamente missbraucht? Die Motive 🤔

Wenn diese Drogen keinen Rausch erzeugen, warum werden sie dann missbraucht? Die Gründe sind meistens:

  1. Starke sedierende Wirkung: Sie machen extrem müde und „schalten den Kopf ab“. Sie werden als starke Schlafmittel oder „Downer“ missbraucht.
  2. Angstlösung: Sie dämpfen massive Angst- und Unruhezustände.
  3. Verstärkung anderer Drogen: Sie werden genutzt, um die Wirkung anderer Substanzen zu verändern oder zu verstärken.
  4. Der „Comedown-Killer“: Das ist einer der häufigsten Gründe. Nach dem Konsum von Stimulanzien wie Koks oder Speed helfen sie, den fiesen Absturz („Comedown“) mit seinen Angstzuständen und der Schlaflosigkeit zu „überleben“.

Zusatzinfo: Quetiapin (Seroquel®) als Szene-Droge

Der am häufigsten missbrauchte Wirkstoff ist Quetiapin, bekannt unter dem Markennamen Seroquel®. In der Szene wird es oft „Quell“, „Susie-Q“ oder zynisch „Baby-Heroin“ genannt. Es wird nicht für einen Kick genommen, sondern um den Körper nach tagelangem Wachsein durch Uppern zum Schlafen zu zwingen oder um die psychotischen Nebenwirkungen von Stimulanzien zu dämpfen. Das schafft einen Teufelskreis aus Aufputschen und Runterdämpfen.

Die Hauptverdächtigen: Welche Antipsychotika haben Missbrauchspotenzial? 🕵️

Obwohl das Missbrauchspotenzial nicht mit dem von Opiaten oder Benzos vergleichbar ist, sind einige Wirkstoffe problematischer als andere. Hier ein grober Überblick:

WirkstoffgruppeWirkstoffeMissbrauchspotenzialBeispiele
Atypische AntipsychotikaQuetiapin, OlanzapinMittel (v.a. wegen sedierender Wirkung)Seroquel®, Zyprexa®
Clozapin, RisperidonGering bis MittelLeponex®, Risperdal®
Aripiprazol, ZiprasidonGeringAbilify®, Zeldox®

Die Risiken & Nebenwirkungen: Mehr als nur Müdigkeit ☠️

Der Missbrauch dieser hochwirksamen Medikamente ist alles andere als harmlos. Die Nebenwirkungen sind ernst:

  • Massive Gewichtszunahme: Viele dieser Medikamente greifen stark in den Stoffwechsel ein.
  • Metabolisches Syndrom: Ein gefährlicher Mix aus extremem Bauchfett, Insulinresistenz (Gefahr für Diabetes), schlechten Blutfettwerten und Bluthochdruck.
  • Herz-Kreislauf-Probleme: Risiko für Herzrhythmusstörungen (z.B. QT-Verlängerung).
  • Verschlechterung der Psyche: Bei falscher Anwendung können sie psychische Symptome sogar verschlimmern.
  • Lebensbedrohliche Zustände: In seltenen Fällen das Maligne Neuroleptische Syndrom (hohes Fieber, Muskelsteifheit, Koma) oder bei Überdosierung Krampfanfälle und Tod.

Eine stilisierte Grafik einer Waage, die aus dem Gleichgewicht geraten ist. Auf der einen Seite steht "Wirkung", auf der anderen eine viel größere Schale mit der Aufschrift "Nebenwirkungen". Symbolisiert das unausgewogene Risiko-Nutzen-Verhältnis bei Missbrauch. "Risiken Antipsychotika", "Nebenwirkungen Quetiapin", "Medikamentenmissbrauch Folgen"

Prävention & Hilfe: Was du tun kannst 🙏

Der Missbrauch von Antipsychotika ist ein ernstes Problem, das oft im Verborgenen stattfindet.

  • Für Betroffene: Wenn du merkst, dass du diese Medikamente nicht mehr nach Vorschrift nimmst, sei ehrlich zu deinem Arzt! Es ist keine Schande. Es zeigt, dass deine aktuelle Behandlung vielleicht nicht optimal ist. Es gibt Alternativen.
  • Für Angehörige: Achtet auf Anzeichen wie extreme Müdigkeit, schnelle Gewichtszunahme oder das „Besorgen“ von Medikamenten ohne Rezept. Sprecht eure Sorgen an.
  • Für medizinisches Personal: Eine verantwortungsvolle Verschreibung und die Aufklärung über die Risiken sind entscheidend.

Fazit: Kein Spielzeug, sondern ein hochwirksames Werkzeug

Atypische Antipsychotika sind wichtige und notwendige Medikamente für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen. Sie sind aber keine Lifestyle-Drogen, Schlafmittel oder Comedown-Pillen. Der Missbrauch kann zu schweren, langanhaltenden gesundheitlichen Schäden führen. Wenn du sie aus medizinischen Gründen nimmst: Nimm sie wie verordnet. Wenn du sie missbrauchst, um andere Drogenprobleme zu managen: Hol dir Hilfe für das eigentliche Problem.


Häufige Fragen (FAQ) zum Missbrauch von Antipsychotika


Machen Antipsychotika wie Quetiapin (Seroquel) „high“?

Nein, nicht im klassischen Sinne wie Speed oder Koks. Der Missbrauch zielt auf die starken sedierenden (beruhigenden, müde machenden) und angstlösenden Effekte ab. Es ist eher ein „Abschalten“ oder „Runterkommen“. Viele beschreiben eine Art betäubende Gleichgültigkeit oder einen „Zombie-Modus“, aber keine Euphorie.

Warum ist der Missbrauch so gefährlich, wenn sie nicht „drauf“ machen?

Die Gefahren liegen in den schweren körperlichen Nebenwirkungen bei nicht-medizinischer Anwendung oder Überdosierung. Dazu gehören vor allem das metabolische Syndrom (massive Gewichtszunahme, Diabetes-Risiko), Herzprobleme (Herzrhythmusstörungen) und in seltenen, aber lebensbedrohlichen Fällen das Maligne Neuroleptische Syndrom.

Ich habe eine Doppeldiagnose (z.B. Schizophrenie und Sucht). Was soll ich tun?

Das ist sehr häufig und extrem wichtig. Du musst mit deinen Ärzten und Therapeuten über beide Probleme offen sprechen. Eine integrierte Behandlung, die sowohl die psychische Grunderkrankung als auch die Sucht adressiert, ist der Schlüssel zum Erfolg. Du bist damit nicht allein, und es gibt spezialisierte Hilfe für Doppeldiagnosen.


Über den Autor: NeelixberliN

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