Sexuelle Trauma und Sucht: Wenn der Körper Nein sagt, aber die Seele Ja will

Sexuelle Trauma und Sucht: Wenn der Körper Nein sagt, aber die Seele Ja will

Ein Artikel aus der Recovery-Sexualitäts-Serie von NeelixberliN

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Trigger-Warnung: Dieser Artikel behandelt sexuelle Gewalt, Trauma, Missbrauch und deren Auswirkungen auf Sexualität und Sucht. Wenn du aktuell in einer Krise bist: Nummer gegen Kummer 116 123 (kostenlos, 24/7).

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Nach 28 Jahren Recovery kann ich dir eins mit Sicherheit sagen: Die Verbindung zwischen sexuellem Trauma und Sucht ist so verdammt häufig, dass es mich immer noch ärgert, wie wenig darüber gesprochen wird.

Wir reden in Recovery über alles Mögliche – unsere Drogen, unsere Dealer, unsere Abstürze. Aber wenn es um sexuelle Gewalt geht? Plötzlich herrscht betretenes Schweigen. Als ob Trauma weniger „real“ wäre als eine Überdosis.

Heute brechen wir dieses Schweigen. Unzensiert, ehrlich und mit dem Respekt, den jeder Überlebende verdient. Du wirst verstehen, warum Trauma und Sucht sich so perfide ergänzen, wie Recovery aussehen kann, wenn der Körper erstmal Nein gelernt hat – und vor allem: Du bist nicht kaputt. Du bist überlebensstark.

Heute geht es um die schmerzhafteste Wahrheit der Recovery: Manchmal müssen wir nicht nur von Drogen clean werden, sondern auch von dem, was uns zu den Drogen gebracht hat.


🎯 Die harten Fakten: Sexuelles Trauma und Sucht

Realitätscheck aus wissenschaftlicher Forschung und 28 Jahren Recovery-Erfahrung:

81% der Frauen in Suchtbehandlung erlebten physische oder sexuelle Gewalt (US-Studien) 69% der Männer in Suchtbehandlung berichten von traumatischen Erfahrungen (US-Studien)
33-59% der Frauen in Suchtbehandlung leiden an PTSD (Najavits-Forschung) 12-34% aller Suchtkranken in Behandlung haben diagnostizierte PTSD (Najavits et al.) 77% der Trauma+Sucht-Patienten erlebten mindestens ein Trauma vor dem 16. Lebensjahr (Australische Studie)

Wissenschaftlich fundiert: 83% der LGBTQ+ Personen erlebten Adverse Childhood Experiences vs. 61% der Heterosexuellen (Vanderbilt University, 2022). LGBTQ+ Menschen haben 4x höheres Risiko für gewalttätige Übergriffe und bis zu 48% PTSD-Prävalenz vs. 4,7% in der Allgemeinbevölkerung.

Meine 28-Jahre-Erfahrung bestätigt: Diese Zahlen spiegeln wider, was ich täglich in Recovery-Communities sehe – Trauma und Sucht sind untrennbar verbunden, aber darüber wird kaum gesprochen.

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🧠 WISSENSCHAFT: WARUM TRAUMA UND SUCHT SIAMESISCHE ZWILLINGE SIND │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Die neurologischen Verbindungen sind erschreckend klar: │ │ │ │ • Hypervigilanz-System: Dauerstress überlastet │ │ das Nervensystem, Drogen als „Ausschaltknopf“ │ │ • Dissoziations-Mechanismus: Körper lernt sich │ │ „wegzubeamen“ – Substanzen verstärken diesen Effekt │ │ • Scham-Spirale: Trauma → Schuld → Betäubung → │ │ mehr Scham → mehr Betäubung = Suchtkreislauf │ │ • Intimität-Störung: Vertrauen zerstört → │ │ Isolation → Drogen als Ersatz für menschliche Nähe │ │ │ │ Kernaussage: Sucht ist oft ein Symptom, nicht die Krankheit │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘


🎭 Das große Schweigen: Warum Recovery-Communities bei Trauma versagen

Person bricht aus dunklem Schatten ins Licht, zerbrochene Ketten fallen, Schmetterlinge fliegen aus dem Mund - Trauma-Schweigen brechen in bunten Watercolor-Farben
Das Schweigen über sexuelles Trauma in Recovery-Communities brechen – der erste Schritt zur Heilung

Mythos 1: „In der Recovery sprechen wir über alles“

Bullshit. Ich war in unzähligen Meetings, und die Anzahl der Male, die jemand sexuelle Gewalt erwähnt hat? Ich kann sie an einer halben Hand abzählen.

Warum? Weil unsere Recovery-Communities genauso von Tabus geprägt sind wie der Rest der Gesellschaft. Wir schaffen es, stundenlang über unsere Dealer zu labern, aber wenn jemand sagt „Ich wurde als Kind missbraucht“, wird es plötzlich still wie in einer Kirche.

Meine eigene Geschichte: Als ich in meiner Jugend von Männern missbraucht wurde, dachte ich jahrelang: „Bin ich jetzt schwul, weil mir das passiert ist? Oder denke ich das nur wegen des Traumas?“ Meine Eltern verteufelten Homosexualität, ich war völlig verwirrt über meine Identität. War ich hetero, weil das „richtig“ ist? Bi, weil ich mich nicht entscheiden konnte oder die Drogen das verursachten?

Drogen machten diese Fragen einfacher – unter Einfluss musste ich nicht entscheiden, wer ich bin. Ich konnte alles verdrängen: die Verwirrung, die Scham, die Angst vor der eigenen Sexualität.

Und dann kam noch das Thema „Sex gegen Stoff“: Ich kann nicht zählen, wie oft ich als Jugendlicher mit Barbesitzern oder gut betuchten geschlafen habe, weil ich dann kostenlos trinken und Drogen konsumieren konnte. Wie lange ich mich von Chefs nach dem Abfüllen sexuell belästigen ließ, weil ich Angst hatte, meinen Job zu verlieren und meinen Konsum nicht mehr finanzieren zu können. Oder einfach mit einer Frau schlief, weil die eben genug Stoff da hatte.

Unter Drogen war das alles „okay“ – in der Recovery wurde es zur Qual. Plötzlich musste ich verstehen: Was war Überlebensstrategie, was war Missbrauch, was war meine echte Sexualität? Diese Unterscheidung zu treffen, ohne chemische Betäubung – das war eine der härtesten Aufgaben meiner Recovery.

Heute weiß ich: Das Trauma hatte NICHTS mit meiner sexuellen Identität zu tun. Ich liebe Menschen – attraktive Charaktere, egal welchen Geschlechts. Ich wäre auch ohne diese Erfahrungen derselbe Mensch. Aber es war ein verdammt langer Weg, das ohne Drogen zu verstehen und auszuleben.

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📊 REALITÄT: TRAUMA IN RECOVERY-COMMUNITIES │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Warum das Schweigen so hartnäckig ist: │ │ │ │ • Überlebens-Scham: Viele glauben, sie seien „schuld“ │ │ • Re-Traumatisierung-Angst: Gespräche können │ │ Flashbacks auslösen ohne professionelle Begleitung │ │ • Victim-Blaming in Communities: „Du ziehst das │ │ an“ oder „Das war damals, jetzt ist Recovery“ │ │ • Sponsor-Überforderung: Ehrenamtliche können │ │ Trauma nicht professionell begleiten │ │ │ │ Resultat: Trauma wird zum „dirty little secret“ der Recovery │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Mythos 2: „Trauma ist Vergangenheit – jetzt ist Recovery“

Noch größerer Bullshit. Trauma lebt im Körper. Es ist nicht „vorbei“, nur weil wir clean sind. Ganz im Gegenteil: Ohne die Betäubung durch Drogen kommt alles wieder hoch.

Ich kann nicht zählen, wie oft ich gehört habe: „Du musst loslassen“, „Das war damals“, „Jetzt bist du clean, jetzt ist alles gut.“ Als ob Trauma eine Erkältung wäre, die nach zwei Wochen verschwindet.

Transparente menschliche Silhouette mit dunklen Trauma-Knoten im Körper, umgeben von heilenden Goldstrahlen und grünen Energieströmen in Watercolor
Trauma wird im Körper gespeichert – Heilung braucht mehr als nur „clean werden

Mythos 3: „Sexuelle Heilung kommt automatisch mit der Nüchternheit“

Der gefährlichste Mythos von allen. Viele denken, sobald sie clean sind, wird auch ihre Sexualität automatisch „normal“.

Reality Check: Mein Körper brauchte JAHRE, um zu verstehen, dass Sex auch ohne Gewalt möglich ist. Dass Berührung nicht automatisch Gefahr bedeutet. Dass „Nein“ respektiert wird.


🔬 Was ist trauma-informierte Sexualität?

Trauma-informierte Sexualität bedeutet: Sex mit dem Wissen, dass dein Körper vielleicht andere Erfahrungen gemacht hat als dein Kopf will.

Es heißt nicht, dass du für immer „kaputt“ bist. Es heißt, dass du lernst, deinem Körper wieder zu vertrauen – und dass dein Körper lernt, dir wieder zu vertrauen.

Zwei Hände berühren sich vorsichtig - durchscheinende Geist-Hand und feste Körper-Hand mit Lichtfunken zwischen ihnen in sanften Watercolor-Tönen
Vertrauen zwischen Körper und Geist nach Trauma wieder aufbauen

Andere Namen und Begriffe

  • Trauma-sensitive Intimität (Ansatz für Beziehungen)
  • Somatisches Erleben (Körper-basierte Trauma-Heilung)
  • Verkörperte Sexualität (Body-awareness in der Sexualität)
  • Consent-basierte Intimität (Einverständnis als Grundlage)
  • Mindful Sex (Achtsame Sexualität)

💊 Wie verschiedene Traumata die Sexualität beeinflussen

Abstrakte Formen repräsentieren verschiedene Trauma-Typen - Strudel, gezackte Formen, neblige Bereiche unter regenbogenfarbenem Heilungsschirm
Verschiedene Trauma-Typen haben unterschiedliche Auswirkungen auf Sexualität und Recovery

Sex-gegen-Stoff: Das verschwiegene Überlebensmuster

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏷️ TRANSAKTIONALER SEX IN DER SUCHT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während aktiver Sucht: │ │ │ │ • Überlebensstrategie: Sex gegen Drogen, Alkohol, │ │ kostenloses Trinken, sichere Schlafplätze │ │ • Macht-Missbrauch: Chefs, Dealer, Barbesitzer │ │ nutzen Abhängigkeit für sexuelle Gefälligkeiten aus │ │ • Normalisierung: „Das ist halt der Preis“ – │ │ Grenzverletzungen werden zu Routine │ │ • Geschlechts-unspezifisch: Egal ob Mann/Frau – │ │ wer Stoff hat, bestimmt die Regeln │ │ • Betäubte Wahrnehmung: Unter Einfluss fühlt sich │ │ Ausbeutung „weniger schlimm“ an │ │ │ │ In Recovery/Reflexionsphase: │ │ • Schock über das Ausmaß der eigenen Ausbeutung │ │ • Scham: „Habe ich mich prostituiert oder überlebt?“ │ │ • Trauma-Verarbeitung: Was war Konsens, was Zwang? │ │ • Sexuelle Identität vs. Überlebensstrategie trennen │ │ • Oft jahrelange Therapie nötig für Integration │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Sexuelle Identität nach Missbrauch: Das verdrängte Dilemma

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏷️ SEXUELLE IDENTITÄTSKONFUSION NACH TRAUMA │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während aktiver Sucht: │ │ │ │ • Identitäts-Verwirrung: „Bin ich schwul/bi wegen │ │ des Missbrauchs oder war ich das schon immer?“ │ │ • Scham-Schichten: Trauma-Scham + gesellschaftliche │ │ Homo-/Biphobie = doppelte Belastung │ │ • Drogen als Identitäts-Flucht: Unter Einfluss │ │ keine Entscheidung über Sexualität nötig │ │ • Fake-Hetero-Performance: „Normale“ Beziehungen │ │ führen, um Trauma und Identität zu verstecken │ │ • Selbst-Sabotage: Beziehungen zerstören aus Angst │ │ vor echter Intimität und Offenlegung │ │ │ │ In Recovery/Heilungsphase: │ │ • Identitäts-Arbeit OHNE Betäubung ist schmerzhaft │ │ • Unterscheidung: Was ist Trauma, was echte Sexualität? │ │ • 3-7 Jahre für klare sexuelle Identität nach Trauma │ │ • LGBTQ+-affirmative Therapie oft lebensrettend │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Kindheitsmissbrauch und Sexualität

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏷️ KINDHEITSTRAUMA: DIE GESTOHLENE UNSCHULD │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während aktiver Sucht: │ │ │ │ • Disassoziation: Sex findet „nicht mit mir“ statt │ │ • Hypersexualität: Trauma-Wiederbelebung durch │ │ riskantes Verhalten als Bewältigungsmechanismus │ │ • Völlige Vermeidung: Körper ist „Sperrgebiet“ │ │ • Substanz-abhängiger Sex: Nur unter Einfluss │ │ möglich, sonst Panik und Flashbacks │ │ • Selbst-Punishment: Unbewusste Bestrafung für │ │ „Schuld“ am Trauma durch riskante Sexualität │ │ │ │ In Recovery/Heilungsphase: │ │ • Körper-Flashbacks beim ersten nüchternen Sex │ │ • Panikattacken bei bestimmten Berührungen │ │ • 2-5 Jahre für erste positive sexuelle Erfahrungen │ │ • Professionelle Trauma-Therapie meist unumgänglich │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Vergewaltigung und Recovery

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏷️ VERGEWALTIGUNG: WENN KONSENS ZERSTÖRT WURDE │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während aktiver Sucht: │ │ │ │ • Selbst-Punishment: „Ich verdiene es nicht besser“ │ │ • Kontroll-Verlust: Wiederholte gefährliche │ │ Situationen als unbewusste Trauma-Verarbeitung │ │ • Emotionale Taubheit: Sex als mechanischer Akt │ │ ohne Gefühle oder Verbindung │ │ • Scham-Spirale: Sucht verstärkt Trauma-Scham – │ │ „Ich verdiene es nicht besser“ │ │ • Reviktimisierung: Erhöhtes Risiko für weitere │ │ Übergriffe durch geschwächte Grenzen und Substanzkonsum │ │ │ │ In Recovery/Heilungsphase: │ │ • PTSD-Symptome verstärken sich ohne Betäubung │ │ • Trigger können Jahre später auftauchen │ │ • Consent-Lernen: Was will ICH wirklich? │ │ • Grenzen setzen wird zur Überlebensstrategie │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Emotionaler/psychischer Missbrauch

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏷️ EMOTIONALER MISSBRAUCH: DIE UNSICHTBAREN WUNDEN │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während aktiver Sucht: │ │ │ │ • Gaslighting-Effekte: „Bin ich verrückt oder │ │ stimmt meine Wahrnehmung?“ – Drogen bestätigen Zweifel │ │ • Codependenz: Sucht nach toxischen Beziehungen │ │ mit emotionalem Achterbahn-Charakter │ │ • Selbstwert-Zerstörung: „Ich bin nur was wert, │ │ wenn ich anderen gefalle“ – Sex als Validation │ │ • Manipulation-Akzeptanz: Normale Grenzen sind │ │ unbekannt, Übergriffe werden nicht erkannt │ │ • Performance-Druck: Sex muss „perfekt“ sein │ │ │ │ In Recovery/Heilungsphase: │ │ • Echte Gefühle vs. manipulierte Gefühle unterscheiden │ │ • Eigene Bedürfnisse überhaupt erstmal identifizieren │ │ • Gesunde Beziehungen wirken „langweilig“ │ │ • 1-3 Jahre um eigene Sexualität zu entdecken │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Medizinische Traumata und Körperliche Grenzverletzungen

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏷️ MEDIZINISCHE TRAUMATA: VERLORENES KÖRPERVERTRAUEN │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Während aktiver Sucht: │ │ │ │ • Körper-Entfremdung: „Das ist nicht mein Körper“ │ │ • Kontroll-Illusion: Drogen als einziger Weg, │ │ das Körpergefühl zu beeinflussen │ │ • Medizin-Trauma: Vermeidung aller Ärzte und │ │ Gesundheitsvorsorge, auch bei Suchtbehandlung │ │ • Berührungsangst: Auch liebevolle Berührung │ │ löst Panik und Körper-Flashbacks aus │ │ • Numbing-Verhalten: Körper komplett „abschalten“ │ │ │ │ In Recovery/Heilungsphase: │ │ • Körper-Wahrnehmung kehrt langsam zurück │ │ • Jede Berührung muss neu „gelernt“ werden │ │ • Somatische Therapie oft effektiver als Gesprächstherapie │ │ • Yoga, Massage, Tanz als Heilungs-Tools │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘


🧠 Medizinische und psychologische Hintergründe

Stilisiertes Gehirn in Watercolor mit farbcodierten Bereichen - rotes Stammhirn, oranges limbisches System, blaue Großhirnrinde, unterbrochene Verbindungen
Neurobiologie des Traumas: Wie traumatische Erfahrungen das Nervensystem umstrukturieren

Neurobiologie des Traumas: Warum der Körper „Nein“ sagt

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🔬 TRAUMA-NEUROBIOLOGIE │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Wie Trauma das Nervensystem umstrukturiert: │ │ │ │ • Amygdala-Hyperaktivität: │ │ – Dauerhafte Kampf-oder-Flucht-Bereitschaft │ │ – Normale Berührung wird als Bedrohung eingestuft │ │ – Sexuelle Annäherung löst sofort Alarm aus │ │ │ │ • Hippocampus-Störung: │ │ – Trauma wird nicht als „Vergangenheit“ abgespeichert │ │ – Flashbacks fühlen sich an wie „jetzt passiert es“ │ │ – Trigger reaktivieren komplette Trauma-Erfahrung │ │ │ │ • Präfrontaler Kortex offline: │ │ – Rationales Denken bei Trigger nicht möglich │ │ – „Ich weiß, dass ich sicher bin“ hilft nicht │ │ – Körper handelt, bevor Verstand eingreifen kann │ │ │ │ • Vagusnerv-Dysfunktion: │ │ – Freeze-Response: Körper „friert ein“ │ │ – Dissoziation als Überlebensmechanismus │ │ – Verlust der Körper-Bewusstheit │ │ │ │ Kernaussage: Trauma ist neurologische Realität, nicht „Schwäche“ │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Sucht als Trauma-Bewältigung: Der fatale Kreislauf

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🔬 SUCHT ALS TRAUMA-SELBSTMEDIKATION │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Warum Substanzen bei Trauma „funktionieren“: │ │ │ │ • Dopamin-System: │ │ – Trauma stört natürliche Belohnungssysteme │ │ – Drogen simulieren „Sicherheit“ und „Belohnung“ │ │ – Temporäre Flucht aus Hypervigilanz-Zustand │ │ │ │ • GABA-System: │ │ – Alkohol/Benzos dämpfen Angst-Response │ │ – Künstliche Entspannung bei permanent aktiviertem │ │ Stress-System │ │ – Körper vergisst, wie er alleine entspannen kann │ │ │ │ • Endorphin-System: │ │ – Opiate ersetzen körpereigene „Wohlfühl-Chemie“ │ │ – Bei Trauma oft gestört oder erschöpft │ │ – Sucht als Ersatz für natürliche Heilung │ │ │ │ • Dissoziations-Verstärkung: │ │ – Drogen verstärken natürliche Trauma-Response │ │ – „Wegbeamen“ wird zur erlernten Überlebensstrategie │ │ – Realität wird unerträglich ohne Substanzen │ │ │ │ Resultat: Sucht ist Symptom, nicht Hauptproblem │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Der Polyvagal-Theorie Ansatz: Autonomes Nervensystem verstehen

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🔬 POLYVAGAL-THEORIE UND SEXUALITÄT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Drei Zustände des autonomen Nervensystems: │ │ │ │ • Ventral-Vagal (Sicherheit): │ │ – Entspannt, verbunden, neugierig │ │ – Sexualität als Spiel und Intimität möglich │ │ – Konsens kann gespürt und kommuniziert werden │ │ – Ziel der Trauma-Heilung │ │ │ │ • Sympathisch (Kampf/Flucht): │ │ – Hypervigilanz, Anspannung, Panik │ │ – Sex als „Kampf“ oder panische Flucht │ │ – Körper bereit für Gefahr, nicht für Intimität │ │ – Häufigster Zustand bei unbehandeltem Trauma │ │ │ │ • Dorsal-Vagal (Erstarrung): │ │ – Shutdown, Dissoziation, „Totstell-Reflex“ │ │ – Sex „passiert mit jemand anderem“ │ │ – Körper physisch anwesend, Person mental abwesend │ │ – Gefährlichster Zustand für Re-Traumatisierung │ │ │ │ Heilung bedeutet: Lernen, im Sicherheits-Zustand zu bleiben │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Drei Bäume repräsentieren Nervensystem-Zustände - blühender grüner Baum, windgepeitschter orange Baum, kahler grauer Baum, verbunden durch Wurzeln
Polyvagal-Theorie: Die drei Zustände des autonomen Nervensystems und der Heilungsweg

⚡ Heilung ist möglich: Wie trauma-informierte Recovery funktioniert

Landschaft zeigt Heilungsweg - dunkler Wald, steiniger Pfad, Brücke über Fluss, blühende Wiese, Berge am Horizont, wandernde Figur in Watercolor
Die vier Phasen der trauma-informierten Recovery: Ein langer aber möglicher Weg

Phasen der trauma-informierten Recovery

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📅 PHASE 1: STABILISIERUNG (MONATE 1-12) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Körper-Sicherheit wiederherstellen: │ │ • Drogen/Alkohol weg = Trauma-Symptome kommen zurück │ │ • Panikattacken, Schlaflosigkeit, Hypervigilanz │ │ • Körper lernt: „Ich bin jetzt sicher“ │ │ • Noch KEIN Trauma-Processing, nur Stabilisierung │ │ │ │ Sexualität in dieser Phase: │ │ • Oft komplette Vermeidung oder extreme Hypersexualität │ │ • Masturbation kann triggern oder heilen │ │ • Beziehungen sind meist chaotisch oder vermieden │ │ • Solo-Arbeit am eigenen Körper im Vordergrund │ │ │ │ Empfohlenes Vorgehen: │ │ • Trauma-informierte Suchttherapie finden │ │ • Somatische Praktiken: Yoga, Atemarbeit, Tanz │ │ • Sexualität NICHT forcieren – Druck verstärkt Trauma │ │ • Sichere Menschen identifizieren und Grenzen lernen │ │ • Bei Suizidgedanken/Selbstverletzung: Sofort Hilfe │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📅 PHASE 2: TRAUMA-PROCESSING (JAHR 1-3) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Trauma-Arbeit mit Profis: │ │ • EMDR, Somatic Experiencing, Trauma-Therapie │ │ • Memories kommen hoch – Rückfall-Risiko steigt │ │ • Intensive emotionale Achterbahn-Fahrten │ │ • Körper-Flashbacks und re-experiencing │ │ │ │ Sexualität in dieser Phase: │ │ • Trigger werden identifiziert und verstanden │ │ • Erste Versuche der „bewussten“ Sexualität │ │ • Kommunikation über Trauma mit Partnern │ │ • Oft Wechsel zwischen Vermeidung und Exploration │ │ │ │ Empfohlenes Vorgehen: │ │ • NUR mit trauma-spezialisierten Therapeuten arbeiten │ │ • Partner über Heilungsprozess informieren │ │ • Consent-Praktiken lernen und üben │ │ • Körperarbeit: Massagen, Craniosacral-Therapie │ │ • Rückfall-Plan für schwierige Trauma-Tage erstellen │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📅 PHASE 3: INTEGRATION (JAHR 2-5) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Neue Narrative entwickeln: │ │ • Von „Opfer“ zu „Überlebende“ zu „Thriverin“ │ │ • Trauma gehört zur Geschichte, definiert aber nicht │ │ die komplette Identität │ │ • Trigger werden handhabbar, verschwinden aber nie ganz │ │ • Post-traumatisches Wachstum wird spürbar │ │ │ │ Sexualität in dieser Phase: │ │ • Erste wirklich positive sexuelle Erfahrungen │ │ • Körper wird zum Verbündeten statt zum Feind │ │ • Intimität ohne Disassoziation wird möglich │ │ • Sexuelle Wünsche und Grenzen werden klar │ │ │ │ Empfohlenes Vorgehen: │ │ • Sexuelle Exploration in eigenem Tempo │ │ • Trauma-informierte Partner oder Partner-Aufklärung │ │ • Sexpositiv-feministische Therapie für gesunde Sexualität │ │ • Community-Arbeit: Anderen helfen stabilisiert eigene Heilung │ │ • Körperliche Intimität als Kraftquelle entdecken │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 📅 PHASE 4: THRIVING – POST-TRAUMATISCHES WACHSTUM (5+ JAHRE) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Trauma als Superkraft: │ │ • Empathie und Intuition sind überdurchschnittlich entwickelt │ │ • Körperbewusstsein ist feiner als bei „Normal-Menschen“ │ │ • Resilienz und Überlebensstärke sind außergewöhnlich │ │ • Fähigkeit zu tiefer Intimität durch Verletzlichkeits-Erfahrung │ │ │ │ Sexualität in dieser Phase: │ │ • Sex als spirituelle und emotionale Verbindung │ │ • Körper wird zum Tempel statt zur Kampfzone │ │ • Sexuelle Kommunikation auf Expert-Level │ │ • Trauma-informierte Sexualität wird zur „Superkraft“ │ │ • Fähigkeit, andere bei ihrer sexuellen Heilung zu begleiten │ │ │ │ Das neue Normal: │ │ • Trigger gibt es noch, aber sie werden zu Information │ │ • Sexualität ist integriert in ein ganzheitliches Leben │ │ • Intimität geht tiefer als je bei „untraumatisierten“ Menschen │ │ • Advocacy und Aufklärungsarbeit für andere Überlebende │ │ • Recovery wird zu einem Geschenk, nicht nur zu einem Überleben │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘


⚠️ Risiken und Nebenwirkungen: Was schief gehen kann

Person mit Kompass navigiert durch gefährliche Landschaften - Sümpfe, Stürme, Klippen mit Leuchttürmen und sicheren Pfaden in Watercolor
Risiken in der Trauma-Recovery navigieren – professionelle Hilfe als Leuchtturm

Re-Traumatisierung durch ungeeignete Therapie

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏥 IATROGENIC TRAUMA (THERAPIE-SCHÄDEN) │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Standard-Suchttherapie ohne Trauma-Kompetenz: │ │ • „Konfrontation“ als Therapie-Methode löst Flashbacks aus │ │ • Gruppensessions ohne Safety-Protokolle │ │ • „Du musst darüber reden“ – Zwang zur Offenlegung │ │ • Victim-Blaming: „Was war dein Anteil an der Situation?“ │ │ │ │ Ungeeignete Sexualtherapie: │ │ • „Exposition“ – Zwang zu sexuellen Situationen │ │ • „Normale Sexualität“ als Ziel ohne Trauma-Verständnis │ │ • Partner-Übungen ohne Sicherheits-Stopp-Mechanismen │ │ • Minimierung: „Das war doch schon so lange her“ │ │ │ │ Präventionsmaßnahmen: │ │ • NUR trauma-informierte Therapeuten – Zertifikate prüfen │ │ • Recht auf langsames Tempo immer einfordern │ │ • Bei Unbehagen: Session sofort stoppen │ │ • Zweitmeinung bei zweifelhaften Therapie-Ansätzen │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Rückfall-Triggers durch sexuelle Situationen

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏥 SEXUAL TRIGGERS UND RÜCKFALL-RISIKO │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Hochrisiko-Situationen: │ │ • Ungeschützter Sex löst Scham-Spirale aus │ │ • Grenzverletzungen reaktivieren alte Hilflosigkeit │ │ • Performance-Angst führt zu „chemischer Lösung“ │ │ • Intimität-Angst wird mit Substanzen betäubt │ │ │ │ Besonders gefährlich: │ │ • Dating-Apps: Oberflächliche Sexualität triggert │ │ • Alkohol + Sex: Klassische Rückfall-Kombination │ │ • One-Night-Stands: Können Re-Traumatisierung auslösen │ │ • Pornografie: Kann dissoziative Zustände verstärken │ │ │ │ Notfall-Strategien: │ │ • Sex-Stopp bei akuter Rückfall-Gefahr │ │ • Notfall-Kontakte für Krisen-Situationen │ │ • Körper-Grounding-Techniken immer parat haben │ │ • Niemals alleine durch Sexual-Trigger navigieren │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Selbstverletzung und gefährliche Coping-Mechanismen

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏥 SELBSTVERLETZUNG ALS ERSATZ-SUCHT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Warum Selbstverletzung bei Trauma-Recovery zunimmt: │ │ • Körper-Kontrolle nach Kontrollverlust-Erfahrung │ │ • Endorphin-Ausschüttung ersetzt Drogen-High │ │ • Dissoziations-Unterbrechung: „Ich spüre wieder was“ │ │ • Selbst-Bestrafung für „Schuld“ am Trauma │ │ │ │ Sexualisierte Selbstverletzung: │ │ • Riskanter Sex als Slow-Motion-Selbstmord │ │ • Genitale Selbstverletzung bei Scham über Sexualität │ │ • Prostitution als Form der Selbst-Bestrafung │ │ • Anal-/Oral-Verletzungen bei Ekel vor eigenem Körper │ │ │ │ Sofort-Hilfe bei Selbstverletzungs-Impulsen: │ │ • Eiswürfel, scharfes Essen, kalte Dusche statt Schmerz │ │ • 24/7 Telefon-Support aktivieren │ │ • Körper-Grounding: 5-4-3-2-1 Technik │ │ • Bei akuter Gefahr: 112 oder nächste Psychiatrie │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Zwei Pfade - dunkler zerstörerischer mit Dornen und leuchtender heilender mit Blumen und Selbstumarmung, Person wählt Heilungsweg
Selbstfürsorge statt Selbstverletzung: Die bewusste Wahl für Heilung

🛡️ Safer Use: Trauma-informierte Sexualität sicher praktizieren

Goldener Kompass zeigt auf "Sicherheit", umgeben von Konsens-Händen, Herz mit Schutzschild, Sanduhr und Sprechblasen vor sicherem Hafen
Trauma-informierte Sexualität: Der Sicherheitskompass für bewusste Intimität

Grundprinzipien trauma-informierter Sexualität

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🏆 GOLDENE REGELN FÜR TRAUMA-INFORMIERTE SEXUALITÄT │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ 1. Safety First – Immer: │ │ • Körperliche UND emotionale Sicherheit müssen gegeben sein │ │ • Bei ersten Anzeichen von Trigger: STOPP │ │ • Niemals Sex under pressure – auch nicht eigenen Druck │ │ • Partner muss Trauma-Realität verstehen und respektieren │ │ │ │ 2. Consent ist nicht verhandelbar: │ │ • Enthusiastic Consent – nicht nur „okay“ │ │ • Consent kann jederzeit zurückgezogen werden │ │ • Non-verbale Signale sind wichtiger als Worte │ │ • Freeze-Response ist ein NEIN, auch ohne Worte │ │ │ │ 3. Kommunikation vor, während, nach dem Sex: │ │ • Trigger und No-Gos vorher besprechen │ │ • Check-ins während dem Sex: „Wie geht es dir?“ │ │ • Aftercare: Emotionale Nachsorge ist Pflicht │ │ • Über Flashbacks/Dissoziationen sprechen können │ │ │ │ 4. Körper-Bewusstsein entwickeln: │ │ • Körper-Sensationen wahrnehmen und ernst nehmen │ │ • Unterschied zwischen Angst und Erregung lernen │ │ • Dissoziation erkennen und unterbrechen │ │ • Eigene Bedürfnisse identifizieren und artikulieren │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Praktische Safer-Use-Strategien

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🎯 HARM-REDUCTION FÜR TRAUMA-BETROFFENE │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Vorbereitung und Setting: │ │ • Sicherer Ort: Vertraute Umgebung, Rückzugsmöglichkeit │ │ • Vertrauens-Person: Partner kennt Trauma-Geschichte │ │ • Zeit und Ruhe: Niemals unter Zeitdruck │ │ • Nüchternheit: Alkohol/Drogen verstärken Dissoziation │ │ │ │ Während dem Sex – Monitoring: │ │ • Grounding-Techniken: Füße am Boden spüren │ │ • Atem-Bewusstheit: Bei flacher Atmung pausieren │ │ • Augen offen: Realität vs. Flashback unterscheiden │ │ • Stopp-Worte vereinbaren: „Pause“, „langsam“, „stop“ │ │ │ │ Nach dem Sex – Aftercare: │ │ • Körper-Check: Wie fühlt sich der Körper an? │ │ • Emotional Check-in: Gefühle benennen und validieren │ │ • Grounding bei Dissoziation: 5-4-3-2-1 Technik │ │ • Professionelle Hilfe bei Flashbacks/Krisen │ │ │ │ Notfall-Strategien: │ │ • Flashback-Plan: Konkrete Schritte bei Re-Experiencing │ │ • Krisen-Kontakte: Therapeut, Vertrauensperson, Hotline │ │ • Selbstfürsorge-Kit: Decke, Tee, beruhigende Musik │ │ • 24h-Regel: Nach schwierigen Erfahrungen nicht allein lassen │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘

Spezielle Techniken für verschiedene Trauma-Typen

┌─────────────────────────────────────────────────────────┐ │ 🎯 TRAUMA-SPEZIFISCHE SAFER-SEX STRATEGIEN │ ├─────────────────────────────────────────────────────────┤ │ Bei Vergewaltigung/Sexuellem Missbrauch: │ │ • Positions-Kontrolle: Überlebende bestimmt Position │ │ • Gesicht sichtbar: Partner-Gesicht immer im Blickfeld │ │ • Licht an: Dunkelheit kann Flashbacks triggern │ │ • Langsame Berührung: Körper Zeit geben zu reagieren │ │ │ │ Bei Kindheitsmissbrauch: │ │ • Erwachsenen-Sex vs. Kind-Erinnerung unterscheiden │ │ • Größe/Kraft-Unterschiede thematisieren │ │ • Macht-Dynamiken bewusst ausgleichen │ │ • Inner Child-Work: „Du bist jetzt erwachsen und sicher“ │ │ │ │ Bei emotionalem Missbrauch: │ │ • Manipulation vs. echte Zuneigung unterscheiden lernen │ │ • Eigene Wünsche vs. Partner-Erwartungen klären │ │ • Gaslighting-Patterns in Sexualität erkennen │ │ • Selbstbestimmung und eigene Lust wieder entdecken │ │ │ │ Bei medizinischen Traumata: │ │ • Körper-Autonomie: Selbst bestimmen was passiert │ │ • Medizinische Positionen vermeiden (Gynäkologie-Stuhl-ähnlich) │ │ • Sterile/klinische Atmosphäre vermeiden │ │ • Körper als Lustquelle vs. Schmerzquelle neu erleben │ └─────────────────────────────────────────────────────────┘


📜 Rechtslage und gesellschaftliche Einordnung

Legal Framework: Consent und Trauma

Rechtliche Realität: In Deutschland ist Consent-Unfähigkeit durch Dissoziation oder Freeze-Response rechtlich noch nicht ausreichend anerkannt. Das „Nein heißt Nein“-Gesetz ist ein Fortschritt, aber Trauma-Response wird oft nicht verstanden.

Problematisch: Viele Gerichte verstehen nicht, dass Trauma-Betroffene während Übergriffen „einfrieren“ können und physisch nicht widerstandsfähig sind. Das wird oft als „Einverständnis“ fehlinterpretiert.

Gesellschaftliche Herausforderungen

Doppel-Stigma: Als Suchtkranke UND als Trauma-Überlebende werden wir doppelt stigmatisiert. „Selbst schuld“ wegen der Sucht + „Selbst schuld“ wegen des Traumas = gesellschaftliche Isolation.

Recovery-Community-Probleme: Auch in unseren eigenen Communities gibt es Victim-Blaming. „Du ziehst das an“, „Lass los“, „Das ist Vergangenheit“ – alles Sätze, die ich in Meetings gehört habe.

Therapie-Mangel: Trauma-informierte Suchttherapie ist Mangelware. Die meisten Therapeuten können entweder Sucht ODER Trauma, aber nicht beides gleichzeitig.


🎬 NeelixberliN Fazit

Nach 28 Jahren Recovery kann ich dir eins versichern: Trauma-Heilung ist nicht optional für echte Recovery – es ist der Schlüssel zu einem Leben, das wirklich lebenswert ist.

Ich hab jahrelang gedacht, ich bin „kaputt“ weil mein Körper anders auf Sexualität reagiert hat als „normale“ Menschen. Weil ich dissoziiert bin, wenn mich jemand berührt hat. Weil ich Panikattacken bekommen hab bei Intimität.

Heute weiß ich: Mein Körper war nicht kaputt. Mein Körper war klug. Er hat mich vor dem geschützt, was er als Gefahr eingestuft hat – basierend auf real erlebten Gefahren.

Meine wichtigsten Erkenntnisse aus 28 Jahren:

  1. Trauma ist nicht deine Schwäche – es ist der Beweis deiner Überlebensstärke. Jeder Trigger, jede Panikattacke, jede Dissoziation war ein Schutzmechanismus, der einmal dein Leben gerettet hat.
  2. Recovery ohne Trauma-Arbeit ist wie ein Haus auf morschem Fundament bauen. Du kannst oberflächlich „funktionieren“, aber bei der ersten Belastung stürzt alles ein.
  3. Dein Körper ist nicht dein Feind. Er braucht nur Zeit zu verstehen, dass die Gefahr vorbei ist. Und diese Zeit darfst du dir nehmen – so lange du brauchst.
  4. Trauma-informierte Sexualität ist nicht „weniger“ Sex – es ist intensiverer, echter, verbundenerer Sex. Wenn du lernst, in deinem Körper zu sein statt davor zu fliehen, wird Intimität zu einer spirituellen Erfahrung.
  5. Du bist nicht allein. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in deiner Recovery-Gruppe ähnliche Erfahrungen gemacht hat, liegt bei fast 100%. Wir reden nur nicht darüber – noch nicht.

Was mich am meisten ärgert: Dass unsere Recovery-Communities so tun, als wäre Trauma ein „privates Problem“ statt ein systemisches. Als ob sexuelle Gewalt nichts mit Patriarchat zu tun hätte. Als ob wir individuell „heilen“ könnten, während die Strukturen, die uns traumatisiert haben, unverändert bleiben.

Mein Rat: Finde eine trauma-informierte Therapeutin. Punkt. Nicht irgendwann, nicht „wenn ich soweit bin“, nicht „wenn ich mehr Geld habe“. JETZT. Deine Heilung kann nicht warten, bis die Welt bereit dafür ist.

Und hör auf, dich für deine Trigger zu schämen. Jeder Flashback ist dein Nervensystem, das sagt: „Ich passe auf dich auf.“ Danke ihm dafür, und lehre es sanft, dass die Gefahr vorbei ist.

Recovery heißt nicht, „über das Trauma hinwegzukommen“. Recovery heißt, das Trauma zu integrieren und trotzdem – oder gerade deswegen – ein Leben voller Intimität, Lust und Verbindung zu führen.

Du verdienst Sex, der dich in deinen Körper zurückbringt, nicht aus ihm heraus treibt.


🆘 Hilfe und Anlaufstellen

Spezialisierte Therapeuten

  • TRAUMA-ZENTRUM MÜNCHEN: www.trauma-zentrum-muenchen.de (EMDR + Somatic Experiencing)
  • ZENTRUM FÜR TRAUMATHERAPIE BERLIN: www.zft-berlin.de (Speziell Missbrauch + Sucht)
  • WENDEPUNKT E.V.: www.wendepunkt-ev.de (Sexuelle Gewalt + Trauma-Therapie)
  • SOMATIC EXPERIENCING THERAPEUTEN: www.somatic-experiencing.de (Körper-basierte Trauma-Arbeit)

Selbsthilfe und Support

  • WILDWASSER E.V.: Für Überlebende sexueller Gewalt (auch Männer)
  • PHOENIX E.V.: Selbsthilfe für Missbrauchsüberlebende
  • TRAUMA-RECOVERY-GRUPPEN: Online und offline verfügbar
  • TAMAR BERATUNGSSTELLE: Für Frauen und Mädchen nach sexueller Gewalt

Medizinische Hilfe

  • Trauma-Psychiatrie: Bei schweren PTSD-Symptomen, Selbstverletzung
  • Sexualmedizin: Bei körperlichen Trauma-Folgen (Vaginismus, Erektionsstörungen)
  • Gynäkologie/Urologie trauma-informiert: Für körperliche Untersuchungen

Krisen-Hilfe

  • Nummer gegen Kummer: 116 123 (kostenlos, 24/7)
  • Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (kostenlos, 24/7)
  • Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016
  • Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0800 123 9900
  • Bei akuter Selbstverletzungs-/Suizidgefahr: 112 oder nächste Psychiatrie

🤔 Häufige Fragen (FAQ)

„Kann ich jemals wieder normalen Sex haben nach sexuellem Trauma?“

„Normal“ ist das falsche Wort. Du kannst sex haben, der sich gut anfühlt, der verbunden ist, der dich in deinen Körper bringt statt aus ihm heraus. Das ist besser als „normal“ – das ist heilend. Es dauert nur länger und braucht mehr Bewusstsein.

„War das Prostitution oder Überleben? Ich bin verwirrt über meine Sex-gegen-Stoff-Erfahrungen.“

Das ist eine der schmerzhaftesten Fragen in der Recovery. Du hast überlebt. Punkt. Transaktionaler Sex unter Sucht ist ein Überlebensmechanismus, keine freie Entscheidung. Die Scham darüber gehört zu den Tätern, nicht zu dir. Du warst in einer existenziellen Notlage und hast getan, was nötig war, um zu überleben. Lass dir das von niemandem kleinreden.

„Ich bin verwirrt über meine Sexualität nach dem Missbrauch. Wer bin ich wirklich?“

Das ist eine der schmerzhaftesten und häufigsten Fragen nach sexuellem Trauma – und eine, die fast nie gestellt wird. Trauma verändert NICHT deine sexuelle Identität, aber es kann sie jahrelang verschleiern.

Aus meiner Erfahrung: Es dauerte Jahre zu verstehen, dass meine sexuelle Orientierung nichts mit dem Missbrauch zu tun hatte. Ich war schon immer der, der ich bin – das Trauma hat nur den Weg zu mir selbst versperrt. LGBTQ+-affirmative Trauma-Therapie kann hier lebensrettend sein.

„Mein Partner versteht meine Trigger nicht und wird ungeduldig. Was soll ich tun?“

Partner-Education ist nicht optional bei Trauma-Recovery. Entweder dein Partner lernt Trauma-Realität zu verstehen, oder er ist nicht der richtige Partner für deine Heilung. Du bist nicht verantwortlich dafür, jemanden zu „überzeugen“, dass deine Trigger real sind.

„Ich dissoziiere beim Sex, aber mein Körper reagiert trotzdem. Bin ich verrückt?“

Überhaupt nicht. Körperliche Erregung ist ein autonomer Reflex, der nichts mit emotionalem Einverständnis zu tun hat. Das ist Biologie, nicht Psychologie. Dissoziation ist ein Schutzmechanismus – dein Körper ist klug, nicht verrückt.

„Wie unterscheide ich zwischen Trauma-Reaktionen und echter sexueller Orientierung?“

Das ist complex und braucht Zeit. Frag dich: Welche Gefühle/Attraktionen hatte ich schon als sehr kleines Kind, VOR jedem Trauma? Welche Menschen ziehen mich an, wenn ich entspannt und sicher bin? Trauma schafft keine sexuelle Orientierung, aber es kann sie verdecken oder verwirren. LGBTQ+-affirmative Therapie hilft hier enorm.

„Sollte ich meinem neuen Partner von meinem Trauma erzählen?“

Das entscheidest nur du. Du schuldest niemandem deine Trauma-Geschichte. ABER: Wenn ihr sexuell aktiv werden wollt, muss er verstehen, dass du spezielle Bedürfnisse hast. Du kannst Grenzen kommunizieren ohne Details zu erzählen.

„Meine Familie/Community ist homophob – wie kann ich nach Trauma authentisch leben?“

Das ist eine doppelte Trauma-Belastung: Missbrauch + gesellschaftliche Ablehnung. Manchmal musst du dir deine eigene Familie aufbauen – eine chosen family, die dich liebt, wie du bist. Recovery-Communities sollten safe spaces sein, sind es aber oft nicht. Such dir LGBTQ+-friendly Meeting oder Therapiegruppen.

„Ich hatte als Kind Missbrauch und bin jetzt hypersexuell. Ist das normal?“

Hypersexualität ist ein häufiger Bewältigungsmechanismus nach Kindheitsmissbrauch. Du versuchst unbewusst, Kontrolle zurückzugewinnen oder das Trauma zu „überschreiben“. Das ist verständlich, aber ohne Trauma-Arbeit meist re-traumatisierend.

„Kann Masturbation triggern? Und ist das schlimm?“

Ja, kann es. Besonders wenn Selbstbefriedigung Teil des Missbrauchs war oder wenn du dabei dissoziierst. Es ist nicht „schlimm“, aber es zeigt, dass du Körper-Arbeit brauchst. Trauma-informierte Selbst-Intimität ist möglich und heilend.


🚨 Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine professionelle Trauma-Therapie. Bei akuten Trauma-Symptomen, Selbstverletzungs- oder Suizidgedanken: Professionelle Hilfe suchen. Bei Suizidgedanken: Sofort 112 oder nächste Psychiatrie kontaktieren.

Recovery-Sexualitäts-Serie: Das ist Teil 4 unserer Serie „Sexualität und Sucht: Was Recovery-Communities verschweigen“. Weitere Artikel findest du unter im Bereich Sexualität und Sucht.


📚 Quellen und weiterführende Literatur

Wissenschaftliche Studien

  1. Najavits, L.M. (Multiple Studien): PTSD-Prävalenz in Suchtbehandlung: 12-34% gesamt, 33-59% bei Frauen
  2. Mills, K.L. et al. (Australien): Childhood trauma among individuals with co-morbid SUD and PTSD – 77% Kindheitstrauma
  3. PTSD: National Center for PTSD (VA): LGBTQ+ individuals 4x higher risk violent assault, up to 48% PTSD prevalence vs. 4.7% general population
  4. PMC Systematic Review (2023): Meta-analysis confirming increased PTSD risk among LGBTQ+ people vs. matched controls
  5. Vanderbilt University (2022): 83% of LGBQ individuals experienced adverse childhood experiences vs. 61% heterosexual
  6. Covington, S.S. (2007): Women and addiction: A gender-responsive approach – Geschlechtsspezifische Trauma-Unterschiede
  7. Brunner, F. et al. (2021): German Health and Sexuality Survey (GeSiD) – Sexual assault and depression in German adults
  8. National Child Traumatic Stress Network (2021): LGBTQ+ youth trauma intersection research
  9. LGBTQ Trauma Research (2025): Up to 85% of lesbian/bisexual women and 54% of gay/bisexual men experienced sexual assault

Offizielle Statistiken

  1. Bundeskriminalamt Deutschland (2024): Rape and sexual assault statistics Germany
  2. Eurostat (2022): Rate of reported sexual violence in Europe
  3. German Health Survey Data (GeSiD, 2021): Representative data on sexual trauma prevalence
  4. Ärzteblatt Deutschland (2008): Gender, Trauma, Sucht – Klinische Realität in deutschen Behandlungszentren

Internationale Referenzen

  1. Women’s Recovery Resources (2021): 8 out of 10 women in addiction treatment have trauma history
  2. PTSD: National Center for PTSD (VA) (2022): Co-occurring PTSD and SUD treatment data
  3. BMC Public Health (2025): Sexual assault, depression, and substance use mediation analysis
  4. Independent Commissioner for Child Sexual Abuse, Germany: Every 7th-8th adult experienced childhood sexual violence

Klinische Erfahrung

  • 28 Jahre persönliche Recovery-Erfahrung (NeelixberliN): Beobachtungen aus hunderten Recovery-Meetings
  • Klinische Beobachtungen aus deutschen Suchtbehandlungszentren: Trauma-Schweigen in Recovery-Communities
  • Community-Feedback: Rückmeldungen von Recovery-Community zu Tabu-Themen

Methodische Anmerkung

Statistiken variieren je nach Studiendesign, Population und Definition von „Trauma“. Deutsche Daten sind begrenzt – viele Zahlen stammen aus US-amerikanischen und internationalen Studien. Die Dunkelziffer ist bei Trauma+Sucht extrem hoch, da viele Betroffene ihre Erfahrungen nie offenlegen.


Gabriel teilt seine Recovery-Erfahrung seit 2024 als NeelixberliN online. 28 Jahre Suchterfahrung, offen und unzensiert über alle Aspekte des Lebens nach der Sucht – auch die, über die sonst niemand spricht.

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Über Gabriel Maetz

NeelixberliN teilt hier seine persönliche und ungefilterte Erfahrung auf dem Weg aus der Sucht. Nach Jahren der Abhängigkeit, unter anderem von Polamidon, kämpft er sich Tag für Tag zurück ins Leben. Dieser Blog ist sein persönliches Logbuch, eine Hilfe für sich selbst und hoffentlich auch eine stütze für andere, die einen ähnlichen Kampf führen.

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