Hey Du,
stell Dir eine Beziehung vor, in der die Emotionen ständig auf Hochtouren fahren. Ein Moment pure Liebe, der nächste abgrundtiefer Schmerz. Die ständige Angst vor dem Verlassenwerden trifft auf den unkontrollierbaren Strudel der Sucht.
Eine Beziehung zwischen einem Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) und einem suchtkranken Menschen ist eine der komplexesten und herausforderndsten Verbindungen überhaupt. Dieser Artikel beleuchtet die Dynamiken und zeigt Wege auf, wie man diese Herausforderungen meistern kann.
Was ist eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)? 🎢
BPS ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, die durch extreme Instabilität in Emotionen, im Selbstbild und in Beziehungen gekennzeichnet ist.
- Emotionale Achterbahn: Intensive Gefühle (Wut, Angst, Leere), die extrem schnell wechseln.
- Angst vor dem Verlassenwerden: Eine panische Angst, die zu verzweifelten Versuchen führt, den Partner zu halten.
- Impulsivität: Riskantes Verhalten in Bereichen wie Geldausgeben, Sex, Drogenkonsum oder Essverhalten.
- Instabiles Selbstbild: Eine tiefe Unsicherheit darüber, wer man ist und was man will.
- Selbstverletzendes Verhalten: Dient oft als Ventil für den unerträglichen inneren Druck.

Die explosive Verbindung: Warum Borderline und Sucht so oft Hand in Hand gehen 💔
Wenn die Seele ständig schmerzt, ist die Versuchung groß, diesen Schmerz zu betäuben. Das ist der Hauptgrund, warum BPS und Sucht so oft gemeinsam auftreten (man spricht von einer Doppeldiagnose).
Zusatzinfo: Die Selbstmedikation der Wunden
Stell dir vor, deine Seele hat keine schützende Haut. Jede kleine Zurückweisung, jede Angst fühlt sich an wie eine offene, brennende Wunde. Drogen oder Alkohol wirken dann wie ein kurzfristiges, aber hochwirksames Narkosemittel.
- Downer (Alkohol, Benzos, Opiate) betäuben die innere Leere, die Angst und die Verzweiflung.
- Upper (Koks, Speed) können kurzfristig ein Gefühl von Stärke und Selbstbewusstsein gegen die nagende Unsicherheit geben.
Das Problem: Das „Medikament“ wird schnell selbst zum Problem und macht alles nur noch schlimmer.
Der Teufelskreis in der Beziehung: Wenn zwei Stürme aufeinandertreffen 🌪️
Wenn BPS und Sucht in einer Beziehung aufeinandertreffen, entsteht eine zerstörerische Dynamik:
- Verstärkte Symptome: Drogenkonsum verstärkt die Impulsivität und die emotionalen Schwankungen der BPS. Die Sucht füttert die Krankheit und umgekehrt.
- Schwarz-Weiß-Denken: Menschen mit BPS neigen dazu, den Partner erst zu idealisieren („Du bist meine Rettung!“) und bei der kleinsten Enttäuschung komplett abzuwerten („Du bist der schlimmste Mensch!“). Die Sucht kann diese Sprünge beschleunigen.
- Eskalation von Konflikten: Die Impulsivität der BPS und die Enthemmung durch Drogen erhöhen das Risiko für heftige Streits und sogar Gewalt.
- Co-Abhängigkeit: Oft rutscht einer der Partner (oder beide) in die Rolle des Helfers, der die Probleme des anderen managt und sich dabei selbst völlig vergisst.

Der Ausweg: Wie Heilung für beide aussehen kann 💪
Diese Beziehungen sind nicht zum Scheitern verurteilt, aber sie erfordern von beiden Partnern die Bereitschaft, professionelle Hilfe anzunehmen und hart an sich zu arbeiten.
- Integrierte Therapie (Doppeldiagnose): Es ist entscheidend, dass beide Erkrankungen – die BPS und die Sucht – gleichzeitig behandelt werden.
- Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT): Gilt als Goldstandard für die Behandlung von BPS. Hier lernen Betroffene, ihre Emotionen zu regulieren, mit Stress umzugehen und Beziehungen stabiler zu gestalten. Es gibt auch spezielle DBT-Programme für Sucht (DBT-S).
- Suchttherapie: Eine qualifizierte Entgiftung und eine anschließende Suchttherapie sind für den suchtkranken Partner unerlässlich.
- Paartherapie: Kann helfen, die zerstörerische Dynamik zu verstehen und neue, gesunde Kommunikationsmuster zu erlernen.
- Selbsthilfegruppen: Gruppen für BPS, für Sucht (z.B. NA, AA) und für Co-Abhängige (z.B. Al-Anon) sind eine unglaublich wertvolle Stütze.
Wo du Hilfe findest: Du bist nicht allein 🙏
- Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS): Bietet auch Infos und Hilfe für Borderline-Betroffene an. www.dgbs.de
- Suchtberatungsstellen: Die erste Anlaufstelle bei Suchtproblemen. Google „Suchtberatung + Deine Stadt“.
- Telefonseelsorge: Rund um die Uhr für dich da, wenn du reden musst. 0800 / 111 0 111
- Angehörigen-Gruppen: Al-Anon oder Nar-Anon sind speziell für Angehörige von Suchtkranken.
Fazit: Ein Leben jenseits des Chaos ist möglich
Eine Beziehung zwischen einem Menschen mit BPS und einem Suchtkranken ist eine enorme Herausforderung. Aber sie ist auch eine Chance für tiefgreifende Heilung auf beiden Seiten. Mit der richtigen professionellen Hilfe, gegenseitigem Verständnis und dem Mut, neue Wege zu gehen, kann aus dem Sturm eine stabile, liebevolle Partnerschaft wachsen.
Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Borderline und Sucht
Ist mein Partner, der extrem eifersüchtig ist und viel trinkt, Borderliner?
Das ist unmöglich aus der Ferne zu sagen. Intensive Emotionen und Substanzmissbrauch können viele Ursachen haben. Eine Borderline-Diagnose ist sehr komplex und kann nur von einem erfahrenen Psychiater oder Psychotherapeuten nach einer umfassenden Diagnostik gestellt werden. Ferndiagnosen sind gefährlich und unfair.
Kann man BPS „heilen“?
Während eine Persönlichkeitsstörung als tiefgreifend und chronisch gilt, ist sie sehr gut behandelbar. Mit der richtigen Therapie, insbesondere der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT), können Menschen mit BPS lernen, ihre Emotionen zu regulieren, ihre Beziehungen stabil zu gestalten und ein erfülltes Leben zu führen. Eine massive Verbesserung der Lebensqualität ist absolut erreichbar.
Mein Partner hat BPS und eine Sucht. Was ist der wichtigste erste Schritt für mich als Angehöriger?
Der wichtigste erste Schritt ist, dir selbst Hilfe zu suchen. Besuche eine Angehörigengruppe (für Sucht und/oder BPS) oder eine Beratungsstelle. Du musst lernen, die Mechanismen beider Erkrankungen zu verstehen, deine eigenen Grenzen zu setzen und dich aus der Co-Abhängigkeit zu lösen. Du kannst deinen Partner nicht retten, aber du kannst lernen, dich selbst zu schützen.
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