Umfassendes Drogenlexikon von NeelixberliN – Wissenschaftlich fundiert, ehrlich und aktuell
Podcast 🎙️ & Video 🎬
🎧 Lieber hören & sehen statt lesen?
Gönn dir den kompletten Deep Dive als Video oder Podcast. Neurochemie & Real Talk – direkt auf die Ohren.
✨ KIS-ZUSAMMENFASSUNG (Key Information Summary)
- [PrEP]: Die „Pille davor“ schützt extrem zuverlässig vor einer HIV-Infektion, auch beim Chemsex.
- [U=U]: „Undetectable = Untransmittable“. Wer erfolgreich therapiert ist, kann das Virus NICHT übertragen.
- [Warnung]: PrEP schützt NICHT vor anderen Geschlechtskrankheiten (Syphilis, Tripper, Hep C).
Einleitung: Jenseits der Angst
Hey Du. Der 1. Dezember war Welt-Aids-Tag. Ein Tag, an dem wir rote Schleifen tragen und gedenken. Der Virologe Hendrik Streeck hat in einem wichtigen Interview (Cicero) gewarnt: Wenn wir jetzt bei der Prävention sparen, werfen wir uns um Jahrzehnte zurück. Er hat recht. Das System wackelt.
Aber ich möchte heute über das sprechen, was wir tun können. Über das, was in der offiziellen Debatte oft fehlt: Die Realität auf der Straße, in den Darkrooms und auf den Chemsex-Partys.
Wir leben nicht mehr in den 80ern. HIV ist kein Todesurteil mehr. Und wir haben Tools, von denen wir früher nur träumen konnten. PrEP (Präexpositionsprophylaxe) ist der Gamechanger, der Sex auf Substanzen sicherer machen kann. Doch noch immer regiert das Stigma. Wer „positiv“ ist, wird ausgegrenzt – dabei sind Menschen unter Therapie oft sicherer als jeder One-Night-Stand, dessen Status du nicht kennst.
Heute reden wir über Schutz, über Chemie gegen Viren und über Menschen wie @hilde.gard76, die zeigen, was echte Solidarität bedeutet.
Streecks Warnung & Die Realität 2025
Hendrik Streeck warnt davor, dass Budgetkürzungen die Aufklärungsarbeit zerstören. Wenn Gesundheitsämter kein Geld mehr für Tests haben, steigen die Zahlen. Das ist die politische Ebene.
Aber auf der persönlichen Ebene haben wir ein anderes Problem: Unwissenheit & Scham.
Gerade im Drogenkontext (Stichwort: Chemsex) fallen Hemmungen. Wenn du auf Tina (Crystal Meth) oder GBL bist, denkst du nicht an Kondome. Genau hier müssen wir ansetzen. Nicht mit Moral, sondern mit Medizin.
💊 Wie funktioniert PrEP eigentlich?
PrEP (Präexpositionsprophylaxe) ist keine Impfung, sondern eine chemische Barriere. Die Wirkstoffe (z.B. Tenofovir) lagern sich in deinen Schleimhautzellen ein.
Der Mechanismus: Wenn das HI-Virus eindringt, versucht es, seine RNA in DNA umzuwandeln, um deine Zellen zu kapern. Die PrEP-Medikamente blockieren genau dieses Werkzeug (die Reverse Transkriptase). Das Virus steht vor einer verschlossenen Tür, kann sich nicht replizieren und stirbt ab, bevor eine Infektion stattfindet.
PrEP: Das „chemische Kondom“
Was viele immer noch nicht wissen: Du kannst Tabletten nehmen, bevor du Sex hast, damit du dich gar nicht erst ansteckst. Das nennt man PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe).
- Wie es wirkt: Die Medikamente (meist eine Kombi aus Tenofovir und Emtricitabin) blockieren ein Enzym des HI-Virus (die Reverse Transkriptase).
- Der Effekt: Selbst wenn das Virus in deinen Körper gelangt (z.B. durch ungeschützten Sex oder rissige Schleimhäute beim Chemsex), kann es sich nicht vermehren. Es findet keinen „Andock-Punkt“ und stirbt ab.
- Die Anwendung:
- Täglich: Jeden Tag eine Pille. Bietet dauerhaften Schutz.
- Anlassbezogen (On-Demand): Ein Schema (2-1-1), das man vor und nach dem Sex nimmt. (Achtung: Nur unter ärztlicher Anleitung!).
Für Menschen in der Chemsex-Szene ist die tägliche PrEP oft lebensrettend. Denn seien wir ehrlich: Wenn du drei Tage wach bist und slamst, hast du keine Kontrolle mehr über Safer Sex. Die PrEP wirkt im Hintergrund weiter.

Chemsex & HIV: Warum das Risiko explodiert
Drogen wie Methamphetamin (Crystal), Mephedrone und GHB/GBL sind die Treibstoffe der Chemsex-Partys.
- Schleimhäute: Meth trocknet dich aus. Beim Sex entstehen mikroskopisch kleine Risse. Das sind offene Tore für HIV.
- Dauer: Sessions dauern oft Tage. Die mechanische Belastung ist enorm.
- Slamming: Wer intravenös konsumiert (Slamming), teilt sich oft Spritzen, wenn der eigene Vorrat leer ist. Hier hilft PrEP nur bedingt (Hepatitis C Gefahr!), aber gegen HIV ist es ein massiver Schutzfaktor.
⚠️ Die Lücken im Schutzschild
- Nur HIV: PrEP schützt zu 99% vor HIV, aber zu 0% vor Syphilis, Gonorrhoe, Chlamydien oder Hepatitis C.
- Chemsex-Falle: Wer auf Drogen wie Crystal oder Mephedrone tagelang wach ist, vergisst oft die tägliche Einnahme. Ohne Pegel kein Schutz!
- Wechselwirkungen: Vorsicht bei Nierenschäden durch Drogenkonsum (z.B. Ketamin/Speed) – PrEP kann die Nieren zusätzlich belasten. Regelmäßige Blut-Checks sind Pflicht!
Kampf dem Stigma: U=U und echte Helden
Es gibt ein Kürzel, das jeder kennen muss: n=n (nicht nachweisbar = nicht übertragbar) oder international U=U (Undetectable = Untransmittable).
Ein Mensch mit HIV, der in Therapie ist und dessen Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, kann niemanden anstecken. Auch nicht beim Sex ohne Kondom.
Das Stigma, das HIV-Positive als „Gefahr“ darstellt, ist wissenschaftlicher Bullshit. Oft sind es die Leute, die ihren Status nicht kennen, die das Virus weitergeben.
Und hier kommen Menschen ins Spiel, die mehr tun als nur reden.
Shoutout an @hilde.gard76 – Ein echter Buddy
Ich möchte an dieser Stelle jemanden hervorheben, der für mich ein Vorbild an Menschlichkeit ist. Der Instagram Account @hilde.gard76.
Der Account ist nicht nur ein Supporter von NeelixberliN, sondern vor allem ein Buddy für Menschen mit HIV/Aids. Er kämpft an der Front gegen Ausgrenzung, hört zu, wenn andere wegschauen, und lebt vor, was Akzeptanz bedeutet. In einer Welt, die oft nur auf „Likes“ und Oberflächlichkeit schaut, ist er einer der Stillen, die das Fundament unserer Community zusammenhalten. Danke für deinen Einsatz, meine Liebe. Du bist ein ganz besonderer Mensch.

🛡️ Safer Sex & Drug Use
Wenn du Chemsex praktizierst, befolge diese Regeln:
- PrEP Daily: Nimm sie täglich, nicht „On-Demand“, wenn du oft unplanbaren Sex auf Drogen hast. Das verzeiht auch mal eine vergessene Dosis eher.
- Eigene Utensilien: Beim Slammen (Spritzen) oder Ziehen – teile NIE Röhrchen oder Nadeln. Hepatitis C ist extrem infektiös!
- Test-Abo: Geh alle 3 Monate zum Check (Blut & Abstriche). Auch im Rachen und Analbereich (oft symptomlos!).
- PEP (Post-Exposure): Wenn das Kondom geplatzt ist und du keine PrEP nimmst – geh binnen 24h (max 48h) in die Notaufnahme oder zum Schwerpunktarzt. Die PEP kann die Infektion noch stoppen!
Rechtslage & Zugang
PrEP gibt es in Deutschland auf Kassenrezept! Du musst dich nur bei einem Schwerpunktarzt beraten lassen. Die Zeiten, in denen das 800 Euro gekostet hat, sind vorbei. Es gibt keinen Grund mehr, sich nicht zu schützen.

📋 Strategiepapier: HIV-Prävention im Chemsex-Kontext
Gezielte Kommunikationsmaßnahmen für Fachkräfte
1. Einleitung: Strategische Notwendigkeit und Zielsetzung
Die deutsche Präventionslandschaft steht vor erheblichen Herausforderungen. Die jüngste Warnung des Virologen Hendrik Streeck vor den fatalen Folgen von Budgetkürzungen in der Aufklärungsarbeit verdeutlicht eine kritische Bedrohung: Eine Reduzierung der Mittel könnte die über Jahrzehnte erzielten Erfolge in der HIV-Prävention zunichtemachen. Während diese systemischen Risiken auf politischer Ebene adressiert werden müssen, entsteht auf der persönlichen Ebene eine ebenso dringliche Notwendigkeit zu handeln. Insbesondere im Kontext von Chemsex, der Schnittmenge von Drogenkonsum und Sexualität, konvergieren Informationsdefizite, Scham und Stigmatisierung zu einer Risikodynamik, die HIV-Infektionen begünstigt – Infektionen, die durch moderne medizinische Schutzkonzepte eigentlich vermeidbar wären.
Dieses Strategiepapier etabliert daher einen klaren Handlungsrahmen für Fachkräfte in Gesundheitsorganisationen, psychosozialen Beratungsstellen und Trägern der niedrigschwelligen Drogenhilfe. Es skizziert, wie die spezifische Zielgruppe der Chemsex-Konsumenten durch eine faktenbasierte, urteilsfreie und auf dem Prinzip der Schadensminimierung (Harm Reduction) basierende Kommunikation effektiv über die Schutzmöglichkeiten von heute aufgeklärt werden kann. Der Fokus liegt auf der Übersetzung komplexer medizinischer Sachverhalte in verständliche und handlungsorientierte Botschaften.
Um eine solche Strategie zu entwickeln, bedarf es zunächst einer detaillierten Analyse der spezifischen Risikodynamiken und der aktuell verfügbaren, aber oft unbekannten Präventionsinstrumente.
2. Lageanalyse: Das Spannungsfeld von Chemsex und moderner HIV-Prävention
Die Verknüpfung von enthemmendem Drogenkonsum und sexueller Aktivität stellt die klassische HIV-Präventionsarbeit vor besondere Herausforderungen. Moralisierende Appelle und der alleinige Fokus auf Kondomgebrauch greifen hier zu kurz, da sie die Realität von mehrtägigen Sessions unter dem Einfluss psychoaktiver Substanzen ignorieren. Ein differenzierter, auf medizinischen Fakten basierender Ansatz ist daher unumgänglich.
Analyse der Risikofaktoren im Chemsex-Kontext
- Physiologische Risiken: Der Konsum von Substanzen wie Methamphetamin („Tina“/“Crystal“) führt zu einer starken Austrocknung des Körpers. Die Schleimhäute werden trocken und rissig, was mikroskopisch kleine Verletzungen zur Folge hat. Diese stellen ideale Eintrittspforten für das HI-Virus dar. Lange, mehrtägige Sex-Sessions erhöhen zudem die mechanische Belastung und die Wahrscheinlichkeit von Läsionen.
- Verhaltensbedingte Risiken: Substanzen wie GBL/GHB oder Mephedron führen zu einem starken Verlust von Hemmungen und einer veränderten Risikowahrnehmung. Safer-Sex-Praktiken, wie die Verwendung von Kondomen, werden im Rauschzustand häufig vernachlässigt oder gänzlich vergessen.
- Risiken durch Konsumformen: Der intravenöse Drogenkonsum („Slamming“) stellt ein besonders hohes Übertragungsrisiko dar. In enthemmten Situationen oder bei fehlendem eigenem Konsummaterial kommt es schnell zur gemeinsamen Nutzung von Spritzbesteck. Während die PrEP hier nur bedingt hilft (hohe Hepatitis-C-Gefahr), stellt sie gegen HIV einen massiven Schutzfaktor dar.
Bewertung der vorhandenen Präventionsinstrumente
Trotz dieser erhöhten Risiken existieren heute hochwirksame medizinische Schutzmethoden, die als „Gamechanger“ in der Prävention gelten. Diese biomedizinischen Instrumente entkoppeln den Schutz vor HIV von der Notwendigkeit einer rationalen Entscheidung im Rauschmoment und bieten somit eine robuste Sicherheitsarchitektur, die an die Lebensrealität der Zielgruppe angepasst ist.
- PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe): Die PrEP fungiert als eine Art „chemisches Kondom“. Durch die regelmäßige Einnahme spezifischer Medikamente, meist einer Kombination aus Tenofovir und Emtricitabin, wird ein Wirkstoffspiegel im Körper aufgebaut, der das HI-Virus daran hindert, sich in den menschlichen Zellen zu vermehren. Das Virus kann die sogenannte Reverse Transkriptase, ein für seine Replikation notwendiges Enzym, nicht nutzen und stirbt ab, bevor eine Infektion etabliert wird. Bei korrekter Anwendung bietet die PrEP einen Schutz von bis zu 99 % vor einer HIV-Infektion. Für den Chemsex-Kontext ist die tägliche Einnahme die dringend empfohlene Strategie, da sie einen konstanten Schutzpegel aufrechterhält – im Gegensatz zur anlassbezogenen Einnahme, die in unplanbaren, mehrtägigen Rauschzuständen keine verlässliche Sicherheit bietet.
- U=U (Undetectable = Untransmittable): Die Botschaft „nicht nachweisbar = nicht übertragbar“ (n=n), international als U=U (Undetectable = Untransmittable) bekannt, ist ein zentrales, wissenschaftlich fundiertes Instrument zum Abbau von Stigma. Große Studien wie die PARTNER2-Studie haben zweifelsfrei belegt, dass eine Person mit HIV unter einer erfolgreichen antiretroviralen Therapie, deren Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, das Virus sexuell nicht übertragen kann.
Identifikation der Kommunikationslücken
Trotz dieser revolutionären Instrumente bestehen erhebliche Kommunikationslücken. Die zentralen Probleme sind fortwährende Unwissenheit über die Existenz und Funktionsweise von PrEP und U=U, tief sitzende Scham im Zusammenhang mit Sexualität und Drogenkonsum sowie ein persistentes Stigma gegenüber Menschen, die mit HIV leben. Diese Stigmatisierung ist nicht nur sozial destruktiv, sondern auch aus epidemiologischer Sicht gefährlich. Es ist ein wissenschaftlich belegter Fakt, dass das eigentliche Übertragungsrisiko oft nicht von Menschen mit bekanntem positivem Status und erfolgreicher Therapie ausgeht, sondern von Personen, die ihren eigenen HIV-Status nicht kennen und das Virus unwissentlich weitergeben.
Eine effektive Kommunikationsstrategie muss daher bei der Zielgruppe ansetzen und die bestehenden Barrieren gezielt überwinden.
3. Zielgruppendefinition und Kommunikationsbarrieren
Der Erfolg jeglicher Kommunikationsmaßnahme hängt von einem tiefen Verständnis der Zielgruppe ab. Pauschale Ansprachen, die die Lebensrealität von Chemsex-Konsumenten ignorieren, sind zum Scheitern verurteilt. Es ist entscheidend, die spezifischen Kontexte und die damit verbundenen Hürden für die Aufnahme von Präventionsbotschaften zu kennen.
Die Lebensrealität der Zielgruppe ist oft geprägt von extrem enthemmtem Verhalten auf Partys, in Darkrooms oder im privaten Rahmen, das sich über lange Zeiträume erstrecken kann („drei Tage wach“). In diesen Zuständen treten rationale Entscheidungen und geplante Schutzmaßnahmen in den Hintergrund.
Analyse der Kommunikationsbarrieren
| Barriere | Strategische Anforderung an die Kommunikation |
|---|---|
| Scham und Stigma | Schaffen einer urteilsfreien, auf Augenhöhe basierenden Ansprache, die medizinische Fakten statt Moral in den Vordergrund stellt. |
| Vergesslichkeit/Nachlässigkeit im Rausch | Kommunizieren robuster Schutzstrategien. Betonung der täglichen PrEP-Einnahme als verlässliche Methode, die auch bei unplanbarem, mehrtägigem Konsumverhalten schützt. |
| Unwissenheit über moderne Schutzkonzepte | Reduzieren komplexer medizinischer Sachverhalte auf klare, verständliche Kernbotschaften (z.B. „PrEP ist die Pille davor“, „U=U bedeutet kein Risiko“). |
| Fehlendes Risikobewusstsein für andere STIs | Proaktive Kommunikation der Schutzlücken von PrEP. Etablierung eines umfassenden Gesundheitsverständnisses, das regelmäßige Tests auf alle relevanten STIs (Syphilis, Gonorrhoe, Chlamydien, Hepatitis C) als integralen Bestandteil der PrEP-Vorsorge („Check-Abo“) verankert. |
Die Analyse dieser Barrieren bildet die Grundlage für die Formulierung von Kernbotschaften, die nicht nur informieren, sondern auch aktiv Hürden abbauen und zu konkretem Handeln befähigen.
4. Kernbotschaften und strategische Ausrichtung
Präzise formulierte und konsistente Kernbotschaften sind das Fundament einer erfolgreichen Aufklärungsstrategie. Sie müssen nicht nur wissenschaftlich korrekt und leicht verständlich sein, sondern auch aktiv dazu beitragen, stigmatisierende Narrative zu durchbrechen und Selbstwirksamkeit zu fördern. Die folgenden drei Botschaften bilden den strategischen Kern der Kommunikation.
1. Schutz proaktiv gestalten: „PrEP ist dein persönliches Schutzschild.“
Diese Botschaft positioniert die PrEP als ein Instrument der Selbstermächtigung und persönlichen Kontrolle, nicht als Eingeständnis riskanten Verhaltens. Sie stellt die hohe Zuverlässigkeit (99 % Schutz vor HIV) und die mittlerweile einfache Zugänglichkeit (Kostenübernahme durch Krankenkassen) in den Vordergrund.
2. Fakten gegen Angst: „Wissen schlägt Stigma: U=U ist eine wissenschaftliche Tatsache.“
Diese Botschaft zielt direkt auf den Abbau von Vorurteilen und die Entstigmatisierung von Menschen mit HIV. Sie soll unmissverständlich klarstellen, dass eine erfolgreiche Therapie eine sexuelle Übertragung unmöglich macht. Damit wird die Angst vor Menschen mit HIV als wissenschaftlich unbegründet entlarvt.
3. Umfassende Gesundheitsvorsorge: „Safer Use & Safer Sex gehen Hand in Hand.“
Diese Botschaft erweitert den Fokus von der reinen HIV-Prävention auf die allgemeine sexuelle und gesundheitliche Vorsorge. Sie kommuniziert klar die Grenzen der PrEP und verankert die Notwendigkeit regelmäßiger Tests auf alle sexuell übertragbaren Krankheiten (STIs) als festen Bestandteil der Selbstfürsorge. Gleichzeitig integriert sie die Prinzipien der Schadensminimierung beim Drogenkonsum, wie die ausschließliche Nutzung eigener Konsumutensilien.
Diese Kernbotschaften müssen nun durch konkrete Maßnahmen in die Lebenswelt der Zielgruppe getragen werden, um ihre volle Wirkung zu entfalten.
5. Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung
Die klarsten Botschaften bleiben wirkungslos, wenn sie die Zielgruppe nicht zur richtigen Zeit und am richtigen Ort erreichen. Die praktische Umsetzung erfordert daher einen niedrigschwelligen, zielgruppenspezifischen und multikanalen Ansatz. Die folgenden Handlungsempfehlungen richten sich an Gesundheitsorganisationen, Aidshilfen und Community-Projekte.
Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs
- Digitale Aufklärung und niedrigschwellige Information:
- Erstellen Sie leicht verständliche, visuell aufbereitete Inhalte (Infografiken, kurze Erklärtexte nach dem Vorbild einer „Key Information Summary“) für Social-Media-Kanäle, Websites und Dating-Apps.
- Entwickeln Sie anonyme, KI-gestützte Informations-Tools oder Chatbots, die rund um die Uhr grundlegende Fragen zu PrEP, U=U, Testmöglichkeiten und Safer-Use-Praktiken beantworten.
- Nutzen Sie reichweitenstarke Formate wie Podcasts oder kurze Videos, um komplexe Themen wie die Wirkweise der PrEP oder die Bedeutung der Viruslast verständlich und nahbar zu erklären.
- Stärkung von Community-Strukturen und Peer-to-Peer-Ansätzen:
- Identifizieren, schulen und unterstützen Sie authentische Multiplikatoren und „Buddys“ direkt aus der Community (wie das Beispiel @hilde.gard76). Diese Peer-basierten Ansätze sind ein direktes strategisches Instrument, um die in Abschnitt 3 identifizierte Barriere von Scham und Stigma zu überwinden, da sie Authentizität und Vertrauen schaffen, wo institutionelle Kommunikation oft scheitert.
- Kooperieren Sie aktiv mit digitalen Projekten, Influencern und Content Creators (wie „NeelixberliN“), die bereits einen etablierten Zugang zur Szene haben und deren Sprache sprechen.
- Integration und Vereinfachung des Zugangs zu medizinischen Leistungen:
- Kommunizieren Sie proaktiv die Tatsache, dass die PrEP eine reguläre Kassenleistung ist, um finanzielle Hürden abzubauen. Nutzen Sie dabei den direkten Vergleich: „Die Zeiten, in denen das 800 Euro gekostet hat, sind vorbei.“
- Erstellen und bewerben Sie eine einfach zugängliche, mobile-optimierte Übersicht von Schwerpunktärzten, Teststellen und Beratungsangeboten. Betonen Sie die Wichtigkeit des empfohlenen „Check-Abos“ (Tests alle drei Monate), das auch die notwendigen Blut-Checks zur Überwachung der Nierenwerte umfasst.
- Integrieren Sie klare Handlungsanweisungen für Notfallsituationen. Bewerben Sie die Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) als Notfalloption bei ungeschütztem Kontakt ohne PrEP-Schutz und kommunizieren Sie das kritische Zeitfenster von 24 bis maximal 48 Stunden für deren Inanspruchnahme.
Ein entschlossenes und gut koordiniertes Vorgehen bei der Umsetzung dieser Maßnahmen ist entscheidend für den Erfolg der gesamten Strategie.
6. Fazit: Wissen als Grundlage für effektiven Schutz
Die HIV-Prävention im Chemsex-Kontext steht vor einer dualen Herausforderung: systemischen Gefahren durch drohende Budgetkürzungen auf der einen und einem persistenten Informationsdefizit auf der individuellen Ebene auf der anderen Seite. Während der Kampf um finanzielle Ressourcen politisch geführt werden muss, kann und muss die direkte Aufklärungsarbeit jetzt intensiviert werden, um die vorhandenen medizinischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Die Instrumente für einen nahezu vollständigen Schutz vor HIV sind mit PrEP und der U=U-Tatsache vorhanden – ihr Potenzial wird jedoch durch Unwissenheit, Scham und Stigma blockiert.
Daher ergeht der Appell an alle Gesundheitsorganisationen, Beratungsstellen und Community-Akteure: Brechen Sie das Schweigen. Etablieren Sie eine auf Fakten basierende, entstigmatisierende und lebensnahe Präventionskultur. Die Kernbotschaft lautet unmissverständlich: Wissen ist Schutz. Nur durch eine proaktive, ehrliche und zielgruppengerechte Kommunikation können wir sicherstellen, dass wissenschaftlicher Fortschritt auch in den Communities ankommt, die ihn am dringendsten benötigen. Es ist eine Strategie, die auf dem unumstößlichen Prinzip der Schadensminimierung (Harm Reduction) fußt – eine Strategie, die nicht nur Infektionen verhindert, sondern Leben rettet.
NeelixberliN Fazit: Wissen ist Schutz
Hendrik Streeck warnt vor dem Systemkollaps. Ich warne vor dem persönlichen Kollaps.
Wenn du Sex und Drogen kombinierst: Hol dir die PrEP.
Wenn du jemanden triffst, der positiv ist: Hab Respekt, keine Angst.
Lasst uns das Schweigen brechen. Nicht nur am 1. Dezember, sondern jeden verdammten Tag.
Wissenschaftliche Quellen (Auszug)
- Streeck, H. (2025): Interview zu Budgetkürzungen und HIV-Prävention (Cicero).
- Robert Koch-Institut (RKI): PrEP-Evaluation und Epidemiologisches Bulletin.
- PARTNER2 Studie (2019): Risikofreiheit bei Viruslast unter Nachweisgrenze (U=U).
🎓 Wissens-Check: Hast du’s verstanden?
Teste dein Wissen! Klick auf die Fragen.
❓ Frage 1: Ist jemand mit HIV ansteckend?
✅ Antwort: Nicht unbedingt! Wenn die Person in Therapie ist und die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt (U=U), kann sie das Virus beim Sex NICHT übertragen.
❓ Frage 2: Schützt PrEP auch vor Hepatitis C?
✅ Antwort: Nein. PrEP wirkt spezifisch nur gegen HIV. Für Hepatitis C (oft über geteilte Röhrchen/Spritzen übertragen) gibt es keine Impfung oder PrEP, aber es ist heilbar.
🤔 Häufige Fragen
❓ Bezahlt die Krankenkasse die PrEP?
✅ Ja! In Deutschland übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für die Medikamente und die nötigen Untersuchungen bei Menschen mit erhöhtem Risiko.
❓ Hat PrEP starke Nebenwirkungen?
✅ Meistens ist sie gut verträglich. Anfangs kann es zu Übelkeit oder Kopfschmerzen kommen (Start-Up-Syndrom). Wichtig sind regelmäßige Nieren-Checks.