Ein Artikel aus der neuen Recovery-Sexualitäts-Serie von NeelixberliN
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Trigger-Warnung: Dieser Artikel behandelt Sexualität, Sucht und Trauma. Falls du gerade in einer vulnerablen Phase deiner Recovery bist, lies nicht allein und hol dir Unterstützung.
Nach 28 Jahren Recovery und unzähligen Gesprächen weiß ich: Das größte Tabu in Recovery-Communities ist nicht die Sucht selbst – es ist die Sexualität. Während wir offen über Rückfälle, Entzugssymptome und Craving sprechen, herrscht betretenes Schweigen, sobald das Thema Sex auf den Tisch kommt.
Heute breche ich dieses Schweigen. Ich erzähle dir die Wahrheit über Recovery-Sexualität – ehrlich, unzensiert und ohne moralische Bewertungen. Denn während du deine Substanzabhängigkeit heilst, kämpft ein anderer Teil von dir oft im Verborgenen: deine Sexualität.
Das wird kein oberflächlicher Artikel. Ich werde dir zeigen, warum das Thema systematisch totgeschwiegen wird, wie verschiedene Süchte deine Sexualität unterschiedlich zerstören und vor allem: wie du deine sexuelle Gesundheit genauso ernst nehmen kannst wie deine Substanz-Recovery.
Die Zeit der falschen Scham ist vorbei. Recovery bedeutet ganzer Mensch werden – und das schließt deine Sexualität ein.
🎯 Die harten Fakten: Recovery und Sexualität
Realitätscheck aus 28 Jahren Erfahrung und aktueller Forschung:
73% der Menschen in Recovery haben sexuelle Probleme 54% sprechen nie mit ihrem Therapeuten über Sexualität 67% der Recovery-Communities behandeln Sex als Tabu 42% entwickeln Ersatzsuchtverhalten im sexuellen Bereich 86% wissen nicht, wie „normale“ Sexualität ohne Drogen funktioniert
Aber auch: 89% derjenigen, die ihre sexuellen Probleme angehen, stabilisieren ihre Gesamtrecovery nachhaltig
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🧠 WISSENSCHAFT: WARUM RECOVERY UND SEX VERBUNDEN SIND │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Sucht und Sexualität teilen dieselben Gehirnregionen: │ │ │ │ • Dopamin-System: Sex und Drogen aktivieren │ │ identische Belohnungswege im Nucleus accumbens │ │ • Präfrontaler Kortex: Impulskontrolle für beide │ │ Bereiche liegt in derselben Region │ │ • Amygdala: Angst- und Scham-Verarbeitung │ │ beeinflusst beide Verhaltensbereiche │ │ • Hypothalamus: Hormonregulation und sexuelle │ │ Steuerung laufen hier zusammen │ │ │ │ Recovery ohne Sexualitäts-Heilung ist nur halbe │ │ Heilung – die neurologischen Verbindungen bleiben │ │ unbehandelt aktiv. │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
🎭 Das große Schweigen: Warum Recovery-Communities Sex tabuisieren

Mythos 1: „Recovery bedeutet Verzicht auf alles Lustvolle“
Viele Recovery-Programme predigen eine Art asketisches Leben. Sex wird mit „gefährlichen Impulsen“ gleichgesetzt. Das ist Bullshit. Gesunde Sexualität ist ein Menschenrecht – auch und gerade in Recovery.
Ich erinnere mich an meine ersten AA-Meetings. Als ein Neuling fragte, ob Sex okay sei, wurde er schief angeguckt. „Konzentrier dich erst mal aufs Clean-Bleiben“, war die Antwort. Als ob sexuelle Gesundheit nicht Teil der Genesung wäre.
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📊 REALITÄT: RECOVERY-COMMUNITIES UND SEXUALITÄT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Warum das Tabu so hartnäckig ist: │ │ │ │ • Religiöse Wurzeln: 78% der Recovery-Programme │ │ haben christliche/spirituelle Grundlagen │ │ • Generationsbedingt: Gründer-Generation sprach │ │ generell nicht über Sex (1930er-1950er) │ │ • Therapeutische Unsicherheit: 89% der Sucht- │ │ therapeuten haben keine sexualtherapeutische │ │ Ausbildung │ │ • Liability-Ängste: Institutionen fürchten │ │ rechtliche Probleme bei Sex-Themen │ │ │ │ Resultat: Menschen leiden im Stillen an sexuellen │ │ Problemen, die ihre Recovery gefährden können. │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Mythos 2: „Sexualität lenkt von der ‚echten‘ Recovery ab“
Das Gegenteil ist der Fall. Unbehandelte sexuelle Probleme sind einer der häufigsten Rückfall-Trigger. Wenn du deine Sexualität ignorierst, ignorierst du einen wesentlichen Teil deiner Menschlichkeit.

Mythos 3: „Therapeuten sind nicht zuständig für Sex“
Viele Therapeuten weichen dem Thema aus – aus Unsicherheit, religiösen Gründen oder mangelnder Ausbildung. Dabei ist sexuelle Gesundheit integraler Bestandteil mentaler Gesundheit.
🔬 Was ist Recovery-Sexualität?
Recovery-Sexualität beschreibt den Prozess, in dem Menschen ihre sexuelle Gesundheit nach einer Substanzabhängigkeit wiederherstellen. Es geht um viel mehr als nur „clean Sex haben“ – es ist ein komplexer Heilungsprozess, der neurologische, psychologische und soziale Aspekte umfasst.

Andere Namen und Begriffe
- Sober Sexuality (Clean-Sexualität)
- Sexual Recovery (Sexuelle Genesung)
- Substance-Free Intimacy (Substanzfreie Intimität)
- Post-Addiction Sexuality (Sexualität nach der Sucht)
- Nüchterne Sexualität
- Clean Sex (informeller Begriff)
💊 Wie verschiedene Süchte die Sexualität beeinflussen

Alkoholismus und Sexualität
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🍺 ALKOHOL: DER FALSCHE SEXUELLE BEFREIER │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während der aktiven Sucht: │ │ │ │ • Scheinbare Enthemmung: Alkohol senkt Hemmungen, │ │ aber zerstört echte Intimität │ │ • Erectile Dysfunction: Bis zu 72% der Alkoholiker │ │ betroffen, auch in jungen Jahren │ │ • Verminderte Lubrikation: Frauen leiden unter │ │ chronischer Trockenheit │ │ • Blackout-Sex: Sexuelle Handlungen ohne │ │ Erinnerung – traumatisch für beide Partner │ │ • Risikoverhalten: Ungeschützter Sex, Gewalt, │ │ sexuelle Übergriffe │ │ │ │ In Recovery: │ │ • Performance-Angst ohne „flüssigen Mut“ │ │ • Echte Gefühle überwältigen ohne Betäubung │ │ • Jahre der alkohol-dominierten Sexualität aufarbeiten │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Stimulanzien (Kokain, Amphetamine) und Sex
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ ⚡ STIMULANZIEN: DIE SEXUELLE ÜBERSTIMULATION │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Aktive Sucht-Phase: │ │ │ │ • Hypersexualität: Stundenlange Sessions ohne │ │ echte Befriedigung │ │ • Extreme Fetischisierung: Normale Sexualität │ │ wird „langweilig“ │ │ • Pornofixierung: Realität kann mit Fantasie │ │ nicht mehr mithalten │ │ • Gefährliche Experimente: Grenzen verschwimmen │ │ komplett │ │ • Transaktionaler Sex: Prostitution, Tausch- │ │ geschäfte für Drogen │ │ │ │ Recovery-Herausforderungen: │ │ • „Normaler“ Sex fühlt sich langweilig an │ │ • Extreme Scham über Sucht-Sexualverhalten │ │ • Erektionsprobleme nach chemischer Überstimulation │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Opiate und sexuelle Funktion
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 💊 OPIATE: DER SEXUELLE WINTER │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Unter Opiaten: │ │ │ │ • Libido-Tod: Sexualtrieb sinkt auf praktisch null │ │ • Hormon-Chaos: Testosteron/Östrogen-Produktion │ │ bricht zusammen │ │ • Mechanische Dysfunktion: Körper „vergisst“ │ │ sexuelle Reaktionen │ │ • Emotionale Abtrennung: Sex wird völlig │ │ bedeutungslos │ │ • Beziehungs-Kollaps: Partner leiden unter │ │ sexueller „Eiszeit“ │ │ │ │ In Recovery: │ │ • Libido-Rückkehr dauert 6-18 Monate │ │ • Hormontherapie oft medizinisch notwendig │ │ • Neulernen aller sexuellen Empfindungen │ │ • Angst vor echter Intimität nach Jahren der Betäubung │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Cannabis und Sexualität
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🌿 CANNABIS: DER TRÄGE LIEBHABER │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während des Konsums: │ │ │ │ • Verlangsamte Reaktionen: Sexuelle Reflexe │ │ werden deutlich träger │ │ • Zeit-Verzerrung: Gefühl von „intensiverem“ Sex, │ │ aber oft nur subjektiv │ │ • Motivations-Verlust: Weniger Interesse an echter │ │ emotionaler Intimität │ │ • Angst-Überdeckung: Soziale/Performance-Ängste │ │ werden versteckt, nicht behandelt │ │ • Routine-Sex: Wird mechanisch und vorhersagbar │ │ │ │ Clean-Werden: │ │ • Soziale Ängste kehren ungefiltert zurück │ │ • Sex fühlt sich „zu real“ und überwältigend an │ │ • Konzentrationsprobleme auch bei sexueller Aktivität │ │ • Dating ohne „Entspannungs-Krücke“ wird schwierig │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
🧠 Medizinische und psychologische Hintergründe

Neurobiologie: Warum Sucht und Sex verknüpft sind
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🔬 NEUROBIOLOGISCHE VERBINDUNGEN │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Gemeinsame Gehirnregionen und ihre Funktionen: │ │ │ │ • Dopamin-System (Nucleus accumbens): │ │ – Sex und Drogen aktivieren identische Pfade │ │ – Recovery bedeutet Dopamin-System-Reboot │ │ – Betrifft automatisch auch sexuelle Erregung │ │ │ │ • Präfrontaler Kortex: │ │ – Impulskontrolle für beide Bereiche │ │ – Geschädigt durch chronischen Substanzgebrauch │ │ – Sexuelle Entscheidungsfindung beeinträchtigt │ │ │ │ • Amygdala (Angstzentrum): │ │ – Verarbeitet Angst und Scham in beiden Bereichen │ │ – Trauma-Reaktionen können beide triggern │ │ – Hypervigilanz bei sexuellen Situationen │ │ │ │ • Hypothalamus: │ │ – Hormonsteuerung und sexuelle Funktionen │ │ – Schwer geschädigt durch chronische Sucht │ │ – Recovery dauert 6-24 Monate │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Hormonelle Veränderungen in Recovery

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ ⚗️ HORMONELLE RECOVERY-PROZESSE │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Testosteron-Recovery (Männer): │ │ • Opiate senken Testosteron um bis zu 90% │ │ • Normalisierung dauert 6-24 Monate nach Entzug │ │ • Niedrige Werte = Libidoverlust + Erektionsprobleme │ │ • Medizinische Hormontherapie oft notwendig │ │ │ │ Östrogen-Balance (Frauen): │ │ • Alkohol/Stimulanzien stören Östrogenproduktion │ │ • Menstruationszyklus normalisiert sich langsam │ │ • Vaginale Trockenheit und Erregungsprobleme häufig │ │ • Gynäkologische Unterstützung empfehlenswert │ │ │ │ Stress-Hormone (alle Geschlechter): │ │ • Chronisch erhöhtes Cortisol durch Sucht │ │ • Cortisol hemmt alle Sexualhormone massiv │ │ • Stress-Management essentiell für Recovery │ │ • Entspannungstherapien unterstützen Balance │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Psychologische Faktoren

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 💭 PSYCHOLOGISCHE RECOVERY-FAKTOREN │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Trauma-Verknüpfungen: │ │ • 68% der Suchtkranken haben sexuelle Traumata │ │ • Substanzen wurden zur sexuellen „Betäubung“ genutzt │ │ • Recovery reaktiviert verdrängte Erinnerungen │ │ • Trauma-informierte Sexualtherapie essentiell │ │ │ │ Scham-Spiralen: │ │ • Scham über Sucht-induziertes Sexualverhalten │ │ • Scham über sexuelle Dysfunktionen in Recovery │ │ • Scham über vergangene sexuelle Entscheidungen │ │ • Scham-Reduktion zentral für sexuelle Heilung │ │ │ │ Identitäts-Verwirrung: │ │ • „Wer bin ich sexuell ohne Drogen?“ │ │ • Echte vs. Sucht-induzierte Sexualität unterscheiden │ │ • Neuorientierung sexueller Vorlieben und Fantasien │ │ • Entwicklung authentischer sexueller Identität │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
⚡ Konsumformen und Wirkung: Wie Recovery-Sexualität funktioniert

Phasen der sexuellen Recovery
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📅 PHASE 1: ABSTINENZ-PHASE (0-6 MONATE) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Körperliche Veränderungen: │ │ • Kompletter Libidoverlust oder extreme Hypersexualität │ │ • Hormonelle Systeme beginnen sich zu normalisieren │ │ • Dopamin-Rezeptoren regenerieren sich langsam │ │ • Körperliche Entgiftung beeinflusst alle Funktionen │ │ │ │ Psychische Herausforderungen: │ │ • Massive Angst vor nüchternem Sex │ │ • „Werde ich jemals wieder Lust empfinden?“ │ │ • Fokus auf körperliche Stabilisierung prioritär │ │ • Sexuelle Identität völlig unklar │ │ │ │ Empfohlenes Vorgehen: │ │ • Sexuellen Druck komplett rausnehmen │ │ • Körperwahrnehmung ohne sexuellen Kontext üben │ │ • Masturbation ohne Zwang, falls Lust da ist │ │ • Professionelle Unterstützung suchen │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🔍 PHASE 2: ERKUNDUNGS-PHASE (6-18 MONATE) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Körperliche Entwicklungen: │ │ • Libido kehrt langsam und unregelmäßig zurück │ │ • Hormonwerte stabilisieren sich │ │ • Sexuelle Reaktionen werden vorhersagbarer │ │ • Körperliche Empfindsamkeit normalisiert sich │ │ │ │ Psychische Prozesse: │ │ • Experimentieren mit nüchterner Sexualität │ │ • „Was erregt mich wirklich?“ │ │ • Unterscheidung: echte vs. Sucht-Sexualität │ │ • Häufig Rückschläge und Verwirrung normal │ │ │ │ Typische Herausforderungen: │ │ • Performance-Angst ohne chemische Hilfe │ │ • Überwältigende Emotionen während Sex │ │ • Scham über vergangenes Sexualverhalten │ │ • Dating-Ängste und Kommunikationsprobleme │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ ✨ PHASE 3: INTEGRATION-PHASE (18+ MONATE) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Stabile Entwicklungen: │ │ • Entwicklung einer gesunden, authentischen Sexualität │ │ • Sexuelle Selbstbestimmung und klare Grenzen │ │ • Integration von Sex in die Gesamtrecovery │ │ • Aufbau vertrauensvoller intimer Beziehungen │ │ │ │ Charakteristika gesunder Recovery-Sexualität: │ │ • Sex bereichert das Leben, dominiert es nicht │ │ • Offene Kommunikation über Bedürfnisse möglich │ │ • Present-moment awareness während sexueller Erfahrung │ │ • Trigger und Grenzen sind bekannt und respektiert │ │ • Sexuelle Gesundheit als Teil der Selbstfürsorge │ │ │ │ Mögliche Langzeit-Herausforderungen: │ │ • Gelegentliche Rückfälle in alte Muster │ │ • Beziehungsarbeit bei neuen Partnern │ │ • Hormonelle Veränderungen durch Alter/Gesundheit │ │ • Integration neuer Erfahrungen und Vorlieben │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
⚠️ Risiken und Nebenwirkungen

Körperliche Risiken
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏥 MEDIZINISCHE RISIKEN IN RECOVERY-SEXUALITÄT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Infektionsrisiken: │ │ • Erhöhtes STI-Risiko durch gestörte Entscheidungen │ │ • Vernachlässigung von Safer-Sex-Praktiken │ │ • Schwaches Immunsystem in früher Recovery │ │ • Riskante Partner-Wahl aus Verzweiflung │ │ │ │ Hormonelle Probleme: │ │ • Anhaltende sexuelle Dysfunktionen │ │ • Fruchtbarkeitsprobleme bei beiden Geschlechtern │ │ • Gynäkomastie bei Männern durch Hormonungleichgewicht │ │ • Menstruationsstörungen bei Frauen │ │ │ │ Neurologische Nachwirkungen: │ │ • Verzögerte oder ausbleibende sexuelle Reaktionen │ │ • Verringerte Orgasmusfähigkeit │ │ • Taubheitsgefühle in Genitalien │ │ • Koordinationsprobleme bei sexuellen Bewegungen │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Psychische Risiken

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🧠 PSYCHISCHE RISIKEN UND RÜCKFALL-TRIGGER │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Rückfall-Trigger: │ │ • Sexuelle Frustration als direkter Rückfall-Auslöser │ │ • Intimität-Angst führt zu Substanz-„Selbstmedikation“ │ │ • Partner-Probleme destabilisieren gesamte Recovery │ │ • Performance-Versagen löst Scham-Spirale aus │ │ │ │ Trauma-Reaktivierung: │ │ • Sexuelle Erfahrungen lösen traumatische Erinnerungen │ │ • Dissoziations-Episoden während intimer Momente │ │ • Panikattacken bei körperlicher Intimität │ │ • Flashbacks zu Sucht-bedingtem Sexualverhalten │ │ │ │ Ersatzsucht-Entwicklung: │ │ • Pornosucht als Substanz-Ersatz (47% der Fälle) │ │ • Compulsive sexual behavior (stundenlange Sessions) │ │ • Dating-App-Sucht (endloses Swipen als neuer „Kick“) │ │ • Masturbations-Zwang als Emotionsregulation │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
🛡️ Safer Use: Gesunde Recovery-Sexualität praktizieren

Grundprinzipien sicherer Recovery-Sexualität
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏆 GOLDENE REGELN FÜR RECOVERY-SEXUALITÄT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ 1. Complete Sobriety First: │ │ • Niemals Sex unter Substanz-Einfluss │ │ • Mindestens 30 Tage stabile Recovery vor sex. Aktivität│ │ • Bei Rückfall: Sofortige sexuelle Pause einlegen │ │ • Ehrlichkeit über aktuellen Clean-Status │ │ │ │ 2. Consent und Kommunikation: │ │ • Offene Gespräche über Recovery-Status mit Partnern │ │ • Grenzen klar kommunizieren und respektieren │ │ • „Nein“ sagen lernen und akzeptieren │ │ • Regular check-ins während intimer Momente │ │ │ │ 3. Mindfulness-basierte Sexualität: │ │ • Present-moment awareness kultivieren │ │ • Körperempfindungen ohne Bewertung wahrnehmen │ │ • Meditation vor sexuellen Erfahrungen │ │ • Slow-sex und tantric principles praktizieren │ │ │ │ 4. Selbstschutz-Strategien: │ │ • Trigger-Situationen identifizieren und vermeiden │ │ • Notfall-Pläne bei Panikattacken entwickeln │ │ • Support-System über sexuelle Recovery informieren │ │ • Regelmäßige Therapie-Sessions prioritär behandeln │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
Praktische Safer-Use-Strategien
┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🎯 HARM-REDUCTION FÜR RECOVERY-SEXUALITÄT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Set und Setting beachten: │ │ • Sichere, vertraute Umgebung wählen │ │ • Ausreichend Zeit ohne Druck einplanen │ │ • Emotional stabiler Zustand vor sexueller Aktivität │ │ • Vertrauensvolle Partner mit Recovery-Verständnis │ │ │ │ Körperliche Sicherheit: │ │ • Regelmäßige STI-Tests (alle 6 Monate) │ │ • Safer-Sex-Praktiken konsequent anwenden │ │ • Empfängnisverhütung besprechen und sicherstellen │ │ • Medizinische Unterstützung bei Dysfunktionen │ │ │ │ Emotionale Sicherheit: │ │ • Trigger-Bewusstsein entwickeln und kommunizieren │ │ • Notfall-Strategien bei Panikattacken parat haben │ │ • Therapeutische Unterstützung regelmäßig aktivieren │ │ • Support-System über sexuelle Recovery-Ziele inform. │ │ │ │ Rückfall-Prävention: │ │ • Sex niemals als Coping-Mechanism nutzen │ │ • Frustrationstoleranz gezielt aufbauen │ │ • Alternative Stress-Bewältigungsstrategien entwickeln │ │ • Wöchentliche check-ins mit Therapeut oder Sponsor │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘
📜 Rechtslage und gesellschaftliche Einordnung
Recovery-Sexualität bewegt sich in einem rechtlich unkomplizierten Rahmen, da sie grundsätzlich legale Aktivitäten zwischen einvernehmlich handelnden Erwachsenen betrifft. Jedoch gibt es wichtige Aspekte:
Legal Framework
Aufklärungs- und Disclosure-Pflichten:
- Rechtlich keine Pflicht, Recovery-Status zu offenbaren
- Ethisch empfehlenswert bei längerfristigen Beziehungen
- Bei STI-Risiko durch vergangenes Risikoverhalten: Aufklärungspflicht
Arbeitsrechtliche Aspekte:
- Recovery-Status ist privat und arbeitsrechtlich geschützt
- Sexuelle Recovery-Probleme fallen unter Gesundheitsdatenschutz
- Keine Diskriminierung aufgrund vergangener Sucht erlaubt
Gesellschaftliche Herausforderungen
Stigmatisierung:
- Doppelte Stigmatisierung: Sucht + Sexualität
- Besonders Frauen leiden unter moralischen Bewertungen
- LGBTQ+-Personen in Recovery face additional challenges
Mangelnde Aufklärung:
- Therapeuten haben oft keine sexualtherapeutische Ausbildung
- Recovery-Programme ignorieren sexuelle Gesundheit systematisch
- Keine spezialisierten Beratungsangebote
🎬 NeelixberliN Fazit
Nach 28 Jahren Recovery kann ich dir eins versichern: Recovery ohne sexuelle Heilung ist unvollständige Recovery. Ich habe zu viele Menschen gesehen, die 10, 15, 20 Jahre clean waren, aber sexuell gebrochen geblieben sind. Das ist nicht nur traurig – es ist gefährlich, weil ungelöste sexuelle Probleme massive Rückfall-Trigger sein können.
Die Recovery-Community macht einen gewaltigen Fehler, wenn sie Sexualität tabuisiert. Wir sprechen offen über jeden anderen Aspekt unseres Lebens – Finanzen, Familie, Arbeit, Spiritualität – aber bei Sex wird plötzlich prüde getan. Das ist Heuchelei und schadet Menschen.
Meine wichtigsten Erkenntnisse aus 28 Jahren:
- Sexuelle Gesundheit ist mentale Gesundheit. Punkt. Du kannst nicht das eine ohne das andere heilen.
- Die meisten sexuellen Recovery-Probleme lösen sich NICHT von selbst. Du brauchst professionelle Hilfe, genau wie bei der Substanz-Recovery.
- Scham ist der größte Feind. Die Scham über Sucht-Sexualität, die Scham über Recovery-Probleme, die Scham über „abnormale“ Bedürfnisse. Scham tötet Heilung.
- Timing ist entscheidend. Zu früh kann gefährlich sein, zu spät wird zur Vermeidung. 6-12 Monate stabile Recovery ist meist ein guter Zeitpunkt.
- Communication is everything. Wenn du nicht über Sex sprechen kannst, kannst du ihn nicht gesund leben. Lern es, übe es, mach es zur Gewohnheit.
Was mich am meisten ärgert: Die verlorene Zeit. Ich kenne Menschen, die Jahre ihres Lebens mit sexueller Angst, Scham und Dysfunktion verbracht haben, weil niemand ihnen gesagt hat, dass das behandelbar ist. Das ist kriminell.
Mein Rat: Nimm deine sexuelle Recovery genauso ernst wie deine Substanz-Recovery. Such dir professionelle Hilfe. Sprich mit deinem Therapeuten darüber. Wenn er ausweicht, such dir einen neuen. Du verdienst ein vollständiges, erfülltes Leben – und das schließt eine gesunde, erfüllende Sexualität ein.
Recovery ist nicht nur clean sein. Recovery ist ganz Mensch werden. Und als ganzer Mensch gehört deine Sexualität zu dir.
Es ist Zeit, dass wir als Community erwachsen werden und über alle Aspekte der Heilung sprechen. Die Zeit der sexuellen Scham in Recovery ist vorbei.
🆘 Hilfe und Anlaufstellen
Spezialisierte Therapeuten
- AASECT-zertifizierte Sexualtherapeuten: aasect.org (auch deutschsprachige Mitglieder)
- Institut für Sexualwissenschaft Berlin: (030) 20 45 79 10
- Bundesverband für Sexuelle Gesundheit e.V.: Online-Beratung verfügbar
- Private Sexualtherapeuten mit Sucht-Erfahrung: Suche über Therapeuten-Portale mit Filter „Sucht“ + „Sexualtherapie“
Selbsthilfe und Support
- Sex and Love Addicts Anonymous (SLAA): Für problematisches sexuelles Verhalten
- Recovery-Sexualität Facebook-Gruppen: Private, geschlossene Gruppen verfügbar
- Online-Foren: Verschiedene Recovery-Communities mit Sexualitäts-Bereichen
Medizinische Hilfe
- Urologen/Gynäkologen mit Sucht-Erfahrung: Für körperliche Aspekte
- Endokrinologen: Bei hormonellen Problemen
- Neuropsychologen: Bei anhaltenden kognitiven/sexuellen Problemen
Krisen-Hilfe
- Nummer gegen Kummer: 116 123 (auch für sexuelle Krisen)
- Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (kostenlos, 24/7)
- Bei sexuellen Gewalterfahrungen: Lokale Beratungsstellen oder RAINN-Hotline
🤔 Häufige Fragen (FAQ)
„Ist es normal, dass ich seit Recovery keinen Sex mehr will?“
Ja, extrem normal. Dein Dopamin-System rebootet. Das kann Monate dauern. Zwing dich nicht, aber verdräng es auch nicht. Deine Libido kommt zurück – oft stärker und gesünder als vorher.
„Mein Therapeut sagt, ich soll mich auf die Sucht konzentrieren, nicht auf Sex. Ist das richtig?“
Nein. Sex IST Teil deiner Sucht-Recovery. Ein Therapeut, der das trennt, versteht Recovery nicht ganzheitlich. Such dir zusätzliche Hilfe oder wechsle den Therapeuten.
„Kann ich normalen Sex haben nach Jahren mit Drogen?“
Ja, aber es braucht Zeit und oft professionelle Unterstützung. Dein sexuelles System muss sich genauso erholen wie dein Gehirn. Nimm den Druck raus, sei geduldig.
„Wann bin ich bereit für eine sexuelle Beziehung?“
Wenn du clean bleiben kannst, auch wenn die Beziehung stressig wird. Wenn du deine sexuellen Grenzen kennst und kommunizieren kannst. Meist nicht vor 6-12 Monaten stabiler Recovery.
„Ist Masturbation okay in Recovery?“
Ja, gesunde Masturbation ist sogar wichtig für sexuelle Recovery. Das Problem ist compulsive oder porn-dominierte Masturbation. Lerne den Unterschied.
„Ich schäme mich für das, was ich unter Drogen gemacht habe. Wie gehe ich damit um?“
Scham ist normal, aber nicht hilfreich. Du warst krank, nicht böse. Arbeite die Scham therapeutisch auf, mach amends wo nötig, aber lass dich nicht von der Vergangenheit gefangen halten.
🚨 Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine professionelle Sexual- oder Suchttherapie. Bei akuten sexuellen oder suchtbezogenen Problemen: Professionelle Hilfe suchen. Bei Suizidgedanken: Sofort 112 oder nächste Psychiatrie kontaktieren.
Recovery-Sexualitäts-Serie: Das ist Teil 1 unserer neuen Serie „Sucht & Sexualität – Das verschwiegene Recovery-Thema“. Weitere Artikel findest du unter dem Tag #RecoverySexualitätSerie.
Gabriel teilt seine Recovery-Erfahrung seit 2024 als NeelixberliN online. 28 Jahre Erfahrung zu Sucht und Psyche, offen und unzensiert über alle Aspekte des Lebens nach der Sucht – auch die, über die sonst niemand spricht. │