Der Kick aus der Deo Dose – eine lebensgefährliche Mutprobe

Deospray – wir alle benutzen es, um uns frisch und sauber zu fühlen. Doch was passiert, wenn dieses alltägliche Produkt zum Mittelpunkt einer gefährlichen Mutprobe wird? Die sogenannte „Deo-Challenge“ kursiert in Online-Videoplattformen und sozialen Medien und animiert vor allem Jugendliche dazu, Deospray missbräuchlich zu verwenden. Sie sprühen es so lange auf die Haut oder inhalieren es, bis es nicht mehr auszuhalten ist. Was wie ein harmloser Trend aussieht, kann jedoch schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben und sogar tödlich enden.

Was ist die Deo-Challenge und warum ist sie so gefährlich?

Die Deo-Challenge hat zwei Varianten:

  • Variante 1: Kälte-Challenge: Hierbei wird das Deospray so lange auf eine Hautstelle gesprüht, bis die extreme Kälte unerträglich wird. Innerhalb weniger Sekunden können Temperaturen von bis zu -30 Grad Celsius erreicht werden 3. Dies führt zu starken Schmerzen, massiven Hautschädigungen und im schlimmsten Fall zu Kälteverbrennungen, die das Gewebe absterben lassen können.
  • Variante 2: Inhalieren: Bei dieser Variante wird das Deospray eingeatmet. Die enthaltenen Chemikalien, insbesondere Butan, gelangen in hohen Konzentrationen in den Körper und können Herz und Gehirn schädigen. Die Folgen können lebensbedrohlich sein: Bewusstlosigkeit, Herzversagen und Atemlähmung sind möglich.

Todesfälle im Zusammenhang mit der Deo-Challenge zeigen die tödliche Gefahr dieser Mutprobe. So starb beispielsweise im Januar 2023 eine 17-Jährige in Schleswig-Holstein nach einer Deo-Challenge. Ein besonders tragischer Fall ereignete sich bei einem 19-jährigen Mann, der sich in einer Drogenrehabilitationsklinik (wie ich in meiner Rückfallaufarbeitung Teil 1) wegen Ketamin– und Cannabisabhängigkeit in Behandlung befand. In einem Rückfallversuch inhalierte er Deospray unter einem Handtuch. Er wurde hyperaktiv, erlitt einen Herzstillstand und kollabierte. Trotz Wiederbelebungsmaßnahmen und intensivmedizinischer Behandlung verstarb er kurze Zeit später.

Der „Kick“ aus der Dose – Wirkung wie Poppers?

Der durch das Inhalieren von Deospray entstehende Rauschzustand ähnelt in seiner Wirkung dem der Droge Poppers. Poppers, auch bekannt als „Snappers“, enthalten chemische Verbindungen, die als Alkylnitrite bezeichnet werden. Diese wirken direkt auf das zentrale Nervensystem, erweitern die Blutgefäße und entspannen die glatte Muskulatur. Sowohl Poppers als auch das Inhalieren von Deospray erzeugen einen kurzen, intensiven Rauschzustand mit Euphorie, Enthemmung und Kontrollverlust über das Gefühlsleben.

Achtung: Sowohl Poppers als auch das Inhalieren von Deospray sind gefährlich und können zu schweren gesundheitlichen Schäden und sogar zum Tod führen.

Wo gibt es Hilfe?

Wenn Du selbst Probleme mit dem Inhalieren von Deospray oder anderen Substanzen hast oder jemanden kennst, der Hilfe braucht, gibt es verschiedene Anlaufstellen:

  • Sucht- und Drogenberatungsstellen: bieten professionelle Unterstützung und Beratung für Betroffene und Angehörige.
  • Sucht & Drogen Hotline: telefonische Beratung und Informationen durch erfahrene Fachleute.
  • Online-Beratung: anonyme und kostenlose Beratung im Internet.
  • Selbsthilfegruppen: bieten Unterstützung und Austausch mit anderen Betroffenen.

Es ist wichtig zu wissen, dass Sucht eine Krankheit ist, aber sie ist behandelbar. Mit professioneller Hilfe und Unterstützung ist es möglich, von der Sucht loszukommen und ein gesundes Leben zu führen.

HilfsangeboteBeschreibungKontaktWebsite
Sucht & Drogen HotlineTelefonische Beratung, Hilfe und Informationen01806 313031
hilfenimnetz.deBeratung für Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familienhttps://www.hilfenimnetz.de
Einrichtungsdatenbank der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS)Informationen zu ambulanten und stationären Suchthilfeeinrichtungenhttps://www.dhs.de/service/suchthilfeverzeichnis/
Infotelefon zur SuchtvorbeugungBeratung und Informationen zur Suchtvorbeugung0221 89 20 31https://www.bzga.de/service/infotelefone/suchtvorbeugung/
Telefonberatung zur RauchentwöhnungBeratung und Informationen zur Rauchentwöhnung0800 8 31 31 31https://www.bzga.de/service/infotelefone/rauchentwoehnung/
Telefonberatung zur GlücksspielsuchtBeratung und Informationen zur Glücksspielsucht0800 1 37 27 00https://www.bzga.de/service/infotelefone/gluecksspielsucht/
Sorgentelefon für AngehörigeBeratung und Unterstützung für Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen06062 / 607 67
Caritas Online-BeratungKostenlose und anonyme Suchtberatung im Internethttp://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/suchtberatung/

Welche Stoffe stecken in Deospray und wie wirken sie?

Deodorants enthalten eine Vielzahl von Inhaltsstoffen mit unterschiedlichen Funktionen:

Antitranspirantien:

  • Aluminiumsalze: Diese Salze, wie z.B. Aluminiumchlorhydrat, verengen die Ausgänge der Schweißdrüsen und reduzieren so die Schweißproduktion. Sie sind der Hauptbestandteil von Antitranspirantien. Deo-Antitranspirantien, die sowohl schweißhemmend als auch geruchsmaskierend wirken, enthalten in der Regel einen geringeren Anteil an Aluminiumsalzen, etwa 2%.
    • Bedenklich? Es gibt Diskussionen darüber, ob Aluminiumsalze Brustkrebs oder Alzheimer fördern können. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam jedoch 2020 zu dem Schluss, dass die tägliche Verwendung von Antitranspirantien mit Aluminiumsalzen als sicher gilt, da Aluminium nur in sehr geringen Mengen über die Haut aufgenommen wird.

Antibakterielle Wirkstoffe und Deodorantien:

  • Alkohol: Wirkt desinfizierend und erzeugt ein kühlendes Gefühl auf der Haut.
    • Bedenklich? Alkohol kann die Haut austrocknen und Irritationen verursachen.
  • Triclosan: Ein antibakterielles Mittel, das das Bakterienwachstum hemmt.
    • Bedenklich? Kann die Haut reizen und steht im Verdacht, hormonell wirksam zu sein.
  • Enzymblocker: Hemmen Enzyme, die Schweiß zersetzen und unangenehmen Geruch verursachen.
  • Duftstoffe: Überdecken unangenehme Gerüche.
    • Bedenklich? Viele Duftstoffe können Allergien auslösen. Einige, wie Cashmeran, Lilial und künstlicher Moschusduft, reichern sich im Körper an und können möglicherweise die Umwelt, das Erbgut oder das Hormonsystem schädigen.

Weitere Inhaltsstoffe:

Deodorants können auch Treibgase (wie Butan), Lösungsvermittler, Gelbildner, Emulgatoren, Silikone, Parabene, Konservierungsstoffe, Farbstoffe und weitere Zusätze enthalten.

  • Butan: Wird als Treibgas in Deosprays verwendet.
    • Bedenklich? Butangas ist hochentzündlich und kann beim Einatmen zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Laut der Europäischen Schülerstudie ESPAD 2007 war Butangas für 36 von 45 Todesfällen beim Konsum von Schnüffelstoffen verantwortlich.
  • Parabene: Konservierungsstoffe, die das Produkt haltbar machen.
    • Bedenklich? Stehen im Verdacht, hormonell wirksam zu sein.
  • Talkum: Ein Mineralpulver, das Feuchtigkeit absorbiert.
    • Bedenklich? Kann möglicherweise Asbestfasern enthalten und die Atemwege schädigen.
  • PEG/PEG-Derivate: Machen die Haut durchlässiger für Fremdstoffe.
    • Bedenklich? Können Allergien auslösen und stehen im Verdacht, Krebs auszulösen.
  • Silikone und Paraffine: Bilden einen Film auf der Haut.
    • Bedenklich? Basieren in der Regel auf Erdöl und können sich in der Umwelt anreichern.
  • Halogenorganische Verbindungen: Können in Deodorants vorkommen.
    • Bedenklich? Viele sind allergieauslösend, manche können Krebs erzeugen und fast alle reichern sich in der Umwelt an.
  • Butylhydroxytoluol (BHT): Ein Konservierungsmittel.
    • Bedenklich? Biologisch schwer abbaubar und steht im Verdacht, Allergien auszulösen und hormonell wirksam zu sein.
  • Formaldehyd/-abspalter: Können in Deodorants vorkommen.
    • Bedenklich? Können Hautreizungen verursachen.

Warum inhalieren Menschen Deospray?

Das Inhalieren von Deospray und anderen Haushaltsprodukten ist eine Form des Substanzmissbrauchs, die vor allem bei Jugendlichen verbreitet ist. Laut der Europäischen Schülerstudie ESPAD 2007 haben 11,5% aller deutschen Minderjährigen schon einmal mit dieser Form des Substanzmissbrauchs experimentiert. Die Substanzen im Deospray, insbesondere Butan, wirken auf das zentrale Nervensystem und erzeugen einen Rauschzustand, der mit Euphorie und Enthemmung verbunden ist. Die Wirkung tritt innerhalb weniger Sekunden ein und hält nur kurz an (ca. 2-30 Minuten), was dazu führt, dass die Dosis oft erhöht wird und das Risiko einer Überdosierung steigt. Studien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Überdosis beim ersten Konsum von Schnüffelstoffen besonders hoch ist.

Es gibt verschiedene Methoden des Inhalierens:

  • Sniffing: Direktes Inhalieren aus der Dose oder Flasche.
  • Huffing: Inhalieren durch ein getränktes Tuch.
  • Bagging: Inhalieren aus einer Plastiktüte oder einem Ballon.

Besonders gefährlich ist das „Bagging“ mit einer Plastiktüte, da neben der Gefahr der Vergiftung auch das Risiko einer Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie) durch Ersticken (Asphyxie) besteht.

Psychologische Gründe für das Inhalieren von Deospray:

  • Neugier und Experimentierfreude: Jugendliche sind in einer Phase der Selbstfindung und testen gerne Grenzen aus.
  • Gruppenzwang und soziale Anerkennung: Die Deo-Challenge wird oft in Gruppen durchgeführt und in sozialen Medien geteilt. Jugendliche erliegen dem Gruppenzwang, um dazuzugehören oder Anerkennung zu erhalten.
  • Langeweile und Frustration: Das Inhalieren kann dazu dienen, Langeweile zu vertreiben, Problemen zu entfliehen oder negative Gefühle zu unterdrücken.
  • Leichter Zugang: Deospray ist ein alltäglicher Haushaltsgegenstand und leicht zugänglich.

Studien zeigen, dass Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen häufiger zu Inhalationsmitteln greifen. Mögliche Gründe hierfür sind der erschwerte Zugang zu anderen Drogen, begrenzte Freizeitmöglichkeiten oder eine höhere Exposition gegenüber flüchtigen Substanzen im Alltag.

Kurz- und langfristige Folgen des Inhalierens

Kurzfristige Folgen:

  • Benommenheit und Schwindel
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Halluzinationen
  • Atemstörungen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Bewusstlosigkeit
  • Krampfanfälle
  • Herzstillstand
  • Tod

Das Inhalieren von Deospray kann die Herztätigkeit auf verschiedene Weisen beeinträchtigen:

  • Sensibilisierung für adrenerge Stimulation: Das Herz reagiert empfindlicher auf Stresshormone, was zu Herzrhythmusstörungen führen kann.
  • Koronarspasmen: Die Herzkranzgefäße verengen sich, wodurch die Blutversorgung des Herzens beeinträchtigt wird.
  • Beeinträchtigung des Herzmuskels: Die Funktion des Herzmuskels wird direkt durch die inhalierten Substanzen geschädigt.

Durch das direkte Sprühen von Deospray in den Rachenraum kann die Temperatur der Flüssigkeiten schlagartig auf -20°C sinken. Dies kann zu einem anhaltenden Stimmritzenkrampf (Laryngospasmus) führen und die Atmung blockieren. Auch die Ausdehnung des Gasvolumens nach dem Sprühen kann zu einem Sauerstoffmangel in den Lungenbläschen (Alveolen) führen und einen Herzstillstand auslösen.

Langfristige Folgen:

  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Nervenschädigungen
  • Atemwegserkrankungen, einschließlich schwerwiegender Atemstörungen und Entzündungen des Lungengewebes
  • Leber- und Nierenschäden
  • Psychische Abhängigkeit

Zu den weiteren Symptomen des Inhalierens von Deospray gehören Nasenbluten, Tinnitus, Husten und Erbrechen. Ähnlich wie bei einer Alkoholvergiftung besteht die Gefahr, im bewusstlosen Zustand an Erbrochenem zu ersticken.

Was tun im Notfall11?

Wenn jemand nach dem Inhalieren von Deospray oder anderen Substanzen gesundheitliche Probleme hat, ist es wichtig, schnell zu handeln:

  • Ruhe bewahren: Versuche, ruhig zu bleiben und die Situation einzuschätzen.
  • Frischluftzufuhr: Öffne Fenster und Türen, um für frische Luft zu sorgen.
  • Stabile Seitenlage: Bringe die Person in die stabile Seitenlage, um zu verhindern, dass sie an Erbrochenem erstickt.
  • Keine Nahrung oder Getränke: Gib der Person nichts zu essen oder zu trinken.
  • Kleidung öffnen: Öffne enge Kleidung, um die Atmung zu erleichtern.
  • Notruf absetzen: Rufe sofort den Notarzt (112) und schildere die Situation.
  • Beobachten: Beobachte die Atmung und den Puls der Person, bis der Notarzt eintrifft.
  • Hinweise sichern: Sichere mögliche Beweismittel wie leere Dosen oder Ballons. Diese können für die medizinische Behandlung wichtig sein.

Umweltauswirkungen von Deosprays

Deodorants in Sprayform waren früher schädlich für die Umwelt, da sie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) enthielten, die zum Abbau der Ozonschicht führten. Dank internationaler Abkommen sind FCKW in Deosprays heute verboten. Sie wurden durch Treibgase ersetzt, die die Ozonschicht nicht schädigen.

Fazit

Die Deo-Challenge ist eine gefährliche Mutprobe, die schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann. Das Inhalieren von Deospray ist eine Form des Substanzmissbrauchs, die schnell zu einer Abhängigkeit führen kann.

Sprich mit Deinen Freunden und deiner Familie über die Gefahren der Deo-Challenge und anderer Formen des Substanzmissbrauchs. Gemeinsam könnt ihr euch gegenseitig unterstützen und euch für ein gesundes und verantwortungsvolles Leben entscheiden. Wenn Du Hilfe brauchst oder jemanden kennst, der Hilfe braucht, scheue Dich nicht, dich an eine der genannten Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen zu wenden. Es gibt Menschen, die Dir helfen können!

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