Tag 3: Die Welle reiten – Lerne, deine Gefühle zu akzeptieren. Podcast und Artikel Titelbild

Tag 3: Die Welle reiten – Lerne, deine Gefühle zu akzeptieren



WICHTIGER HINWEIS ZUERST! 📢

Willkommen zurück zu Tag 3! Mega stark, dass du weitermachst! Denk dran: Dieser kostenlose Workshop dient der Selbsthilfe. Er ist kein Ersatz für eine professionelle Therapie. Wenn du dich in einer akuten Krise befindest oder starken Suchtdruck verspürst, wende dich bitte umgehend an die Telefonseelsorge (0800 1110111), den Notruf (112) oder eine Suchtberatungsstelle.

Gestern haben wir unsere Gefühle mit Detektivarbeit verstanden. Heute lernen wir eine der mächtigsten Fähigkeiten überhaupt: Was tun, wenn ein unangenehmes Gefühl wie Wut, Trauer oder starker Suchtdruck bereits in voller Stärke da ist?

Die Falle: Warum der Kampf gegen Gefühle dich ertrinken lässt 🌊

Unser erster Impuls bei Schmerz ist oft der Kampf. Wir wollen das Gefühl wegdrücken, niederkämpfen, ignorieren. Doch das ist, als würdest du im Treibsand strampeln: Je mehr du kämpfst, desto tiefer sinkst du.

Dieser ständige innere Krieg verbraucht unglaublich viel Kraft und macht die Gefühle oft nur noch lauter. Der Konsum von Drogen erscheint dann wie der einzige Ausweg – eine kurzfristige Waffenruhe, die aber nichts ändert.


Eine stilisierte Grafik einer menschlichen Silhouette, die mit aller Kraft versucht, eine riesige, schwere Kugel mit der Aufschrift "DRUCK & ANGST" von sich wegzustoßen. Die Figur ist angespannt und sichtlich erschöpft, die Kugel bewegt sich aber nicht. "Gefühle unterdrücken", "innerer Kampf gegen Emotionen", "mit Suchtdruck kämpfen"

Der Kerngedanke: Was Akzeptanz wirklich bedeutet (und was nicht) ✅

Heute lernen wir eine Alternative zum Kampf: Akzeptanz. Aber was heißt das genau?

  • Es bedeutet NICHT, dass du magst, was du fühlst.
  • Es bedeutet NICHT, dass du dich für immer so fühlen wirst.
  • Es bedeutet NICHT, dass du passiv aufgibst.

Akzeptanz ist die mutige Entscheidung, die Realität in diesem einen Moment anzuerkennen. Es ist das ehrliche Eingeständnis: „Okay, dieses Gefühl von Suchtdruck ist jetzt gerade da. Ich hasse es, aber es ist da. Ich höre auf, so zu tun, als wäre es nicht so.“ Erst wenn du aufhörst zu strampeln, kannst du wieder klar denken.

Die Metapher der Welle: Dein Surfbrett für die Emotionen 🏄

Stell dir jedes starke Gefühl wie eine Welle im Ozean vor. Sie hat einen natürlichen Verlauf:

  1. Entstehung: Sie beginnt klein, als leichtes Unbehagen.
  2. Anstieg: Sie wird höher und kraftvoller. Das Gefühl wird intensiver.
  3. Höhepunkt: Die Welle ist am größten. Der Impuls, etwas zu tun (konsumieren, schreien), ist hier am stärksten.
  4. Abklingen: Ein Naturgesetz. Jede Welle verliert ihre Kraft, bricht und läuft am Strand aus. Das Gefühl ebbt von ganz allein wieder ab.

Deine Aufgabe ist es nicht, die Welle zu stoppen. Deine Aufgabe ist es, zu lernen, auf ihr zu reiten. Diese Technik wird auch „Urge Surfing“ genannt und ist ein Kernbestandteil moderner Suchttherapien.


Eine saubere Infografik, die die vier Phasen einer Welle zeigt, wie sie auf einen Strand zurollt. 1. Kleine Welle ("Entstehung"). 2. Mittlere Welle ("Anstieg"). 3. Große, brechende Welle ("Höhepunkt"). 4. Sanft auslaufendes Wasser am Strand ("Abklingen"). Eine kleine Figur auf einem Surfbrett reitet ruhig über alle vier Phasen hinweg. "Gefühlswelle reiten Metapher", "Emotionen akzeptieren Übung", "Achtsamkeit bei Suchtdruck"

Deine praktische Übung: Die 5-Minuten-Wellenritt-Meditation 🧘

  1. Vorbereitung: Finde einen Ort, an dem du 5 Minuten ungestört bist. Setz dich aufrecht hin und stelle einen Timer.
  2. Ankommen: Schließe deine Augen und konzentriere dich nur auf deinen Atem.
  3. Die Welle kommen lassen: Denke an eine Situation, die bei dir ein leichtes bis mittleres Unbehagen auslöst (3-4 auf einer Skala von 1-10). Warte, bis du das Gefühl im Körper spüren kannst.
  4. Neugierig beobachten: Richte deine volle Aufmerksamkeit auf diese Körperempfindung. Wo ist sie genau? Ist sie warm, kalt, kribbelnd, stechend? Beobachte sie wie ein Forscher.
  5. Mit der Welle atmen: Atme sanft und bewusst „in diesen Bereich hinein“. Stell dir vor, dein Atem schafft Raum um das Gefühl herum. Sage dir innerlich: „Das ist nur eine Welle. Ich kann auf ihr reiten.“

Wenn der Timer klingelt, bedanke dich bei dir selbst für diesen Moment des Mutes.

Mein persönlicher Check-in: Ich mach mit! ✍️

Reflexion zu Tag 2 (meine Detektiv-Arbeit):

Gestern gab es die Aufgabe, die Logik hinter einem Gefühl zu finden. Hier ist ein Beispiel von mir:

  • Was genau habe ich gefühlt? Ärger, Unverständnis und Aufregung.
  • Was war der Auslöser? Die Entscheidung, nicht zur Selbsthilfegruppe zu gehen, um bestimmten Personen aus dem Weg zu gehen.
  • Welcher Gedanke war da? Mein Kopf schoss los: „Nee, das wird wieder wie im März, als ich diese Person getroffen und mich unverstanden gefühlt habe. Dann werden wieder so Sprüche über meine Polytoxikomanie gemacht.“ Die Analyse hat mir geholfen zu sehen, dass meine Angst vor einer Wiederholung das Gefühl ausgelöst hat und meine Gedanken es verstärkt haben.

Mein Wellenritt (Beispiel von heute):

Tatsächlich haben mich diese Situationen bis gerade eben immer noch begleitet. Ich habe deshalb die Meditationsübung dazu gemacht und mich auf meine Anspannung im Nacken konzentriert. Anfangs wurde die Anspannung stärker, aber als ich aufgehört habe, sie weghaben zu wollen, wurde sie plötzlich ‚weicher‘ und hat sich einfach nur noch wie Wärme angefühlt.

Reflexionsfrage zum Abschluss des Tages:

Notiere die Antwort in deinem Logbuch:

„Was habe ich über das Gefühl (oder mich selbst) gelernt, als ich aufgehört habe, dagegen zu kämpfen und es nur beobachtet habe?“

Hervorragend! Du hast heute eine der wichtigsten Fähigkeiten für ein Leben nach der Sucht geübt.

Ausblick & Vorbereitung auf Tag 4 🗓️

Morgen werden wir lernen, wie wir uns in solchen schwierigen Momenten nicht nur aushalten, sondern uns selbst aktiv Mitgefühl und Unterstützung geben können – wie ein guter Freund es tun würde. Bis morgen!


Häufige Fragen (FAQ) zu Tag 3


Bedeutet das, ich muss meine Gefühle für immer aushalten?

Nein, das ist ein häufiges Missverständnis. Akzeptanz bezieht sich immer nur auf den jetzigen Moment. Paradoxerweise ist die volle, nicht-kämpferische Akzeptanz eines Gefühls oft der schnellste Weg, damit es sich verändern und von selbst weiterziehen kann. Der Kampf hält es hingegen fest.

Was, wenn das Gefühl beim Beobachten stärker wird und ich Panik kriege?

Das kann passieren und ist ein Zeichen, dass die Welle gerade sehr hoch ist. Wenn es sich überwältigend anfühlt, ist es absolut in Ordnung, die Übung abzubrechen. Das ist kein Scheitern, sondern kluge Selbstfürsorge. Steh auf, lenke dich kurz ab (schau aus dem Fenster, wasche dein Gesicht mit kaltem Wasser) und versuche es später mit einem kleineren Gefühl erneut.

Ist Akzeptanz nicht einfach nur ein anderes Wort für Aufgeben?

Nein, es ist das genaue Gegenteil. Aufgeben wäre, dem Impuls des Gefühls nachzugeben (z.B. zu konsumieren). Akzeptanz ist eine hoch-aktive, bewusste Entscheidung. Du entscheidest dich aktiv, den inneren Kampf zu beenden, um die Kontrolle zu behalten, anstatt sie an den Impuls abzugeben.


Über den Autor: NeelixberliN

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