Guten Abend Berlin, guten Abend an den Rest des Welt! Jetzt habe ich den ersten Moment in diesem Blog, wo ich tatsächlich mal kurz überlegen muss, wo ich heute anfangen soll und wie ich Euch am besten etwas schreiben könnte. Warum? Weil wieder viele Situationen und Momente (Hoch und Tief) in den letzten 24 Stunden in meinem neuen Leben kamen, die sehr bewegend für mich sind. Aber das Positive überwiegt auf jeden Fall & heute habe ich seit langen mal wieder meine (also nicht meine, sondern dort wo ich aktuell immer am liebsten bin) Selbsthilfegruppe in meiner ehemaligen Entgiftungsstation vorgestellt. Und was ich dort für mich mal so völlig egoistisch gesehen mitnehmen und erleben konnte war richtig gut. Aber fange ich bei gestern Abend an, denn da gab es eine Situation, die mich tatsächlich noch einmal richtig die Emotion und Aggression von Wut und Ärger brachte.

Mir ging es bis zu diesem Zeitpunkt wieder richtig gut und ich streifte auf einer meiner Lauf-Runden durch die Gegend. Und da sehe ich ihn. Einen letzten sehr guten Freund aus der alten Szene. Ihn hatte ich vor 2 Jahren bei meiner Polamidon Entgiftung kennengelernt.Damals konnte er noch kaum Deutsch und ich ziehe ihn gern mit dem Wort Ausländer auf 🙂

Er kämpft seitdem extrem mit einer Amphetamin Abhängigkeit, hatte viele Rückfälle, Entgiftungen und Therapien seitdem. Selbst allen Dealern zu sagen, das sie ihm nichts mehr verkaufen sollen, hat natürlich nichts gebracht, weil sie es trotzdem in seinen Notlagen nutzen und trotzdem tun. Er und ich hatten auch eine super Vereinbarung. Wenn wir telefonierten um uns evtl. zu treffen, war immer die erste Frage „Bist Du clean?“. Musste einer von beiden mit „nein“ antworten, legten wir sofort auf und versuchten es ein paar Tage später noch einmal. Denn wir konnten gut reflektieren, das der andere sonst zu gefährdet ist und wir wieder beide drin hängen. Nachdem ich bereits am 17.12 eine Woche clean war und mein Hund verstarb, motivierte es ihn so sehr (das ich nicht aufgegeben hatte und lieber zur Selbsthilfegruppe ging als mich tot zu ballern), das er auch einen neuen Anlauf wagte. Er fuhr sogar extra über die Feiertage zu seinen Eltern ins Ausland um diesmal stark zu bleiben. Bis gestern hatte ich ihn seitdem nicht mehr gesehen oder gehört und mich schon gefragt, ob er nicht schon wieder zurück sein müsste.

Und wie ich da so laufe, sehe ich ihn, gerade auf den Weg zu einem Dealer. Er hat mich auch zu 100 Prozent gesehen, aber ignorierte mich (was er noch nie getan hatte) und lief schnell in den Hauseingang des Dealers. Tatsächlich ein Dealer, den ich bis dahin von meinen aktuellen anderen Aktionen fern gehalten hatte. Einer vom alten Schlag der mir auch nicht geschadet hatte. Der Dealer selbst kennt mich auch nicht, ich ihn dafür aber mehr als ihm lieb sein dürfte.

Ich versuchte meinen Freund dann per WhatsApp und Telefon zu erreichen, aber keine Reaktion. Das machte mich dann so wütend (aber keine Wut auf ihn, ich wusste er schämt sich für seinen Rückfall und wollte mich vermutlich schützen) , auf den Dealer, weil dieser genau von der gefährlichen Problematik bei meinem Freund wusste und auch mehrmals gebeten wurde, ihm auf keinen Fall mehr etwas zu verkaufen. Aber auch hier sind dann wohl die meisten Dealer gleich, und es zählt nur der Umsatz. Ich muss mich in solchen Momenten dann sehr zurück halten, nicht zu aktiv zu werden, denn Hass auf alle Dealer bringt mich dann auch nicht weiter. Mir geht es ja nur um ein spezielle in meinem Viertel, die dieses System mit der Prostitution fahren oder Süchte absichtlich in den Rückfall bringen bis sie tot sind, um noch die letzten Cent aus ihnen zu pressen. Geschäfte wie es früher war, wo noch Qualität, Gesundheit und langfristigstes Vertrauen wichtig war, zählt heute nicht mehr. In Berlin und Brandenburg fahren die meisten nur noch die Kalkulation, 3 Jahre dann der nächste weil tot gestofft und ausgepresst. Und so wie sie wieder mein Leben und das in meinem Umfeld und meiner Nachbarschaft zerstören / zerstört haben, bekommen sie es eben aktuell zurück. Auch ärgere ich mich in solchen Momenten sehr über die ansässige Polizei. Die fahren auf ihren Kaffeefahrten herum und es passiert gedacht dann einfach nichts oder nicht schnell genug. Wenn ich dann wieder runter gefahren bin, ist mir klar das dies eben auch genau so wirken soll. Es geht um das Spinnennetz, und nicht die Schmeißfliege, die sich kurz im Netz verfangen hat. Zudem bekomme ich ja hier und da auch einiges mit, das muss ich dann nur besser hoch holen können.

An diesem Abend viel es mir dann allerdings doch sehr schwer und ich habe vermutlich den ein oder anderen so gesehenen Verhaltensrückfall gebaut. Hatte Kontakte zu Konsumenten um eine Gewisse Art Poker zu spielen. Mehr kann ich dazu noch nicht schreiben. Ihr werdet das Ergebnis hier aber bald verfolgen können. Ich war selbst einer dieser Süchtigen & wenn die aktuell schon denken, sie können mich an der Nase rum führen oder doch irgendwie wieder zu einem Rückfall bringen damit ich der Alte werde (der ich wenn ich mich aktuell betrachte auf keine Fall mehr sein will) und alles verfügbar ist, was sie von mir wünschen. Sei es digitale Dienste oder Medikamente usw. Ich weiß genau wie ich etwas erzählen oder behaupten muss, um an weitere wichtige Informationen zu kommen und so meine eigentliche Arbeit noch weiter ausbauen zu können. So weiß ich, wo ich ansetzten muss. So hatte ich gestern also auch ein paar neue Erfolge und neue Möglichkeiten in meinem eigenen Kampf gegen bestimmte Systeme, um zukünftig auch meinen Freund unterstützen zu können.

Dann bin ich heute somit wieder gut in den Tag gestartet und ein wichtiger Termin stand auf dem Plan.In meiner alten Entgiftungsstation die aktuelle Selbsthilfegruppe mit einem weiteren Mitglied vorstellen. Aber vorher standen andere Dinge auf dem Plan. Ich musste zum Arzt, mir neues Pramiprexol (für den immer noch vorhanden Opiat Affen) zu besorgen. Pünktlich um 8 Uhr war ich in der Praxis (früher undenkbar gewesen, es sei denn die hätten da Lyrika und Diaz verschenkt) Und trotzdem, das Wartezimmer rappel voll und ich musste erstmal warten. Ich war aber aufgrund meiner Erfolge am Abend super gut gelaunt, hatte meine Kopfhörer auf und wippte passend zur Musik. Dann viel mir auf, das mich die ganzen anderen Patienten im Durchschnittsalter von 100 immer wieder heimlich beobachteten. Und dann wurde mir bewusst warum. Fingernägel lackiert, Lidschatten und Kajal drauf und dann mit dicken JBL Kopfhörern Spaß an der Musik, als gebe es sie nicht in diesem Wartezimmer (tatsächlich waren die mir auch völlig egal, wie sie mein Verhalten finden) Und dann war es, als würden ich ihre Gedanken hören können „Oh je, unsere Renten sind auf keinen Fall mehr sicher“ 😀

Und dann werde ich auch noch aufgerufen und ich muss dazu sagen, anhand meines realen Vornamens, werde ich oft (wenn man mich nicht sieht und die Ärztin konnte mich in diesem Moment noch nicht sehen) mit einer Frau verwechselt.Also hieß es erst „Frau ….“ und dann ganz schnell „Ach Entschuldigung, Herr…“

Ich musste dann nur laut lachen und meinte; „Kein Problem, bei mir passt eh immer beides“ was die faltigen Gesichter dann natürlich noch hoffnungsloser und verwirrt zurück ließ 😀 .

Mit der Ärztin selbst habe ich mich dann nochmal gut über übliche Tricks unterhalten, die wir Süchtigen nutzen um eigentlich jedes Medikament zu bekommen, was wir verschrieben haben wollen und es ging motiviert weiter zu Apotheke.

Von da dann nach Hause und an den Lappy. Da habe ich dann auch gearbeitet wie wild, natürlich für diese Webseite und allem drum herum (inkl. das neue interessante Interview mit Vista und Misfit Berlin) bis dann der Moment für die Vorstellung in der Entzugsstation anstand. Ich war dann aber trotzdem fast eine Stunde zu früh da, aber kein Problem, man kennt mich dort durch meine täglichen Kaffee Besuche & es viel vermutlich nicht mal auf, das ich mich frech mit zum Abendbrot Termin gesetzt hatte & mit anderen Patienten schnackte. Ganz besonders und toll war für mich dann der Moment, das alte Gesichter aus meinem Entzug dort wieder in Behandlung waren. Denn wichtig ist nicht, das sie rückfällig waren, sondern wieder dort sind und nicht aufgeben.

Und über eine Person habe ich mich besonders gefreut. Wer meine anderen Artikel am Anfang gelesen hatte, weiß das es einen zusätzlichen Auslöser für diese Arbeit gab. Für mich war es schwer, den Nachfolger meiner frühern Geschäfte zu sehen. Ich wusste er wurde als Ersatz für mich benutzt, ebenfalls extra rückfällig und in eine erneute schwere Abhängigkeit gebracht. So weit, das er sein Leben wieder total gegen die Wand fuhr, obwohl er vorher schon eine Therapie geplant hatte. Er wurde ebenfalls in Wege gebracht, die er nüchtern niemals gegangen war, eben genau so wie bei mir. Den Dealern war das Risiko für diese Person eben auch völlig egal. Er tat mir leid, auch wenn ich nicht für ihn verantwortlich war, aber ich wurde wesentlich aktivier, um den ganzen Strukturen ein schnelleres Ende zu verschaffen, bevor er wie ich fast gestorben wäre und keine Grenzen mehr gefunden hätte (ohne es ja eigentlich zu wollen) Und genau diese Person hat den Absprung aus irgendwelchen Gründen 😉 geschafft und war nun dort. Er geht den richtigen Weg und wirkte schon ganz anders, als ich ihn in Erinnerung hatte. Ein wunderbares Gefühl, auch wenn es überhaupt nichts mit mir zu tun hat.

Dann war es irgendwann endlich so weit und wir stellten einem gemischten Alterspublikum die Selbsthilfe an sich und unsere Gruppe vor. Ich hab vermutlich teilweise wieder gequasselt wie ein Wasserfall, hatte dabei das erste Mal seit langem wieder über die erste Woche clean, den dann plötzlichen Tod meines Hundes und was mich seitdem motiviert, nicht aufzugeben gesprochen. Ich will mich jetzt nicht hoch stellen, aber ich glaube, man merkt bei mir zumindest, ich weiß wovon ich spreche und viele können sich in einigen Punkten mit sich selbst identifizieren. Auch meine Begleitung hat eine super Art, Selbsthilfegruppen richtig zu vermitteln, ohne das es Langweilig wird und auch er weiß ganz genau, wovon er spricht. Er kann es eben aus der Sicht eines Süchtigen erzählen, die JEDER Süchtige versteht. Da hat man nicht das Gefühl, man selbst wäre schlimmer dran und der Erzähler kann doch gar nicht wissen, wie es bei mir selbst ist. Es ist alles auf einer Ebene und ganz speziell eben. Wer schon Selbsthilfegruppen kennengelernt hat oder wem welche vorgestellt wurden, weiß sicher was ich meine und welche Gedanken dann so aus der Sicht des „noch“ Abhängigen so aufkommen kann.

Es gab auch eine Frage von einer jungen Dame die mich kurz gut reflektieren ließ. „Was nehmt ihr für Skills bei Triggern“ Sie meinte vermutlich, was wir machen, wenn wir Suchtdruck haben, egal wovon er ausgelöst wird.

Und da gab es rückblickend nur eine (für mich) beste Strategie, auf die alle anderen Skills und Hilfestellungen aufbauen. Vollkommen offen und ehrlich mit seiner Erkrankung und Rückfällen umgehen. Hätte es mich nicht so getroffen, das ich erkannte niemand vertraut mir mehr (was auch noch verständlich für mich war), gab es nur diesen Weg, egal wie hart er für mich oder andere sein könnte. Denn Halbwahrheiten um andere zu schützen hilft letztendlich keinen von beiden. Es macht alles nur schlimmer!

Ja und dann wäre meine Begleitung eigentlich mit dem Bus zurück in einen anderen Stadtteil gefahren, entschied sich dann aber spontan doch noch ca eine halbe Stunde / Stunde mit mir in Richtung Home zu laufen & die Zeit für gute Gespräche zu nutzen. Er fuhr dann erst kurz vor meiner Haustür mit dem nächsten Bus in sein Stadtviertel.

Ja und all diese tollen Erlebnisse, Gespräche und Reflektieren geben mir gerade unheimlich viel. Es klingt für einige von Euch sicher völlig unverständlich, aber dieser Rausch von Emotionen ohne Konsum, ist genau das, was ich immer gesucht habe, wenn es um die Frage ging „Für was würdest Du den den rausch von Drogen tauschen“. Damals wusste ich nur, das Gefühl der Liebe, was ich bei der frühern Nähe meiner Kinder spüren konnte (aber das war ja immer unerreichbar für mich) aber jetzt weiß ich, es ist das echte Leben mit cleanen Kontakten. Wir machen uns im Verlauf unserer Sucht immer vor, die Drogen würden uns Gefühle / Emotionen / Kraft / Entspannung geben, die wir normal nicht erreichen können. Das mag auch bei den ersten Malen so gewesen sein, aber sobald die Sucht eintraf, war es nie wieder so wie das echte Leben sein kann, denn das haben wir dann bereits vergessen oder unserer innerer Hyde konnte es immer erfolgreich unterdrücken, damit er von uns gefüttert wird.

Das kannst Du aber nur verstehen und fühlen, wenn Du an meinen Punkt gelangst und dieser Weg (da will ich Dir nichts vormachen) ist am Anfang sehr schwer und nicht einfach. Selbst jetzt kann ich ja nicht versprechen, was Morgen ist. Ob mich eine Emotion nicht doch so aus der Bahn wirft, das ich einen Rückfall erleide. Ich bin eben Suchtkrank. Und Suchtkrank ist eine richtige Krankheit. So wie Syphilis, Hämorriden, eine Allergie gegen Nüsse oder Schizophrenie. Es ist zum größten Teil nicht heilbar, aber mit den richtigen Mitteln und Wegen einzudämmen. Man kann den Verlauf einer Verschlechterung eindämmen oder aufhalten.

Und das tatsächlich auch nur mit Dingen wie Entgiftung, Therapie, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen. Wenn Du denkst Du brauchst das nicht und schaffst es allein, dann bist Du noch nicht weit genug gefallen und endest irgendwann da wo ich gelandet bin oder bist bald (sorry) tot. Und ich hoffe sehr, das Du das nicht musst, denn das ich noch lebe ist ein wahres Wunder. Ca. 80 Prozent aller Konsumenten die ich in meinem Leben kennengelernt habe (ich war aber auch einer der harten Kotti Fälle) sind entweder tot oder es fehlt mindestens eine Gliedmaße wie Arm oder Bein.Teilweise können sie nur noch eine Hand bewegen um den Rollstuhl zu steuern und freuen sich trotzdem noch (machen sich was vor) , das man damit das Sterni halten und Diaz einwerfen kann. Zudem wird man dann als Heroin Verkäufer an den U-bahn Stationen weniger gefilzt.Und ich habe wie einige heute aus der Selbsthilfegruppe (die Vorstellung in der Klinik) sicher auch, immer gedacht, da lande ich nie. Ich war immer besser als die anderen Junkies und mich falsch gedacht besser unter Kontrolle. Aber nicht Du hast aktuell Deine Sucht unter Kontrolle. Die Sucht kontrolliert Dich, so lange Du keine weiteren Schritte gehst. Ich denke, das war es für das Erste heute. Ich versuche mich auch etwas kürzer zu halten, da sicher schon genug von Euch über meine langen Texte kotzen 😀 Ich danke Dir für Deine Zeit in diesem Artikel! Bis Morgen!

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