Sexualität und Intimität bei Drogenabhängigkeit – vorher / nachher

Drogenabhängigkeit ist eine komplexe Krankheit, die viele Aspekte des Lebens eines Menschen beeinflusst, einschließlich seiner Sexualität und Intimität. Drogen können sowohl die sexuelle Funktion als auch das Verlangen verändern und zu Problemen in Beziehungen führen. In diesem Blog-Artikel werden wir die Auswirkungen von Drogen auf die Sexualität und Intimität von Drogenabhängigen untersuchen und sowohl die Zeit vor als auch nach dem Drogenkonsum betrachten.

Auswirkungen von Drogen auf die Sexualität und Intimität

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Drogen verschiedene Auswirkungen auf die Sexualität und Intimität haben können. Forschende der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen führten eine Studie mit 490 Patient*innen in Suchttherapie durch, die zeigte, dass 57% der Befragten Alkohol, Kokain oder Amphetamine in Verbindung mit Sex konsumierten. Diese Effekte sind oft abhängig von der Art der Droge, der Dosierung und den individuellen Merkmalen des Konsumenten.

Sexuelle Funktionsstörungen durch Drogenkonsum

Viele Drogen können zu sexuellen Funktionsstörungen führen, wie z.B. Erektionsstörungen, verminderter Libido und Schwierigkeiten beim Erreichen eines Orgasmus. Diese Probleme können sowohl während des Drogenkonsums als auch nach dem Absetzen der Drogen auftreten. Chronischer Drogenkonsum kann langfristig zu schweren und dauerhaften sexuellen Funktionsstörungen führen.

Stimulierende Drogen

Stimulierende Drogen wie Kokain und Amphetamine können die sexuelle Erregung und das Verlangen kurzfristig steigern. Sie können auch zu riskanterem Sexualverhalten führen, da sie Hemmungen abbauen und die Risikobereitschaft erhöhen. Langfristig kann der Konsum von Stimulanzien jedoch zu den oben genannten sexuellen Funktionsstörungen führen.

Entaktogene Drogen

Entaktogene Drogen wie Ecstasy (MDMA) können Gefühle von Intimität und Verbundenheit verstärken. Sie können auch die sexuelle Erregung steigern und das sexuelle Erlebnis intensivieren. Studien zeigen, dass Ecstasy die Ausschüttung des „Bindungshormons“ Oxytocin stimuliert, was die Liebesgefühle intensiviert. Allerdings kann auch hier der langfristige Konsum zu sexuellen Problemen wie einer verminderten Libido führen.

Sedierende Drogen

Sedierende Drogen wie Heroin und Opiate können die sexuelle Lust und Erregung dämpfen. Sie können auch zu Erektionsstörungen und anderen sexuellen Funktionsstörungen führen.

Alkohol

Alkohol ist eine weit verbreitete Droge, die in geringen Mengen die sexuelle Enthemmung fördern kann. In höheren Dosen kann Alkohol jedoch zu Erektionsstörungen, verminderter Libido und Schwierigkeiten beim Erreichen eines Orgasmus führen. Chronischer Alkoholkonsum kann langfristig zu schweren sexuellen Funktionsstörungen führen.

Cannabis

Cannabis kann die sexuelle Erfahrung intensivieren und die Sinne schärfen. Einige Studien deuten darauf hin, dass Cannabiskonsum mit einer erhöhten sexuellen Aktivität verbunden sein kann. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Cannabis auch Angstzustände und Paranoia auslösen kann, was sich negativ auf die Sexualität auswirken kann.

Drogen und die Suche nach Liebe und Intimität

Eine interessante Erkenntnis aus der Forschung ist der Zusammenhang zwischen der Art der Droge und dem Bedürfnis nach Liebe, Zärtlichkeit und Sex. Während Stimulanzien wie Kokain in erster Linie die Libido und sexuelle Leistungsfähigkeit steigern, ohne das Bedürfnis nach Liebe zu erhöhen, fördern Entaktogene wie Ecstasy sowohl die Liebesgefühle als auch die sexuelle Lust. Cannabis liegt in dieser Hinsicht zwischen den beiden Extremen. Diese Unterschiede sind wichtig, um die Motivationen und Bedürfnisse von Drogenkonsument*innen im sexuellen Kontext besser zu verstehen.

Erfahrungsberichte von Drogenabhängigen

Erfahrungsberichte von Drogenabhängigen zeigen, wie Drogen die Sexualität und Intimität beeinflussen können. In einer Studie mit 1616 drogenerfahrenen Personen wurde der Einfluss verschiedener Drogen auf das Bedürfnis nach Liebe, Zärtlichkeit und Sex untersucht. Die größte Steigerung des Bedürfnisses nach Liebe, verbunden mit einer deutlich erhöhten Libido, wurde dem Konsum von Ecstasy zugeschrieben, gefolgt von Cannabis. Kokain war mit der höchsten Libido und der intensivsten sexuellen Performance assoziiert, allerdings bei kaum erhöhten Liebesgefühlen.

Ein ehemaliger Drogenabhängiger berichtet, wie Alkohol sein Sexleben zunächst stimulierte, aber im Laufe der Zeit zu Abhängigkeit und negativen Folgen führte. Er beschreibt, wie er Drogen wie Speed und Kokain einsetzte, um seine Leistung zu steigern, und wie die Sucht sein Leben und seine Beziehungen zerstörte. Ein anderer ehemaliger Abhängiger erzählt, wie er Crystal Meth konsumierte, um Hemmungen abzubauen und sexuelle Abenteuer zu erleben, aber letztendlich die Kontrolle über seinen Konsum verlor und negative Konsequenzen wie Scham und Schuldgefühle erlebte.

In einem Interview spricht der Schauspieler Eric Stehfest offen über seine Erfahrungen mit Crystal Meth und Sex. Er beschreibt, wie die Droge ihm anfangs half, Hemmungen zu überwinden und intensive sexuelle Erlebnisse zu haben, aber letztendlich seine Sexualität „versaute“ und ihm die Fähigkeit nahm, Intimität ohne Drogen zu erleben. Er betont die harte Arbeit, die es ihn kostete, wieder ein „normales“ Sexleben zu führen, und wie er gemeinsam mit seiner Frau neue Reize setzen musste, um Intimität ohne Drogen zu erleben.

Chemsex und Drogenkonsum im sexuellen Kontext

Chemsex beschreibt den Konsum von Drogen wie Crystal Meth, Mephedron und GHB/GBL im Zusammenhang mit schwulem Sex. Es ist ein Phänomen der zeitgenössischen schwulen Kultur und wird oft als Selbstmedikation für komplexe Themen eingesetzt, die den Genuss schwuler Sexualität verhindern, wie z.B. gesellschaftliche Homophobie und die Auswirkungen der HIV/Aids-Epidemie.

Chemsex birgt jedoch erhebliche Risiken und Gefahren. Der Konsum dieser Drogen kann zu riskanterem Sexualverhalten, einer höheren Anzahl von Sexualpartner*innen und einer verringerten Bedeutung von Safer-Sex-Praktiken führen. Zu den unerwünschten Wirkungen der Drogen gehören Aggression, Paranoia, Halluzinationen und Psychosen. Chemsex wird mit einer erhöhten Inzidenz von HIV, Hepatitis C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen in Verbindung gebracht. Es kann auch zu Todesfällen durch Überdosierungen, Suiziden und schwerwiegenden psychischen Problemen führen.

Intimität und Sexualität in der Genesung

Intimität und Sexualität spielen eine wichtige Rolle in der Genesung von Drogenabhängigen. Drogenabhängigkeit kann zu Problemen in Beziehungen führen, und die Fähigkeit, gesunde Beziehungen aufzubauen und Intimität zu erleben, ist entscheidend für eine erfolgreiche Genesung. Die Bearbeitung von Intimitätsstörungen ist daher ein wichtiger Bestandteil der Therapie.

In der Therapie lernen Drogenabhängige, mit den emotionalen und psychologischen Problemen umzugehen, die zu ihrer Sucht beigetragen haben. Sie lernen auch, gesunde Bewältigungsmechanismen zu entwickeln und Intimität ohne Drogen zu erleben. Ein wichtiger Aspekt der Heilung von sexueller Sucht ist die Entwicklung von Liebesfähigkeit. Viele Sexsüchtige leiden an Störungen der Intimität und haben Schwierigkeiten, zwischenmenschliche Nähe als wünschenswert und befriedigend zu erleben.

Vorteile nach der Überwindung der Sucht

Die Überwindung einer Drogensucht bringt zahlreiche Vorteile mit sich, die sich positiv auf die Sexualität und Intimität auswirken können. Dazu gehören:

  • Verbesserte körperliche Gesundheit: Drogenkonsum kann zu verschiedenen körperlichen Problemen führen, die die sexuelle Funktion beeinträchtigen. Nach dem Absetzen der Drogen kann sich der Körper erholen, was zu einer verbesserten Durchblutung, einem gesteigerten Energielevel und einer erhöhten Libido führen kann.
  • Verbesserte psychische Gesundheit: Drogenabhängigkeit geht oft mit psychischen Problemen wie Depressionen und Angstzuständen einher, die die Sexualität negativ beeinflussen können. In der Genesung lernen Drogenabhängige, mit diesen Problemen umzugehen und ihre Emotionen zu regulieren, was zu einem verbesserten Selbstwertgefühl und einer positiveren Einstellung zur Sexualität führen kann.
  • Gesündere Beziehungen: Drogensucht belastet Beziehungen und kann die Fähigkeit zur Intimität beeinträchtigen. In der Genesung lernen Drogenabhängige, gesunde Beziehungen aufzubauen, Konflikte zu lösen und Intimität ohne Drogen zu erleben.
  • Mehr Zeit und Energie: Drogensucht ist zeitaufwendig und raubt Energie. Nach der Überwindung der Sucht haben Betroffene mehr Zeit und Energie für sich selbst, ihre Hobbys und ihre Beziehungen, was sich positiv auf die Sexualität und Intimität auswirken kann.
  • Klarere Gedanken und bessere Entscheidungsfindung: Drogenabhängigkeit trübt die Wahrnehmung und beeinträchtigt die Entscheidungsfähigkeit. In der Genesung gewinnen Betroffene Klarheit und können bessere Entscheidungen treffen, auch in Bezug auf ihre Sexualität.

Herausforderungen für Drogenabhängige

Drogenabhängige stehen in Bezug auf Sexualität und Intimität vor verschiedenen Herausforderungen. Dazu gehören:

  • Sexuelle Funktionsstörungen: Drogen können zu Erektionsstörungen, verminderter Libido und anderen sexuellen Problemen führen.
  • Risikoverhalten: Drogenkonsum kann zu riskanterem Sexualverhalten führen, wie ungeschütztem Sex und Sex mit mehreren Partnern.
  • Probleme in Beziehungen: Drogenabhängigkeit kann zu Konflikten in Beziehungen führen und die Fähigkeit beeinträchtigen, Intimität zu erleben.
  • Scham und Stigmatisierung: Drogenabhängige können sich für ihre Sucht und ihr Sexualverhalten schämen, was es ihnen erschwert, Hilfe zu suchen.
  • Trauma und Hypersexualität: Traumatische Erlebnisse und negative Gefühlszustände können zu Hypersexualität führen, bei der Sex als Bewältigungsmechanismus eingesetzt wird. Die Aufarbeitung von Traumata ist daher ein wichtiger Bestandteil der Therapie.

Unterstützung und Ressourcen

Es gibt verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten und Ressourcen für Drogenabhängige, die ihre Sexualität und Intimität verbessern möchten. Dazu gehören:

  • Suchtberatung: Suchtberater*innen können Drogenabhängigen helfen, die Ursachen ihrer Sucht zu verstehen und gesunde Bewältigungsmechanismen zu entwickeln.
  • Therapie: Eine Therapie kann Drogenabhängigen helfen, die emotionalen und psychologischen Probleme zu bewältigen, die zu ihrer Sucht beigetragen haben.
  • Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen bieten Drogenabhängigen einen sicheren Raum, um ihre Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen.
  • Online-Ressourcen: Es gibt verschiedene Online-Ressourcen, die Informationen und Unterstützung für Drogenabhängige bieten.
  • Aufsuchende Sozialarbeit: Aufsuchende Sozialarbeit spielt eine wichtige Rolle, um Drogenabhängige in ihrem Lebensumfeld zu erreichen und ihnen niedrigschwellige Hilfe anzubieten. Durch den Aufbau persönlicher Kontakte und den Abbau von Hemmschwellen können Drogenabhängige motiviert werden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Zusammenfassung und Ausblick

Drogenabhängigkeit kann die Sexualität und Intimität von Menschen auf vielfältige Weise beeinflussen. Die Art der Droge, die Dauer des Konsums und die individuellen Bedürfnisse spielen dabei eine Rolle. Drogen können sowohl die sexuelle Funktion als auch das Verlangen verändern und zu Problemen in Beziehungen führen. Sexuelle Funktionsstörungen, Risikoverhalten, Scham und Stigmatisierung sind häufige Herausforderungen für Drogenabhängige.

Intimität und Sexualität spielen eine wichtige Rolle in der Genesung. Die Bearbeitung von Intimitätsstörungen und die Entwicklung von Liebesfähigkeit sind wichtige Ziele der Therapie. Drogenabhängige können lernen, gesunde Beziehungen aufzubauen und Intimität ohne Drogen zu erleben. Die Überwindung der Sucht bringt zudem zahlreiche Vorteile mit sich, wie eine verbesserte körperliche und psychische Gesundheit, gesündere Beziehungen und mehr Zeit und Energie für sich selbst und seine Beziehungen.

Es gibt verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten und Ressourcen für Drogenabhängige, die ihre Sexualität und Intimität verbessern möchten. Suchtberatung, Therapie, Selbsthilfegruppen und aufsuchende Sozialarbeit sind wichtige Angebote.

Zukünftige Entwicklungen sollten die Notwendigkeit weiterer Forschung zu den komplexen Zusammenhängen zwischen Drogenkonsum, Sexualität und Intimität berücksichtigen. Die Entwicklung spezifischer Therapieansätze, die auf die individuellen Bedürfnisse von Drogenabhängigen zugeschnitten sind, ist ebenfalls von großer Bedeutung.

More Reading

Post navigation

Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schwul durch Drogen? 🤯 Schluss mit dem Mythos – Das musst Du wissen!

Berliner Drogenberatung

Sexuelle Neigungen und Drogenkonsum