Methadon: Der umstrittene Lebensretter in der Suchttherapie

Methadon: Der umstrittene Lebensretter in der Suchttherapie


Hey Du,

heute reden wir über eine der bekanntesten und wichtigsten Substanzen in der Behandlung von Opioidabhängigkeit: Methadon.

Für die einen ist es ein lebensrettender Anker, der sie aus der Beschaffungskriminalität und dem Chaos der Heroinsucht holt. Für die anderen ist es ein „goldener Käfig“ – eine neue, staatlich kontrollierte Abhängigkeit. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen.

Was ist Methadon? Vom Schmerzmittel zum Heroin-Ersatz 💊

Methadon ist ein vollsynthetisches Opioid, das bereits 1937 in Deutschland entwickelt wurde – ursprünglich als starkes Schmerzmittel.

Seine wahre „Karriere“ begann jedoch in den 1960er Jahren, als man seine Nützlichkeit für die Substitutionstherapie von Heroinabhängigen entdeckte. Es wirkt, indem es an die gleichen Opioid-Rezeptoren im Gehirn andockt wie Heroin, aber es hat ein anderes Wirkprofil:

  • Lange Wirkdauer: Eine Dosis wirkt ca. 24 Stunden, was den ständigen Druck der Beschaffung nimmt.
  • Kein „Kick“: Es flutet langsamer im Gehirn an und erzeugt keine intensive Euphorie wie ein Heroin-Schuss.
  • Blockade-Wirkung: In der richtigen Dosis besetzt es die Rezeptoren so, dass zusätzlich konsumiertes Heroin kaum noch wirkt.

Das Ziel der Substitution ist nicht, „high“ zu werden, sondern den körperlichen Entzug zu verhindern und ein stabiles Leben zu ermöglichen.

Zusatzinfo: Methadon vs. Levomethadon (L-Polamidon®)

„Normales“ Methadon ist ein Gemisch aus zwei spiegelbildlichen Molekülformen. Levomethadon (L-Polamidon®) ist nur eine dieser beiden Formen, nämlich die wirksamere. Levomethadon ist daher etwa doppelt so stark wie die gleiche Menge Methadon.


Ein Foto, das einen durchsichtigen Plastikbecher mit der typischen roten oder grünen Methadon-Flüssigkeit zeigt. Die Szene ist nüchtern und klinisch, wie in einer Arztpraxis. "Methadon Einnahme", "Substitutionstherapie", "Heroin-Ersatz"

Die Risiken & Nebenwirkungen: Der Preis der Stabilität ⛓️

Methadon ist ein hochpotentes Opioid und kein harmloses Medikament.

  • Starke körperliche & psychische Abhängigkeit: Der Entzug von Methadon ist berüchtigt. Er ist zwar oft weniger akut und heftig als ein kalter Heroin-Entzug, dafür aber extrem langwierig und kann sich über Monate ziehen.
  • Atemdepression & Überdosis: Die größte akute Gefahr. Besonders in der Einstellungsphase oder bei Mischkonsum mit Alkohol, Benzodiazepinen oder anderen Drogen besteht Lebensgefahr durch Atemstillstand.
  • Herzprobleme (QT-Zeit-Verlängerung): Methadon kann den Herzrhythmus stören und zu lebensgefährlichen Komplikationen führen. Regelmäßige EKG-Kontrollen sind Pflicht.
  • Häufige Nebenwirkungen: Starkes Schwitzen, Verstopfung, Gewichtszunahme, Libidoverlust und emotionale Abflachung („Gleichgültigkeit“).

Der „goldene Käfig“: Warum die Substitution so umstritten ist

Die Substitutionstherapie rettet Leben, indem sie Überdosierungen, Krankheiten wie HIV/Hepatitis und Beschaffungskriminalität reduziert. Sie gibt Menschen die Chance, wieder am sozialen Leben teilzunehmen.

Gleichzeitig schafft sie eine neue, starke Abhängigkeit von einer Substanz und vom System (tägliche Vergabe in der Praxis, strenge Regeln). Viele substituierte Patienten fühlen sich wie in einem „goldenen Käfig“: stabil, aber nicht wirklich frei. Der Weg aus der Substitution heraus ist, wie oben beschrieben, extrem schwer.


Eine stilisierte Grafik einer Person, die in einem goldenen, aber dennoch unüberwindbaren Käfig sitzt. Außerhalb des Käfigs ist das normale Leben zu sehen. Symbolisiert das Dilemma der Substitution. "goldener Käfig Methadon", "Abhängigkeit von Substitution", "Dilemma der Suchttherapie"

Fazit: Eine wichtige, aber keine einfache Lösung

Methadon ist keine Wunderwaffe, sondern ein wichtiges Werkzeug der Schadensminimierung (Harm Reduction). Es ist für viele Schwerstabhängige die einzige realistische Chance auf ein Überleben und ein Leben in Würde.

Die Entscheidung für eine Substitution ist eine sehr persönliche und muss zusammen mit einem erfahrenen Suchtmediziner getroffen werden. Es ist ein Pakt, der Stabilität bringt, aber auch eine neue, langanhaltende Bindung an eine Substanz bedeutet.


Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Methadon


Kann man von Methadon „high“ werden?

Ja, besonders für nicht-opioidtolerante Personen ist Methadon eine starke Droge, die einen sedierenden und euphorisierenden Rausch erzeugt. Für substituierte Patienten mit hoher Toleranz ist das „High“ jedoch stark abgeschwächt oder nicht mehr spürbar. Das Ziel der Therapie ist es, eine Dosis zu finden, die den Entzug verhindert, aber keinen Rausch erzeugt.

Warum ist der Entzug von Methadon so viel länger als von Heroin?

Das liegt an der langen Halbwertszeit von Methadon. Während Heroin den Körper sehr schnell wieder verlässt (daher der schnelle Entzug und der ständige Druck, nachzulegen), reichert sich Methadon im Körper an und wird nur sehr langsam abgebaut. Das macht die Entzugssymptome zwar weniger akut, aber sie ziehen sich über einen viel längeren Zeitraum hin.

Kann man unter Methadon-Substitution Auto fahren?

Das ist eine sehr komplexe rechtliche Frage. Grundsätzlich gilt: Wer unter dem Einfluss eines Betäubungsmittels steht, das die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt, darf kein Fahrzeug führen. Bei stabil eingestellten Substitutionspatienten, die keinen Beikonsum haben und keine Ausfallerscheinungen zeigen, kann die Fahrtüchtigkeit aber gegeben sein. Dies muss jedoch oft durch ein medizinisches Gutachten nachgewiesen werden und ist eine Einzelfallentscheidung. Im Zweifel gilt: nicht fahren.


Über den Autor: NeelixberliN

Über Gabriel Maetz

NeelixberliN teilt hier seine persönliche und ungefilterte Erfahrung auf dem Weg aus der Sucht. Nach Jahren der Abhängigkeit, unter anderem von Polamidon, kämpft er sich Tag für Tag zurück ins Leben. Dieser Blog ist sein persönliches Logbuch, eine Hilfe für sich selbst und hoffentlich auch eine stütze für andere, die einen ähnlichen Kampf führen.

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