Ca. 3 Uhr nachts. Guten Morgen Berlin, guten Morgen an den Rest der Welt.
Ich schreibe jetzt schon, mitten in der Nacht, weil ich euch quasi live an meinem Verlauf teilhaben lassen möchte.
Der Tag danach: Zwischen Erschöpfung und Hoffnung 😴
Heute, an Tag 2 clean, geht es mir verhältnismäßig gut. Ich habe super viel geschlafen. Gestern war das Augenaufhalten noch schwierig, sicher weil das Rohypnol noch nachgewirkt hat.
Nach dem langen und schweren Lyrica-Rückfall hatte ich keine Lust mehr, völlig beeinträchtigt zu sein. Ich habe dann noch ein paar Artikel für das Drogenlexikon vorbereitet, etwas auf Instagram gepostet und dann gegen 20 Uhr die innerlichen Lichter komplett ausgeschaltet.

Die erste große Hürde: Grenzen setzen zum Selbstschutz 🛡️
Eine schwere Situation gab es an diesem Tag aber doch noch. Die Dame, die mir die Tasche mit Medikamenten eingeworfen hatte, schrieb immer wieder. Sie war selbst völlig drauf und kennt eigentlich meine Regel: Ist einer von beiden nicht clean, gibt es keinen Kontakt.
Aber sie gab nicht auf und immer, wenn ich reagierte, kamen direkt wieder Dinge, die ich nicht sehen oder hören wollte: Bilder von ihrer Haut, die vom Konsum überreagiert, die Info, dass sie sich gleich neues Zeug holt oder von einem neuen, gefährlichen Dealer.
Ich musste das Gespräch beenden. Egal, wie oft ich sagte, dass ich im Entzug bin und solche Dinge nicht lesen will, kam nur eine kurze Entschuldigung und fünf Minuten später ging es weiter. Ich musste eine Grenze ziehen, um mich selbst zu schützen.
Ein neues Werkzeug für den Neuanfang: Lesen statt Laufen 📖
Eine Sache habe ich mir für meinen Neuanfang fest vorgenommen: Ich fange heute mit dem Buch „Kokainjahre“ von Marina Jung an. Sie war so ein herzensvoller Mensch und hat es mir extra zugesendet.
Damit will ich mir ganz bewusst Auszeiten in der Natur schaffen. Es gibt mir einen Grund, rauszugehen, der nichts mit der Beschaffung von Stoff zu tun hat. Einfach nur daliegen, lesen, etwas für mich lernen und reflektieren. Sobald ich das Buch durch habe, könnt ihr euch auf einen ehrlichen Bericht im Bereich „Empfehlungen“ freuen.

Mein Fazit: Der Wille ist da 💪
Mein körperlicher Zustand ist noch wackelig, der Magen spielt etwas verrückt, aber der Entzug ist bisher sehr human. Ich hoffe, das bleibt so. Ich glaube, die mentale Einstellung hat viel damit zu tun. Ich will es ja wirklich schaffen. Das schützt mich nicht vor allem, aber es hilft.
Danke für eure Nachrichten und den Support auf der „I Am Sober“ App. Zu wissen, dass da draußen Leute sind, die an mich glauben, gibt mir sehr viel Kraft. Ich danke Dir für Deine Zeit in diesem Artikel!
Häufige Fragen (FAQ) zum Neuanfang nach einem Rückfall
Warum ist es so schwer, den Kontakt zu Freunden abzubrechen, die noch konsumieren?
Weil oft eine lange Geschichte und echte Zuneigung dahinterstecken. Man fühlt sich verantwortlich, will helfen und hat Angst, die Person im Stich zu lassen. In der frühen Phase der Recovery ist dieser Kontaktabbruch aber oft ein überlebenswichtiger Akt des Selbstschutzes, da der Trigger durch den Freund die eigene Nüchternheit massiv gefährden kann.
Ist es „egoistisch“, in der frühen Nüchternheit an sich selbst zu denken?
Es ist nicht egoistisch, es ist notwendig. Man sagt oft: „Recovery ist ein egoistisches Programm, um ein selbstloser Mensch werden zu können.“ Du musst zuerst deine eigene Sauerstoffmaske aufsetzen und stabil werden. Erst dann kannst du wirklich eine gesunde Stütze für andere sein. In der akuten Phase hat deine eigene Genesung absolute Priorität.
Hilft eine positive mentale Einstellung wirklich beim körperlichen Entzug?
Sie kann die Wahrnehmung des Entzugs stark beeinflussen. Sie nimmt die körperlichen Symptome nicht weg, aber ein starker Wille und eine klare Motivation („Ich will das wirklich schaffen“) können helfen, den Schmerz und die Unruhe besser zu ertragen und nicht sofort beim ersten Suchtdruck aufzugeben. Es gibt dir die Kraft, die „Welle“ auszuhalten, weil du weißt, wofür du kämpfst.