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Willkommen zu Tag 4! Stark, dass du hier bist! Denk dran: Dieser kostenlose Workshop dient der Selbsthilfe. Er ist kein Ersatz für eine professionelle Therapie. Wenn du dich in einer akuten Krise befindest oder starken Suchtdruck verspürst, wende dich bitte umgehend an die Telefonseelsorge (0800 1110111), den Notruf (112) oder eine Suchtberatungsstelle.
Gestern hast du etwas unglaublich Schwieriges geübt: Du hast dich einer Gefühlswelle gestellt und bist nicht untergegangen. Heute stellen wir uns die nächste wichtige Frage: Wie reden wir eigentlich mit uns selbst, während wir mitten in dieser Welle stecken?
Dein Motto für Tag 4: „Ich begegne mir selbst mit der Güte, die ich einem guten Freund schenken würde.“ 🫂
Der Teufelskreis des inneren Kritikers 👿
Gerade Menschen mit Suchterfahrung haben oft einen extrem lauten und unerbittlichen inneren Kritiker. Das ist die Stimme, die nach einem Fehler oder bei Suchtdruck sofort losschreit: „Siehst du, du Versager!“, „Du schaffst es eh nie!“.
Diese harte Selbstkritik fühlt sich vielleicht „richtig“ an, ist aber pures Gift. Sie erzeugt massive Scham- und Schuldgefühle. Und was ist die schnellste Lösung, um diese unerträglichen Gefühle zu betäuben? Richtig, der Griff zur Substanz. Das erschafft einen Teufelskreis:
Fehler/Suchtdruck → Harte Selbstkritik → Scham & Schuld → Drang zur Betäubung (Konsum) → Noch mehr Scham & Schuld → Der Kritiker wird noch lauter.
Diesen Kreislauf durchbrechen wir heute.

Der Kerngedanke: Selbstmitgefühl statt Selbstmitleid ❤️
Die Waffe gegen den inneren Kritiker heißt Selbstmitgefühl. Wichtig ist zu verstehen, was es NICHT ist:
- Es ist NICHT Selbstmitleid („Oh ich armer…“).
- Es ist NICHT, sich Ausreden zu suchen.
- Es ist NICHT, schwach zu sein.
Selbstmitgefühl ist, sich selbst in schwierigen Zeiten mit der gleichen Wärme, dem gleichen Verständnis und der gleichen Güte zu behandeln, die man einem guten Freund entgegenbringen würde.
Stell dir diese eine Frage: Wenn dein bester Freund gerade das durchmacht, was du durchmachst – was würdest du ihm sagen? Würdest du ihn einen Versager nennen? Oder würdest du sagen: „Hey, das ist verdammt hart. Komm her, atme durch. Ein Fehler definiert dich nicht. Was brauchst du jetzt gerade?“
Selbstmitgefühl bedeutet, diese Antwort zu nehmen und sie an dich selbst zu richten.

Deine praktische Übung: Der mitfühlende Notfall-Satz 📝
Heute schmieden wir eine persönliche Waffe gegen den inneren Kritiker.
- Die Situation: Denke an einen Moment, in dem dein innerer Kritiker besonders laut ist (z.B. bei Suchtdruck, nach einem Fehler).
- Der Freundes-Test: Frage dich: „Was würde ich meinem besten Freund in genau dieser Situation sagen?“ Schreibe 1-2 Sätze auf.
- Dein Bedürfnis: Frage dich: „Was würde ich in diesem Moment am liebsten hören? Welches Gefühl brauche ich – Trost, Stärke, Erlaubnis?“
- Der Notfall-Satz: Formuliere aus den Antworten einen kurzen, kraftvollen Satz, der für dich passt.
Beispiele:
- „Das ist gerade unglaublich schwer, aber ich bin für mich da.“
- „Ein Ausrutscher macht meine bisherigen Erfolge nicht zunichte.“
Schreibe diesen Satz auf, speichere ihn als Handy-Hintergrund. Mach ihn zu deinem Mantra.
Mein persönlicher Check-in: Ich mach mit! ✍️
- Reflexion zu Tag 3: Gestern hatte ich definitiv schwere Suchtdruck-Momente. Ich habe mich dem Gefühl teilweise fast hingegeben, da eine Bekannte es beinahe ermöglicht hätte, dass ich wieder Speed konsumiere. Ich bin so heilfroh, dass es nicht dazu gekommen ist und die „Welle“ dann auch wieder nachgelassen hat. Es zeigt mir: Wenn ich mich nicht weiter darauf einlasse und klar kommuniziere, dass ich es eigentlich nicht will, lässt der Druck tatsächlich schnell wieder nach. Die Erinnerung an den letzten Rückfall mit genau dieser Person war zum Glück noch zu präsent im Kopf.
- Mein mitfühlender Notfall-Satz: Mein Satz lautet: „Atme durch. Es ist okay, dass du kämpfst. Du bist stark genug dafür.“
Reflexionsfrage zum Abschluss des Tages:
Notiere die Antwort in deinem Logbuch:
„Wie hat sich der Gedanke angefühlt, mir probehalber die gleichen Worte des Trostes zu sagen, die ich einem guten Freund sagen würde?“
Du hast heute gelernt, den wichtigsten Verbündeten auf deinem Weg zu aktivieren: dich selbst.
Ausblick & Vorbereitung auf Tag 5 🗓️
Morgen werden wir unseren Verstand noch gezielter einsetzen. Wir lernen, unsere Gedanken einem Faktencheck zu unterziehen und zwischen emotionaler Wahrheit und objektiver Realität zu unterscheiden. Bis morgen!
Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Selbstmitgefühl
Ist Selbstmitgefühl nicht einfach nur Selbstmitleid?
Nein, das ist der wichtigste Unterschied. Selbstmitleid ist passiv und fokussiert sich auf das Problem („Ich armer, alles ist furchtbar“). Selbstmitgefühl ist aktiv und fragt: „Das ist furchtbar. Was kann ich jetzt für mich tun, um mich zu unterstützen und es besser zu machen?“ Es ist eine Quelle der Stärke, nicht der Schwäche.
Ich habe das Gefühl, ich verdiene kein Mitgefühl nach allem, was passiert ist.
Dieses Gefühl ist ein typisches Symptom von Scham und ein Zeichen, dass der innere Kritiker sehr mächtig ist. Die Frage ist nicht, ob du es „verdienst“. Die Frage ist: Was ist hilfreich, um vorwärtszukommen? Sich selbst zu bestrafen hat dich bisher nicht weitergebracht. Versuche es probehalber mit Unterstützung. Du musst es nicht sofort glauben, tu es einfach als Experiment.
Wenn ich zu nett zu mir bin, verliere ich dann nicht meine Motivation, mich zu ändern?
Die Forschung zeigt genau das Gegenteil. Motivation, die aus Angst und Selbsthass entsteht, ist brüchig und führt schnell zu Burnout. Motivation, die aus Selbstfürsorge und dem Wunsch nach Wohlbefinden entsteht, ist nachhaltig und viel stärker. Ein guter Trainer motiviert sein Team durch Unterstützung, nicht durch Beleidigungen. Sei dein eigener guter Trainer.
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