Herzlich willkommen zu Tag 5 deines Workshops! Gestern hast du mit der CRAFT-Methode gelernt, wie du ein positiveres Umfeld schaffen kannst. Heute wird es noch konkreter. Wir nutzen diese Grundlagen, um uns dem großen Ziel zu nähern: Wie schaffe ich es, meinen Angehörigen dazu zu bewegen, professionelle Hilfe anzunehmen?
Die Antwort lautet: Gar nicht. Du kannst niemanden überreden oder zwingen.
Aber – und das ist die gute Nachricht – du kannst ein exzellenter „Reiseberater“ für den Weg aus der Sucht sein. Du kannst die besten Routen recherchieren, die schönsten Prospekte bereitlegen und anbieten, beim Buchen des ersten Tickets zu helfen. Die Reise antreten muss er oder sie jedoch selbst. Heute lernst du, wie du das beste Reisebüro der Welt für deinen Angehörigen wirst. 🗺️✈️
Das Gespräch über Hilfe: Wie du Türen öffnest statt sie zuzuschlagen 🚪
Der größte Fehler ist, ein Gespräch über Therapie zu beginnen, wenn die Stimmung sowieso schon schlecht ist. Das führt nur zu Abwehr. Viel wirksamer ist es, die „offenen Fenster“ zu nutzen, über die wir gestern gesprochen haben.
Das sind die Momente, in denen dein Angehöriger verletzlich ist: Nach einer schlimmen Nacht oder wenn er eine negative Konsequenz der Sucht spürt. In diesem Moment bist du nicht der Ankläger, sondern der Verbündete. Dein Ton ist nicht vorwurfsvoll, sondern mitfühlend. Du sagst nicht „Du musst endlich…“, sondern „Ich sehe, wie sehr du leidest. Es gibt Wege da raus.“
Schlüssel-Erkenntnis zum Mitnehmen 🔑
Dein Job ist es nicht, zu überzeugen, sondern Optionen anzubieten, wenn die Tür einen Spalt offen steht. Du bist der Tour-Guide, der die Landkarte bereithält, nicht derjenige, der das Auto fährt.

Dein Action-Plan: Der 3-Schritte-Wegweiser zu den richtigen Hilfsangeboten 🗺️
Ein vages „Du brauchst Hilfe“ ist nicht greifbar. Sei vorbereitet! Ein konkreter Vorschlag ist tausendmal wirksamer.
Schritt 1: Deine geheime Recherche (Sei vorbereitet!)
Nimm dir heute 30 Minuten Zeit und recherchiere Hilfsangebote in eurer Nähe. Google nach „Suchtberatungsstelle + [eure Stadt]“. Diese Stellen sind oft der beste erste Schritt: kostenlos, anonym und sie bieten Orientierungsgespräche. Mach dir eine kleine, private Liste. Wichtig: Recherchiere auch eine Anlaufstelle nur für dich!
Schritt 2: Die „Speisekarte der Hilfe“ erstellen
Bereite eine kleine, übersichtliche Liste mit 2-3 Optionen vor. Nicht mehr, das überfordert! Schreibe den Namen der Stelle, die Telefonnummer und vielleicht einen kurzen Satz dazu auf („Die haben eine offene Sprechstunde, da kann man einfach hingehen.“).
Schritt 3: Das Angebot machen (im richtigen Moment)
Wenn ein „offenes Fenster“ da ist, nimm deine Liste und sage etwas wie:
„Ich mache mir Sorgen und möchte nicht mehr nur zusehen. Ich habe mich mal informiert. Hier sind zwei Stellen, die einen wirklich guten Ruf haben. Vielleicht ist das eine Idee für dich. Der erste Schritt ist der schwerste. Wenn du möchtest, bin ich dabei, wenn du dort anrufst.“
Und dann: Thema wechseln. Lass das Angebot im Raum stehen. Der Same ist gepflanzt. 🌱

Deine Affirmation für heute 🗣️
Dieser Satz hilft dir, die Kontrolle abzugeben und deine Rolle als Unterstützer zu finden.
„Ich kann Samen der Veränderung pflanzen, aber ich kann sie nicht zum Wachsen zwingen. Ich akzeptiere meine Rolle als Wegweiser.“
Ausblick & Vorbereitung auf Tag 6 🗓️
Du hast jetzt einen konkreten Plan, wie du Hilfe anbieten kannst. Aber was, wenn es dauert? Was, wenn die Situation an dir zerrt? Morgen widmen wir den ganzen Tag dem wichtigsten Menschen in diesem Spiel: DIR. Es geht um radikale Selbstfürsorge, um Stressbewältigung und darum, wie du deine eigene mentale Gesundheit schützt – egal, wie sich dein Angehöriger entscheidet.
Häufige Fragen zur Therapie-Motivation (FAQ)
Was mache ich, wenn er oder sie einfach zu allem „Nein“ sagt?
Das ist wahrscheinlich. Akzeptiere das „Nein“ für den Moment. Sage: „Okay, ich habe es gehört. Das Angebot steht, wenn du deine Meinung änderst.“ Und dann wendest du weiter CRAFT und deine Grenzen an. Jede natürliche Konsequenz, die er oder sie erlebt, ist ein neuer Same, der deine Worte irgendwann wahrer macht.
Soll ich den Termin für ihn oder sie machen?
Nein. Das wäre wieder Co-Abhängigkeit. Der Anruf ist der erste Beweis für die eigene Motivation. Was du anbieten kannst, ist: „Ich sitze neben dir, während DU anrufst“ oder „Ich fahre dich zum ersten Termin, den DU ausgemacht hast.“ Du unterstützt die Handlung, übernimmst sie aber nicht.
Was ist meine Rolle, wenn er oder sie dann tatsächlich in Therapie ist?
Deine Rolle ist es, die Therapie zu respektieren und dich auf deine eigene Genesung zu konzentrieren. Besuche Angehörigengruppen oder eine eigene Beratung. Der Therapeut deines Partners ist nicht dein Therapeut. Deine Aufgabe ist es, an deinen Themen zu arbeiten: Grenzen, Selbstfürsorge und das Aufbauen eines eigenen, glücklichen Lebens.
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