Sportsucht: Wenn der gesunde Kick zur zerstörerischen Droge wird

Sportsucht: Wenn der gesunde Kick zur zerstörerischen Droge wird


Hey Du,

Sport ist gesund, hält fit und macht den Kopf frei – das haben wir alle gelernt. Aber was passiert, wenn die Freude an der Bewegung in einen zwanghaften Drang umschlägt? Wenn du trotz Verletzungen trainierst, Panik bekommst, wenn du einen Tag aussetzen musst, und dein ganzes Leben sich nur noch um das nächste Workout dreht?

Dann reden wir über Sportsucht. Eine reale Verhaltenssucht, die dich körperlich und seelisch kaputt machen kann.

Was ist Sportsucht? Wenn Bewegung zum Zwang wird 🏃‍♂️

Sportsucht bedeutet, exzessiv und unkontrolliert zu trainieren, obwohl es dir schadet. Es geht nicht mehr um Spaß oder Gesundheit, sondern um einen inneren Zwang.

Man unterscheidet zwei Formen:

  • Primäre Sportsucht: Du bist süchtig nach dem Gefühl des Sports selbst, dem „Kick“.
  • Sekundäre Sportsucht: Der Sport ist nur ein Werkzeug, um ein anderes Ziel zu erreichen – meistens Gewichtsverlust (oft in Verbindung mit einer Essstörung).

Eine stilisierte Grafik einer Person, die auf einem Laufband läuft. Das Laufband ist aber ein Hamsterrad, aus dem die Person nicht entkommen kann. Symbolisiert den zwanghaften, endlosen Charakter der Sucht.  "Sportsucht als Zwang", "zwanghaftes Training", "Verhaltenssucht"

Das Gehirn auf „Runner’s High“: Dein körpereigener Drogen-Cocktail 🧠

Warum fühlt sich Sport so gut an, dass man süchtig werden kann? Weil dein Körper bei intensiver Belastung seine eigenen Drogen produziert:

  • Endorphine: Das sind körpereigene Opioide. Sie wirken schmerzlindernd und erzeugen ein Gefühl des Wohlbefindens.
  • Endocannabinoide: Das ist körpereigenes Cannabis. Substanzen wie Anandamid können die Blut-Hirn-Schranke überwinden und sorgen für das euphorische, angstlösende Gefühl des „Runner’s High“.

Dein Gehirn lernt: Sport = Belohnung. Und wie bei jeder Droge kann es ein „zu viel“ geben, das in einen Kreislauf aus Verlangen, Toleranz und Entzugserscheinungen führt.

Die Anzeichen: Wann wird aus Leidenschaft ein Problem? 🚩

  • Kontrollverlust: Du trainierst länger, härter oder öfter, als du es dir vorgenommen hast.
  • Entzugserscheinungen: Wenn du nicht trainieren kannst, wirst du unruhig, gereizt, ängstlich oder depressiv.
  • Training trotz Schmerzen: Du ignorierst Verletzungen und die Warnsignale deines Körpers.
  • Vernachlässigung: Sport wird wichtiger als Freunde, Familie, Schule oder Job.
  • Gedankenkreisen: Alles dreht sich nur noch um das nächste Training, Kalorien und deinen Körper.
  • Verheimlichung: Du lügst über das wahre Ausmaß deines Trainings.

Eine Grafik eines Gehirns. Ein "Laufschuh"-Symbol fliegt hinein und aktiviert das Belohnungszentrum, aus dem Dopamin-, Endorphin- und Endocannabinoid-Symbole strömen. "Runner's High erklärt", "Endorphine beim Sport", "neurobiologische Ursachen Sportsucht"

Im Schatten der Sucht: Essstörungen & Körperwahn 💪

Sportsucht tritt extrem häufig zusammen mit anderen Störungen auf:

  • Anorexia Athletica: Hier dient der exzessive Sport primär dazu, Kalorien zu verbrennen und Gewicht zu kontrollieren. Es ist eine Form der Magersucht, bei der der Sport die Nahrungsrestriktion ergänzt oder ersetzt.
  • Muskeldysmorphie („Bigorexia“): Hauptsächlich bei Männern. Die zwanghafte und verzerrte Überzeugung, nicht muskulös genug zu sein, führt zu exzessivem Krafttraining und oft zum Missbrauch von Anabolika.

Der Weg zurück zur Balance: Was wirklich hilft 🙏

Die Behandlung von Sportsucht ist komplex, aber absolut möglich.

  • Einsicht: Der erste und schwerste Schritt ist zu akzeptieren, dass dein „gesundes“ Verhalten zu einem Problem geworden ist.
  • Professionelle Hilfe: Du brauchst Hilfe von Profis. Anlaufstellen sind:
    • Suchtberatungsstellen, die Erfahrung mit Verhaltenssüchten haben.
    • Psychotherapeuten, die auf Sucht und/oder Essstörungen spezialisiert sind.
  • Therapie: In der Therapie (oft Kognitive Verhaltenstherapie) lernst du:
    • Die Ursachen deines zwanghaften Verhaltens zu verstehen (z.B. geringer Selbstwert, Körperbildprobleme).
    • Ein gesundes Verhältnis zu deinem Körper und zum Sport wiederzuerlangen.
    • Neue Strategien zum Umgang mit Stress und negativen Gefühlen zu entwickeln.

Fazit: Finde die Freude an der Bewegung wieder

Sport sollte eine Quelle der Freude und der Kraft sein, kein Gefängnis. Wenn du merkst, dass du die Kontrolle verloren hast und dein Training dich mehr stresst als entspannt, sei mutig und hol dir Hilfe.

Es geht nicht darum, nie wieder Sport zu machen. Es geht darum, die Freiheit zurückzugewinnen, dich zu bewegen, weil du es willst – und nicht, weil du es musst.


Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Sportsucht


Bin ich schon sportsüchtig, wenn ich fünfmal pro Woche trainiere?

Nicht zwangsläufig. Die Häufigkeit allein ist nicht entscheidend. Die entscheidende Frage ist das Warum und der Kontrollverlust. Trainierst du, weil es dir Spaß macht und guttut, und kannst du problemlos einen Tag aussetzen, wenn du krank bist oder Freunde treffen willst? Oder musst du trainieren, weil du sonst Panik, Schuld oder massive Unruhe bekommst und dein soziales Leben darunter leidet?

Was ist der Unterschied zwischen primärer und sekundärer Sportsucht?

Bei der primären Sportsucht ist die Person süchtig nach dem Akt des Sporttreibens selbst – nach dem Gefühl, der Erschöpfung, dem „Kick“. Bei der sekundären Sportsucht ist der Sport nur ein Mittel zum Zweck, um ein anderes Ziel zu erreichen. Das häufigste Beispiel ist der zwanghafte Sport, um Kalorien zu verbrennen und Gewicht zu verlieren, was typisch für eine Essstörung wie Anorexia Athletica ist.

Muss ich bei einer Therapie komplett mit dem Sport aufhören?

Das ist das Ziel der meisten Therapien nicht. Im Gegensatz zu einer Drogensucht, bei der komplette Abstinenz das Ziel ist, geht es bei der Sportsucht darum, wieder ein gesundes, kontrolliertes und freudvolles Verhältnis zum Sport zu entwickeln. Es kann aber sein, dass du im Rahmen der Therapie für eine gewisse Zeit eine komplette Sportpause einlegen musst, um die Zwangsmuster zu durchbrechen.


Über den Autor: NeelixberliN

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