Meine Stellungnahme zum MAZ-Presseartikel vom 20.07.25

Meine Stellungnahme zum MAZ-Presseartikel vom 20.07.25


Einige haben ja schon in meinem letzten Instagram-Beitrag von meiner Festnahme für eine Zeugenaussage gelesen. Ich wollte eigentlich keine großen Details dazu bekannt geben und die Sache auf sich beruhen lassen. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, einen Bericht über meine positive Arbeit, meinen Ausstieg aus der Szene oder darüber zu lesen, dass ich aus allem Schlechten in meinem Leben etwas Gutes mache. Aber nun ist es so. Wer meine Tagebucheinträge der letzten Monate gelesen hat, kann meine Verweigerung der Zeugenaussage vielleicht besser nachvollziehen.

Der Vorfall selbst ereignete sich vor fast drei Jahren und kam erst jetzt zur Verhandlung.

Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor: Vor fast drei Jahren, einen Tag vor dem Beginn meiner damaligen Therapie und nach meinem schweren Polamidonentzug, erleben Sie einen gewalttätigen Übergriff mit einem Messer. Obwohl Sie eigentlich das Opfer sind, werden Sie plötzlich von der Polizei für eine Zeugenaussage abgeholt. Sie verbringen 15 Stunden in einer Zelle – nur mit einem T-Shirt und einer Hose bekleidet, bei ständigem Licht und ohne jedes Zeitgefühl. 20 Minuten vor Prozessbeginn werden Sie in Handschellen dorthin geführt, als wären Sie der Täter. Dann sollen Sie aussagen, während Sie nur fünf Meter neben dem Angeklagten sitzen. In so einer Situation kann die Psyche an ihre Grenzen kommen.

Mann in Handschellen.

Hinzu kommt: Damals war ich selbst noch in vieles verstrickt und wusste genau: Ohne Anwalt brauchst du nur etwas falsch zu formulieren und hast am Ende mehr Probleme als vorher. In so einem Fall ist es manchmal besser, nichts zu sagen. Ich habe mir den Angeklagten angesehen und mir gedacht, dass er – wie jeder Mensch in der Sucht – eine andere Persönlichkeit entwickelt und eine zweite Chance verdient hat. Nun zu lesen, dass er Vater geworden ist und arbeitet, bestätigt mir diesen Gedanken. Auch wenn es nicht jeder verstehen kann: Ich wünsche ihm eine gute Zukunft und vergebe ihm, was damals passiert ist.

Kommen wir also zum originalen Artikel von Helmut Schneider vom 20.07. und meinen Stellungnahmen dazu:

Angeklagter wird freigesprochen und zugleich verurteilt

Räuberische Erpressung und Drogenbesitz: Veltener kommt mit Bewährungsstrafe davon

Vor dem Oranienburger Schöffengericht wurde gegen einen 36-jährigen Veltener verhandelt. Vom Vorwurf der räuberischen Erpressung wurde er freigesprochen, für den unerlaubten Drogenbesitz nicht.

Oranienburg. Den Vorwurf der räuberischen Erpressung und schweren Körperverletzung konnte das Oranienburger Schöffengericht dem Angeklagten nicht zweifelsfrei nachweisen und sprach Michael W. am letzten Freitag frei. „Die Anklage steht auf wackligen Füßen – die Tat ist nicht hinreichend bewiesen“, sagte die Vorsitzende in ihrer Urteilsbegründung.

Auch habe der vermeintlich Geschädigte jegliche Aussage als Hauptbelastungszeuge abgelehnt. „Er könne sich nicht erinnern – es gab Streitigkeiten“, war alles, was Gabriel M. dazu sagte. Der Hennigsdorfer hatte allerdings vor zwei Jahren behauptet, dass Michael W. am 16. Juli 2023 von ihm 1000 Euro haben wollte und das mit Faustschlägen und Fußtritten unterstrichen habe.

Räuberische Erpressung kann nicht nachgewiesen werden

Schließlich sei er von dem mit einem Messer bedroht worden. In seiner Not sei zu seinem befreundeten Nachbarn gegangen und habe den um Geld gebeten. Dieser Oliver P. war ebenfalls als Zeuge geladen und schilderte die damalige Situation. Gabriel M. habe geklingelt und stand mit dem Angeklagten vor seiner Wohnungstür in der Hennigsdorfer Bergstraße. Er ließ seinen Freund rein und bat den Unbekannten, draußen zu warten. Sein Freund habe ihm erzählt, dass er von dem Mann mit einem Messer bedroht worden sei und ob er ihm nicht für den 500 bis 600 Euro geben könne. Er habe dann seinem damals mit ihm befreundeten Nachbarn geraten, die Polizei zu rufen – er würde den Wartenden so lange hinhalten. Das tat schließlich Gabriel M. dann auch.

Meine Stellungnahme zu diesem Teil:

Als die Polizei damals hier eintraf, wollte sie mit mir in meine Wohnung, um das Handy und das Fahrrad des Angeklagten zu holen, die sich dort noch befanden. Ich musste erst nach dem Messer fragen – sonst hätten die Beamten es nicht einmal mitgenommen.

Heute wisse er, dass der „mit allen Wassern gewaschen und ein guter Schauspieler sei. Hätte ich das damals gewusst, hätte ich mich nie mit ihm eingelassen“, ließ der 59-jährige Frührentner kein gutes Haar an Gabriel M. Der habe Tablets und Handys für Berliner Auftraggeber gehackt und mit Drogen zu tun, belastete er seinen ehemaligen Freund, den er durch ihre beider Hunde kennengelernt habe. Irgendwelche Hämatome oder Verletzungen beim vermeintlich Geschädigten, habe er nicht gesehen, beantwortete er die Frage des Staatsanwaltes.

Meine Stellungnahme zu diesem Teil:

Der sogenannte Frührentner Oliver P., der übrigens bereits wegen Falschaussage verurteilt wurde, ist genau die Person, von der ich in meinen Tagebüchern berichtet habe. Um mich nachts heimlich an meinem Fenster zu filmen – und davon besitze ich Überwachungsvideos –, kann er ganz sportlich ohne Rollator um meine Wohnung sprinten.

Ich habe den Kontakt zu ihm abgebrochen, weil er mich immer wieder manipuliert und absichtlich in Rückfälle geführt hat (wie bei dem Vorfall mit dem Pregabalin), nur um mich besser kontrollieren zu können. Zuletzt forderte er von mir, dass ich Nachbarn für ihn hacke und Schlägertrupps organisiere, um andere finanziell auszunehmen. Das habe ich verweigert, woraufhin der letzte große Streit begann. Ich erklärte ihm, dass ich nichts Kriminelles mehr tue, weil dies bei mir immer in Verbindung mit meiner Sucht steht und ich clean bleiben und mein Leben ändern will. Seine Antwort darauf war: „Aber du bist und bleibst doch kriminell.“

Genauso erfand er immer größere Summen, die ich ihm angeblich schuldete, um mich unter Druck zu setzen oder bei anderen schlechtzumachen. Das war einfach, da ich seit Dezember offen und ehrlich mit meiner Suchterkrankung umgehe. Nicht jeder versteht die psychische Erkrankung Polytoxikomanie, und das muss auch niemand.

Ich muss schmunzeln, wenn gerade er behauptet, ich sei ein großer Schauspieler (und ja, ich habe tatsächlich schon als Komparse in Filmen und Serien mitgespielt), während er mit seinem „Talent“ seit Jahren die Pflegekassen betrügt. Die Geschichte mit den Tablets und Handys ist nicht ganz falsch, wie man aus meinen Tagebüchern weiß. Die blauen Flecken habe ich selbst erst während meines Reha-Aufenthalts bei einer Untersuchung bemerkt; auf der Polizeiwache wurde ich nicht darauf untersucht.

Veltener muss sich für unerlaubten Drogenbesitz verantworten

Als die Streifenpolizisten eintrafen, lief der Angeklagte davon. Sie stellten ihn nach kurzer Verfolgung und fanden bei ihm 8,5 Gramm Amphetamine, schilderte einer der Beamten, die den Veltener damals vorläufig festnahmen. Für diesen unerlaubten Besitz beantragte der Staatsanwalt sechs Monate Freiheitsstrafe. Aufgrund einschlägiger Vorstrafen, ohne Bewährung. Das Gericht schloss sich dem an, setzte jedoch die Strafe auf drei Jahre zur Bewährung aus. Der 36-Jährige, der mit seiner neuen Lebenspartnerin gerade Vater geworden ist, in gefestigten Verhältnissen lebt und einer geregelten Arbeit nachgeht, würde seinen Job verlieren, begründete die Vorsitzende die Bewährung. Als Auflage muss er 600 Euro zahlen.

Mein Fazit dazu:

Das also als Information zu meinem ersten Artikel in der MAZ. Der Fall zeigt mir vor allem eines: Es war die richtige Entscheidung, keine weitere Aussage zu machen. Wie schon in meinem letzten Instagram-Post erwähnt, mache ich der Polizei Brandenburg und der Wache in Oranienburg für die Vorkommnisse der letzten Woche keine Vorwürfe. Sie haben auf Anordnung der zuständigen Richterin nur ihre Arbeit gemacht. Was ich allerdings persönlich verurteile, ist die Vorgehensweise, mich als Opfer nach so einem Überfall und der Inhaftierung direkt in eine solche Konfrontation zu schicken.

Ich habe vor Gericht erwähnt, dass dieser Vorfall eines meiner Traumata war, die ich in der Therapie verarbeiten musste, und dass ich froh war, es hinter mir gelassen zu haben. Auch habe ich auf meine gesundheitlichen Probleme hingewiesen – etwa, dass ich durch frühere Rückfälle und Hirnschläge Schwierigkeiten habe, Zeiträume korrekt zuzuordnen. Aber das hätte den MAZ-Artikel wohl nicht interessanter gemacht.

Ich bin kein Journalist und kann schwer beurteilen, was für Leser wichtig ist. Ich denke aber, die ganze Wahrheit gehört dazu – deshalb diese Ergänzungen von meiner Seite.

Ich war kein Unschuldslamm in meiner Suchtkarriere, das habe ich nie behauptet. Aber ich versuche, mein Leben zu ändern und etwas Gutes daraus zu machen. Ich will mir selbst und anderen helfen, die mit den gleichen Problemen kämpfen. Dafür nutze ich meine Fähigkeiten und stelle sie anderen kostenlos zur Verfügung. Dafür arbeite ich seit acht Monaten unentgeltlich durchschnittlich 12 Stunden am Tag.

Über diese Arbeit hätte ich mich über einen Bericht gefreut. Über einen Artikel, der Aufmerksamkeit für Betroffene und Angehörige schafft – und nicht für jene, die nur über die Nebenwirkungen dieser Krankheit urteilen, ohne sich je damit auseinandergesetzt zu haben. Ein Dank an die MAZ für diese einseitige Berichterstattung.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

1. Warum hast du vor Gericht die Aussage verweigert, obwohl du das Opfer warst?

Dafür gab es mehrere Gründe, die zusammenkamen. Erstens war die Art und Weise, wie ich zum Gericht gebracht wurde – 15 Stunden in einer Zelle, in Handschellen vorgeführt –, extrem belastend und retraumatisierend. Ich wurde wie ein Täter behandelt, nicht wie ein Opfer. Zweitens wusste ich aus meiner Vergangenheit, dass man sich ohne anwaltlichen Beistand mit einer unbedachten Formulierung schnell selbst belasten kann. Und drittens glaube ich fest daran, dass Menschen, die – wie ich damals – tief in der Sucht stecken, eine zweite Chance verdienen, ihr Leben zu ändern.

2. Warum wurdest du überhaupt festgenommen, wenn du nur als Zeuge geladen warst?

Das Gesetz ermöglicht es einem Gericht, die zwangsweise Vorführung eines Zeugen anzuordnen, wenn dieser einer Ladung nicht freiwillig folgt. Das nennt sich „Zeugenvorführung“. Obwohl dies ein rechtlich zulässiges Mittel ist, ändert es nichts daran, dass sich die Erfahrung für mich – als eigentliches Opfer des Vorfalls – wie eine Bestrafung anfühlte und die psychische Belastung vor der Aussage ins Unermessliche steigerte.

3. Der Zeuge Oliver P. macht schwere Vorwürfe gegen dich. Warum sollte man dir glauben?

Ich bin über meine Vergangenheit und meine Fehler vollkommen transparent, was man in meinen Tagebüchern nachlesen kann. Oliver P. hingegen wurde bereits rechtskräftig wegen Falschaussage verurteilt. Mein Kontakt zu ihm brach ab, weil ich mich weigerte, für ihn kriminelle Handlungen auszuführen. Seine Aussagen sind in meinen Augen der Versuch einer Racheaktion. Zudem habe ich für meine Behauptungen, wie z.B. seine nächtlichen Aktionen, Beweise in Form von Überwachungsvideos.

4. Oliver P. behauptet, du würdest hacken. Du schreibst, das sei „nicht ganz gelogen“. Was meinst du damit?

Es ist kein Geheimnis, dass ich mir in meiner Vergangenheit technische Fähigkeiten angeeignet habe, die nicht immer für gute Zwecke genutzt wurden. Der entscheidende Unterschied ist aber: Heute setze ich dieses Wissen ausschließlich positiv ein, um im Rahmen meines Projekts Neelixberlin.de moderne Suchthilfe zu leisten (mehr dazu im nächsten Punkt). Die kriminellen Machenschaften, zu denen Oliver P. mich anstiften wollte, habe ich konsequent abgelehnt. Genau das war der Auslöser für unseren finalen Bruch.

5. Du erwähnst dein Projekt Neelixberlin.de. Worum genau geht es dabei?

Neelixberlin.de ist mein Herzensprojekt: eine Plattform für moderne Suchthilfe. Ich nutze dort meine technischen Fähigkeiten, inklusive KI-Technologie, um Betroffenen, Angehörigen und sogar Fachleuten wie Ärzten oder Therapeuten eine Anlaufstelle zu bieten, die über reine Theorie hinausgeht. Das Projekt ist auch mein Weg, mit meiner eigenen Geschichte umzugehen. Ja, ich bin – typisch für eine Suchterkrankung – auch wieder rückfällig geworden, weil es mir schwerfällt, Emotionen und Vergangenes zu verarbeiten. Aber Neelixberlin.de ist der Beweis dafür, dass ich immer wieder aufstehe. Es zeigt, dass das Wichtigste im Kampf gegen die Sucht ist, niemals aufzugeben, und genau diese Botschaft möchte ich weitergeben.

6. Du schreibst, du vergibst dem Angeklagten. Wie kannst du das nach so einem Vorfall?

Vergebung ist für mich ein wichtiger Teil meines eigenen Heilungsprozesses und meiner Clean-Werdung. Es bedeutet nicht, die Tat gutzuheißen, sondern den Zorn und den Hass loszulassen, der mich sonst nur selbst zerfressen würde. Ich sehe in ihm einen Menschen, der zur Tatzeit von seiner Sucht beherrscht wurde – ein Zustand, den ich selbst nur zu gut kenne. Ihm eine zweite Chance zu wünschen, bedeutet auch, an das Gute und die Fähigkeit zur Veränderung im Menschen zu glauben, die auch mir geholfen hat.

7. Was möchtest du mit dieser Stellungnahme erreichen?

Ich möchte drei Dinge erreichen: Erstens, die einseitige Darstellung im Presseartikel korrigieren und meine Sicht der Dinge schildern. Zweitens, Transparenz über die Hintergründe schaffen, warum ich gehandelt habe, wie ich gehandelt habe. Und drittens, darauf aufmerksam machen, wie Betroffene von Straftaten im Justizsystem manchmal erneut zu Opfern gemacht werden können, anstatt Schutz und Verständnis zu erfahren.

Quellen:

MAZ Artikel von Helmut Schneider 20.07.2025, 9:00 Uhr

Über den Autor: NeelixberliN

Über Gabriel Maetz

NeelixberliN teilt hier seine persönliche und ungefilterte Erfahrung auf dem Weg aus der Sucht. Nach Jahren der Abhängigkeit, unter anderem von Polamidon, kämpft er sich Tag für Tag zurück ins Leben. Dieser Blog ist sein persönliches Logbuch, eine Hilfe für sich selbst und hoffentlich auch eine stütze für andere, die einen ähnlichen Kampf führen.

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