Guten Abend Berlin, guten Abend an den Rest der Welt.
Ich bin wieder zurück und zum Glück in viel besseren Emotionen als noch vor 24 Stunden. Es hat sich also gelohnt, nicht schwach zu werden. Ich habe mir immer wieder vor Augen gehalten, wie viele tolle Momente ich in dieser cleanen Zeit schon hatte. Das jetzt aufzugeben, Menschen zu enttäuschen und meine Versprechen zu brechen – das konnte ich nicht mit mir vereinbaren.
Der Kampf am Morgen: Routine gegen die Depression 🚿
Mein Tag begann ehrlich gesagt nicht so toll. Das Grübeln von gestern hing mir nach, und ich spürte die ersten Anzeichen meiner Depression: Das Geschirr sammelt sich, das abgedunkelte Sofa ist verlockender als helle Aktivität.
Ich wusste, ich muss irgendwas tun. Stumpf auf mein Aquarium glotzen und mit meinem Hyde über einen Rückfall diskutieren, war keine Option. Also: irgendwie anfangen. Unter die Dusche (später als sonst, aber egal), Waschmaschine anwerfen, Geschirr abwaschen. Schon diese kleinen Schritte brachten mich in die Lage, wieder mit anderen zu kommunizieren.

Der Wendepunkt: Die Macht einer ehrlichen Frage ☕
Und dann kam genau die Art von Freundin, die man in solchen Momenten braucht. Weil ich ehrlich war (und nicht das übliche „gut“ auf die Frage „wie geht’s“ geantwortet habe), fragte sie tatsächlich nach, ob sie was Gutes für mich tun könne. Ich hab einfach gefragt, ob sie auf einen Kaffee vorbeikommen will.
Das endete darin, dass ich spontan zu ihr eingeladen wurde, mit ihrem Hund Gassi ging und wir danach bei Kaffee und Musik über alles Mögliche quatschten. Ihre lebhafte Art und eine Wunderkerze, mit der sie durch die Wohnung tanzte, haben mich tatsächlich wieder rausgeholt. Ein wundervoller Anblick.
Eine Kette guter Momente: Vom Kindergarten zum Käsekuchen 🍰
Als ich gehen musste, hatte ich schon die nächste Aufgabe: einer anderen Freundin am Kindergarten etwas vorbeibringen. Auf dem Rückweg traf ich, wie vom Schicksal gewollt, die beiden Jungs von der Entzugsstation. Sie überredeten mich, nochmal auf einen Kaffee mitzukommen. Perfekt.
Mittlerweile kennt dort jeder meinen oft fiesen, ironischen Humor und ich kann einfach sein, wie ich bin. Aus den geplanten paar Minuten wurden über eine Stunde voller guter Gespräche. Ich habe mich auch mega über eine Mitarbeiterin gefreut, die mich noch von meinem langen Entzug vor zwei Jahren kannte. Es sind wirklich die kleinen Momente, die das Leben besonders machen.
Kleine Freuden, große Wirkung: Ein Schneemann auf dem Briefkasten ☃️
Als ich wieder auf dem Rückweg war, lag plötzlich eine dicke Schneedecke auf dem Asphalt. Total schön. Mit dicken Schneeflocken im Nacken lief ich an dem Haus der Freundin vom Vormittag vorbei und entschied spontan, ihr einen kleinen Schneemann auf den Briefkasten zu basteln. Keine Mona Lisa, aber ein crazy Picasso auf jeden Fall. 😄

Meine Erkenntnis: Warum diese Momente mehr wert sind als Geld 💎
Zuhause angekommen, gab es gepimpten Cheeseburger und dann wollte ich „eigentlich“ entspannen. Denkste. Whatsapp explodierte, aber mit interessanten Gesprächen. Ich habe dann aber mit einem Status allen eine Pause signalisiert und mich wieder an den Lappy gesetzt, um für euch zu schreiben.
Und ich will euch zeigen, wie sehr es sich lohnt, negative Emotionen und Suchtdruck auszuhalten. Die neue Stärke zu nutzen und den inneren Hyde zu unterdrücken, bis er aufgibt. Und glaubt mir, er wird von Mal zu Mal seltener und leiser. Ich gewinne irgendwann die volle Kontrolle zurück. Und das könnt ihr auch.
Interessanterweise ist laut meiner Webseiten-Statistik der meistgesuchte Satz über Google „clean ohne Rückfall“. Das zeigt, wie groß der Wunsch danach ist. Ich werde damit kein Geld verdienen, aber vielleicht Leben verbessern oder positiv verändern. Und wenn ich Positives in die Welt sende, kommt es auch zu mir zurück. Vielleicht ja als 6er im Lotto. 😉
Aber den will ich gerade gar nicht. Ich war ja schon fast Millionär, was zu einem meiner schlimmsten Rückfälle und bis in die Obdachlosigkeit geführt hat. Heute schätze ich diese kleinen, schönen Momente viel mehr als alles Materielle.
Ich danke Dir für die Zeit in diesem Artikel und bin für Dich da!
Häufige Fragen (FAQ) zum Umgang mit schlechten Tagen in der Recovery
Ich fühle mich depressiv und antriebslos. Wie schaffe ich den ersten Schritt?
Genau wie im Artikel beschrieben: Zwinge dich zu einer einzigen, kleinen, mechanischen Handlung, ohne über das große Ganze nachzudenken. Nicht „die ganze Wohnung aufräumen“, sondern nur „die Spülmaschine ausräumen“. Oder nur „unter die Dusche gehen“. Diese eine kleine Aktion kann die Lähmung durchbrechen und die Energie für den nächsten kleinen Schritt freisetzen.
Warum ist ehrliche Kommunikation so wichtig, wenn es einem schlecht geht?
Weil unehrliche Standard-Antworten („Mir geht’s gut, danke“) die Isolation verstärken. Wenn du ehrlich sagst, wie es dir wirklich geht, gibst du echten Freunden die Chance, dir konkret zu helfen. Wie im Beispiel kann eine einfache Frage („Kann ich was Gutes für dich tun?“) die entscheidende Wende bringen – aber nur, wenn deine Freunde wissen, dass du Unterstützung brauchst.
Warum fühlen sich kleine, „normale“ Dinge in der Recovery plötzlich so gut an?
Weil dein Gehirn heilt. Nach Jahren der Überstimulation durch Drogen ist das Belohnungssystem abgestumpft. Wenn du clean bist, kalibriert es sich neu und lernt wieder, Dopamin und Endorphine als Reaktion auf natürliche, gesunde Reize freizusetzen – wie einen Spaziergang im Schnee, ein gutes Gespräch oder eine kreative Geste. Du entdeckst die echte Freude am Leben wieder.
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