1 Monat & 8 Tage clean: Eine Spende, ein Dilemma und mein Weg. Podcast und Tagebuch Artikel Titelbild

1 Monat & 8 Tage clean: Eine Spende, ein Dilemma und mein Weg



Guten Morgen Berlin, guten Morgen an den Rest der Welt!

Gestern gab es keinen Tagebucheintrag. Ich war mehr mit sozialen Kontakten und fremden Betten beschäftigt. Das muss auch mal sein. 🙂 Meinen Schlafrhythmus kennt ihr ja, um 4 Uhr war ich wieder wach.

Der Tag hatte es in sich und begann mit einer Situation, die mich sprachlos gemacht hat.

Die Spende: Wenn fremde Menschen an dich glauben 💖

Es war schon spät, als auf meinem Handy eine PayPal-Meldung aufploppte: 350 Euro Zahlungseingang mit dem Hinweis „bezahl Deine Strafe“. Ufff.

Das hat mich erst einmal völlig aus dem Konzept gebracht. Eine Leserin, die selbst durchs Clean-Sein etwas zurücklegen konnte, hat entschieden, es in mich zu investieren. Sicher auch, damit ich hier weitermachen kann und nicht im Knast lande, wo ein Rückfall fast vorprogrammiert ist.

Auf der einen Seite war das ein unglaublicher Problemlöser. Aber irgendwie ging das nicht mit meinem Gewissen zu vereinbaren.


Ein Screenshot oder eine stilisierte Grafik einer PayPal-Benachrichtigung über einen hohen Geldeingang. Die Grafik sollte Überraschung und einen emotionalen Moment vermitteln. "unerwartete Hilfe", "Spende für Suchthilfe", "Dankbarkeit in Recovery"

Die schwere Entscheidung: Warum ich das Geld zurückgeschickt habe 💪

Mein erster Gedanke war nicht „geil, ab zum nächsten Dealer“, was schon ein riesiger Fortschritt ist. Aber ich konnte es nicht annehmen. Die Strafe war mal ausnahmsweise gerechtfertigt, denn unerlaubter Waffenbesitz ist keine Kleinigkeit.

Ich habe das Geld zurückgeschickt. Ich will das aus eigener Kraft schaffen. Gestern Morgen war ich sofort wieder bei der zuständigen Stelle und habe mir bestätigen lassen, dass ich auch diese Strafe in Sozialstunden ableisten kann. Jetzt warte ich auf die Antwort der Staatsanwaltschaft.

Über die Person, die mir das angeboten hat, bin ich aber so oder so extrem dankbar. Wir schreiben uns über WhatsApp und es ist eine dieser neuen, cleanen Verbindungen, die mir gerade unendlich viel geben. Ein Beweis, dass es noch gute Menschen gibt.

Ein Tag im „Hausarrest“: Wenn Kopfhörer überlebenswichtig sind 🎧

Der gestrige Tag begann perfekt. Hund einer Freundin ausgeführt, sie zur Arbeit begleitet. Und als ich zurücklaufen will, merke ich: „Fuck“, die Kopfhörer sind noch in ihrer Wohnung.

Ohne Musik geht bei mir derzeit gar nichts. Sie ist mein wichtigster Skill, um Suchtdruck, Emotionen und Situationen zu kontrollieren. Damit blende ich auch die Leute auf der Straße aus, die ich gerade besser nicht treffen möchte.

Also saß ich quasi im selbstgewählten Gefängnis in meiner Wohnung fest, bis sie Feierabend hatte. Zu großes Risiko, ohne meine JBL Kopfhörer rauszugehen. Auch nach über einem Monat clean kenne ich meinen Hyde nur zu gut. Er versteckt sich und wartet nur auf den richtigen Moment.


Eine Nahaufnahme von hochwertigen Kopfhörern, die auf einem Tisch liegen. Sie werden fast wie ein überlebenswichtiger Gegenstand oder ein Schutzschild dargestellt. "Musik als Skill", "Coping-Mechanismus Sucht", "Selbstschutz in Recovery"

Konfrontation & Chaos: Der ganz normale Wahnsinn geht weiter ⚖️

Nachdem ich meine Kopfhörer zurückhatte, verbrachte ich einen Großteil des Abends damit, für eine Person im WhatsApp-Chat da zu sein. Es ist schön, wenn man sieht, wie ernst es anderen ist und man sich auf Augenhöhe austauschen kann.

Danach brauchte ich neue Coke. Nein, nicht die weiße Art. Richtige Coca-Cola. 😉 Und wenn man schon mal unterwegs ist… naja, ihr kennt das Ende: Ich habe die Nacht wieder in einem fremden Bett verbracht und bin heute Morgen ohne Schlüssel-Drama nach Hause gekommen.

Eigentlich hätte ich heute eine Gerichtsverhandlung. Als Zeuge und Opfer, weil ein Dealer mich einen Tag vor meiner Therapie fast abgestochen hätte. Aber psychisch stabil genug bin ich dafür gerade nicht. Und mit zwei offenen Haftbefehlen zu einem Haufen Beamter zu gehen… da wird das Weglaufen zu kompliziert. 😄

Genug andere Aufgaben gibt es ja.

Mein Fazit: Die neue Art von Reichtum ✨

Mein Leben ist gerade eine krasse Mischung aus alten Problemen und neuen, wunderbaren Momenten. Aber ich habe eine neue Lebensaufgabe: Euch!

Die ganzen positiven Reaktionen, die ich täglich bekomme, die Nachrichten von Leuten, die durch meine Texte selbst clean geworden sind – das gibt mir mehr als jeder Lottogewinn. Den will ich gerade gar nicht. Ich war schon fast Millionär, und das hat zu einem meiner schlimmsten Abstürze geführt. Heute schätze ich diese echten Momente viel mehr als alles Materielle.

Ich danke Dir für die Zeit in diesem Artikel!


Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Recovery & Verantwortung


Warum ist es manchmal so schwer, Hilfe (besonders Geld) anzunehmen?

In der Recovery geht es viel um Selbstwert und darum, wieder Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Hilfe anzunehmen kann sich manchmal wie ein Rückschritt oder eine neue Abhängigkeit anfühlen. Wie mein Beispiel zeigt, kann die bewusste Entscheidung für den „harten Weg“ (z.B. Sozialstunden statt einer bezahlten Strafe) ein wichtiger Schritt sein, um sich selbst die eigene Stärke und Veränderung zu beweisen.

Wie wichtig sind Routinen und kleine „Werkzeuge“ wie Musik in der frühen Nüchternheit?

Absolut überlebenswichtig. Die Sucht hat oft den ganzen Tag strukturiert. In der Recovery entsteht eine Leere. Feste Routinen (aufstehen, duschen, spazieren) geben dem Tag Halt. Kleine Werkzeuge wie Musik sind keine Nebensache, sondern aktive Skills. Sie können die Stimmung direkt beeinflussen, negative Gedanken blockieren und helfen, durch Momente mit starkem Suchtdruck zu navigieren.

Was mache ich, wenn ich auf eine Antwort von einer Behörde (wie dem Gericht) warte und die Ungewissheit mich verrückt macht?

Das ist eine extrem schwierige Situation. Der Schlüssel ist, sich auf das zu konzentrieren, was du heute kontrollieren kannst. Hast du alles getan, was in deiner Macht steht (Antrag gestellt, angerufen etc.)? Wenn ja, musst du radikale Akzeptanz üben und versuchen, die Kontrolle abzugeben. Konzentriere dich auf deine Routine, deine Skills und dein Support-Netzwerk, um die Wartezeit zu überstehen, anstatt im Kopfkino zu versinken.


Über den Autor: NeelixberliN

More Reading

Post navigation

Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert