20 Tage clean – 20.34 Uhr – Guten Abend Berlin, guten Abend an den Rest der Welt. Da bin ich wieder. Und heute kann ich wirklich behaupten, das der ganze Tag ein guter und positiver war. Eigentlich würde ich mich am liebsten schon jetzt aufś Sofa hauen & höchstens noch das Telefon für eine alte Freundin in die Hand nehmen. Aber Struktur beibehalten und zudem macht mir diese Arbeit hier auch riesen Spaß.

Die Nacht davor war wie gewohnt kurz, mit vielen Unterbrechungen und um 5 Uhr vorbei. Der Körper lässt mich dann einfach noch nicht und trotz immer wieder aufkommender Erschöpfung, raffe ich mich schnell wieder in Energie und Aktivität. So also heute wieder mit guter Laune in den Tag gestartet, direkt singend unter die Dusche. Die JBL Box für Nachbarn verträglich aufgedreht, den Kajal ohne Zittern aufgetragen, kurz Arsch, Beine & Po begutachtet (so langsam nehme ich dank Fressakttaken wieder zu) und dann an den Lappy. Aber diesmal nicht, um Euch direkt wieder neue Zeilen in die Tasten zu hauen, sondern Social Media aufzubauen. Es gab auch die ersten Brute Force Attacken, die ich aber schnell beheben konnte. Dann noch mit Tiktok diskutieren (aber sie haben schnell und gut reagiert!) das DROGEN in meinem Fall aus einem anderen Grund in den Videos vorkommen und ab nach draußen, die erste Runde laufen. Diesmal wieder Richtung Krankenhaus / Entzugsstation (nein, nicht wegen Rückfall oder vorab einliefern lassen, auch wenn dies tatsächlich auch möglich ist). Und als ich an einer großen Scheibe vorbei laufe, jemanden aus der Sonntags Selbsthilfegruppe, fällt mir in diesem Raum noch eine Person auf. Mein Chefarzt aus dieser Zeit, als ich die schwere Entgiftung von 13 Wochen dort verbrachte.

Und da ich ja in letzter Zeit auf mein erstes Bauchgefühl höre und sofort entscheide (Cäsar: alea iacta est – die Würfel sind gefallen – was mir mal ein anderer Therapeut empfohlen hat 😉 ) hatte ich den Drang wieder in die Station zu gehen und mich irgendwie für seine Arbeit zu bedanken. Also rein, zuerst den Pfleger ansprechen und fragen – der mich dann trotz meiner fast 30 Kilo weniger trotzdem erkannte und freundlich reagierte). Kein Problem, versuche ihn beim nächsten Aufruf abzupassen. 2 Personen vor mir & ich mich ganz dreist beim öffnen der Tür mit kurzen abklatschen (ich kannte ja den Patienten der gerade aus der Visite kam) vorbei geschnackt. Rein in den Raum und dann, ups, da sitzen noch viel mehr 😀 . Psychologen, Pfleger, Ärzte usw, die mein restliches Gehirn eigentlich schon vergessen hatte. Aber es kam wieder hoch, zum Glück werden ja auch täglich neue Zellen produziert. Aber auch mein alter Chefarzt musste vermutlich kurz rattern & erst als ich die 13 Wochen plus den Polamidon-Entzug erwähnte, kam ich wieder ins Gedächtnis.

Sein strahlend weißes lächeln kam zum Vorschein und es wurde sich spürbar gefreut das ich da war (oder noch lebte, das kann auch sein) Ich berichtete dann im Schnellverfahren was mir in der Zwischenzeit alles widerfahren, presste mein Danke heraus und drückte einen Flyer von diesem Blog in seine Hand (ja, einige dürfen wissen wer ich bin 🙂 ) Mir ging mir mit diesem Flyer speziell darum, das ihr nicht mehr im Entzug oder der Therapie die selben dummen Konsumfehler / Rückfälle macht wie ich. Also habe ich auch speziell auf meinen Artikel „Rückfallaufarbeitung Teil 1 und 2“ hingewiesen. Ihr könnt also schon mal alle Dosen wegwerfen und auf Deoroller umstellen. Dabei geht es nicht nur darum Euch zu schützen, auch Eure Mitpatientn. Meistens liegt ihr im Entzug mit 1-2 weiteren Patienten auf dem Zimmer. Und egal wie erst es die anderen meinen (das kenne ich ja nun auch von mir und meiner Krankheit), sehen die was ihr für Möglichkeiten kennt und nutzt, werden sie wegen Euch rückfällig und können wie ich fast oder ganz vor die Hunde gehen.

Er gab mir dann irgendwie mit interessierten Rückfragen mehr Zeit als ich vorher eingeplant hatte und mir haben doch tatsächlich etwas die Knie geschlottert. Vor ihm so ehrlich und offen zu sein, war fast als wäre ich noch in Behandlung und fliege deswegen gleich raus 😀

Wir verabschiedeten uns, die 2 Patienten die wegen mir nun warten mussten schauten etwas grimmig, was mir aber völlig KACKA war und ich wurde von dem neuen Kontakt aus der Selbsthilfegruppe noch auf einen Kaffee eingeladen. War schon seltsam wieder dort zu sein, als müsste ich gleich wieder zur Ergo oder auf mein Zimmer Löcher in die Wände starren. 13 Wochen waren schon echt hart. Danach ging es dann mit guter Laune zurück, nochmal durch die City und wieder @home. Ich hab langsam auch schon echt Muskelkater in den Oberschenkeln & kann die täglichen Kilometer gar net mehr zählen. Aber es hilft & besser das, als Suchtdruck.

Ja und dann saß ich immer wieder Stunden vor dem Lappy wegen Social Media und Sicherheitseinstellungen. Zwischendurch immer wieder raus & irgendwann noch zu einer Freundin. Kurz Kaffee trinken, austauschen, meine neue Ration Tabletten mitnehmen (ich hab sie ihr ja aus eigener Sicherheit da gelassen um keine Dummheiten damit zu machen, auch wenn ich davon höchstens einen wochenlangen Ständer als Nebenwirkung bekommen würde – Pramiprexol)

Und dann gab es noch etwas besonders positives für mich. Meine Exfrau hatte sich gemeldet. Ich hatte auf meine Geburtstagswünsche vor ein paar Wochen (kurz nach dem Tod meines Hundes) nichts von ihr gehört. Ich hätte tatsächlich auch nachvollziehen können, das sie sich nicht mehr bei mir meldet. Irgendwann ist auch ein gutes Herz überstrapaziert. Aber heute tat sie es, erklärte mir auch warum noch keine Antwort kam (was völlig verständliche Gründe waren) und gab mir ein sehr gutes emotionales Gefühl der Unterstützung. Denn auch zu ihr bin ich völlig ehrlich was meine Suchtkrankheit betrifft (aber auch erst seit dem Entzug und der Therapie) und sie hatte glaubwürdig viel Kraft und Erfolg gewünscht. Mir noch ein Foto meiner Tochter geschickt, damit ich mir ein wichtiges Ziel vor Augen…….

Ui das trifft mich gerade ziemlich merke ich. Denn natürlich habe ich sie nicht vergessen. Wenn Du aber völlig drauf bist, unter Depressionen und Co stehst, dann siehst Du höchstens noch ein, das Du nicht gut für Dein Kind / Deine Kinder bist & es besser ist, wenn Du nicht mehr da bist. Aber ja, sie hat damit den richtigen Nerv getroffen. Denn mein Vater hatte damals auch aufgrund von Suchtproblemen nicht die Kraft die ich gerade aufbringe. Ich war gerade mal 6 als es sich auf schlimme Art das Leben nahm. Und ich sollte also am besten wissen, das ein Kind auch noch nach 20 oder mehr Jahren auf die Idee kommt, einfach hinterfragen zu wollen, wer der Vater ist und warum man eigentlich nicht richtig da war. Und in meinem Fall, ich konnte böses über mein Vater hören (was ich auch habe) wie man wollte, ich hätte ihm trotzdem immer eine Chance gegeben und gemeinsam neu angefangen. Und auch wenn es mich gerade emotional sehr trifft, es war wirklich gut und ich bin meiner Exfrau für ihre Art sehr dankbar. Nicht nur dafür, sondern auch, weil sie bis heute meiner Tochter ein richtiges und schönes Familienleben bieten konnte.

Ihr sehr also, auch wenn alles schwarz ist, halte nur lange genug durch und sei vollkommen ehrlich. Nur so baust Du nach und nach wieder Vertrauen auf und kannst zeigen, das Du eine ernsthafte Krankheit hast (das es nicht immer nur der Wille ist). Dann werden Deine echten Emotionen, Dein wahres Ich hervor kommen, Du viel stärker als Drogen Dir vormachen können & Dein Leben auf Dauer positiv verlaufen. Natürlich wird es wie bei jedem Menschen (auch nicht Suchtkranken) schlechte Tage und Momente geben. Aber genau die machen uns noch stärker und bringen letztendlich immer etwas Positives / Gutes hervor.

Ich werde jetzt gleich meine letzte Runde laufen & dann bei irgendeiner Serie ins Sofa sinken & blöd und entspannt auf mein Aquarium glotzen. Ach, und für Sylvester / Neujahr wurde ich auch spontan zu Freunden eingeladen, wo ein völlig cleanes Umfeld herrscht. Also besser kann ein Tag wie heute nicht sein 🙂

Danke für Deine Zeit in diesem Blog!- 21.09 Uhr

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