Herzlich willkommen zu Tag 6. Die letzten Tage waren intensiv. Du hast dich mit der Krankheit Sucht, mit Co-Abhängigkeit und Grenzen beschäftigt. Dabei ging es immer auch um die Interaktion mit deinem Angehörigen.
Heute nicht. Heute gibt es nur einen einzigen Menschen, der im Mittelpunkt steht: DU.
Viele Angehörige glauben, Selbstfürsorge sei ein Luxus, den sie sich nicht leisten können. Das ist falsch. Selbstfürsorge ist deine Überlebensstrategie. Sie ist der Anker, der dich im Sturm festhält. Heute lernst du, wie du deine eigenen Batterien wieder auflädst – nicht irgendwann, sondern jetzt.
Deine Sauerstoffmaske zuerst: Warum Selbstfürsorge nicht egoistisch ist ✈️
Du kennst die Sicherheitshinweise im Flugzeug: „Setzen Sie zuerst Ihre eigene Sauerstoffmaske auf, bevor Sie anderen Personen helfen.“ Warum? Weil ein bewusstloser Helfer niemandem nützt.
Genau dieses Prinzip gilt für dich. Jahrelange Sorge und Stress versetzen deinen Körper in einen chronischen Alarmzustand. Das Ergebnis: Erschöpfung, Schlafstörungen, Burnout. Selbstfürsorge bedeutet, diesen Alarmzustand bewusst zu unterbrechen. Das ist nicht egoistisch. Es ist die Grundvoraussetzung, um handlungsfähig zu bleiben und nicht selbst zum Patienten zu werden.
Schlüssel-Erkenntnis zum Mitnehmen 🔑
Dein Wohlbefinden ist das Einzige in diesem ganzen Chaos, worüber du 100% Kontrolle hast. Es ist deine Verantwortung und deine größte Kraftquelle. Deine Genesung ist nicht vom Weg deines Angehörigen abhängig.

Dein Action-Plan: Der Notfallkoffer für deine Seele 🧰
Wirksame Selbstfürsorge findet im Kleinen und im Alltag statt. Hier sind drei Dinge, die du HEUTE noch für dich tun kannst.
Schritt 1: Schaffe eine „Sorgen-freie Zone“ ⛔
Nimm deinen Kalender und blocke dir für heute oder morgen 30 Minuten, die NUR DIR gehören. In dieser Zeit ist es verboten, an die Sucht zu denken oder darüber zu reden. Tu etwas, das dich früher mal begeistert hat: Blättere in einem alten Fotoalbum, höre die Musik deiner Jugend, lies einen Roman. Verbinde dich wieder mit den Teilen deiner Identität, die nichts mit der Rolle als „Angehörige/r“ zu tun haben.
Schritt 2: Aktiviere dein soziales Netz (aber richtig!) 📞
Rufe eine Freundin oder einen Freund an, die/den du schon länger nicht gesprochen hast. Gib dir selbst die Regel: „Ich werde in diesem Gespräch nicht über meine Sorgen zu Hause reden.“ Frage stattdessen nach ihrem Leben, sprich über einen Film, eine lustige Beobachtung. Es geht darum, aus der Problem-Trance auszubrechen und wieder an einem normalen, leichten sozialen Leben teilzuhaben.
Schritt 3: Übe „Loslassen“ in Mikro-Dosen 🕊️
Loslassen bedeutet zu akzeptieren, dass du nicht alles kontrollieren kannst. Übe das heute im Kleinen.
- Entscheide dich bewusst dafür, diese eine Kontroll-Nachricht („Wo bist du?“) nicht zu schicken.
- Widerstehe dem Impuls, seine Online-Aktivität zu checken.
Es wird sich kurz ängstlich anfühlen. Atme durch diese Angst hindurch und erkenne: Die Welt geht nicht unter. Aber du gewinnst ein kleines Stück Freiheit zurück.

Deine Affirmation für heute 🗣️
Dieser Satz ist deine offizielle Erlaubnis, dich gut zu fühlen.
„Ich erlaube mir, Freude und Leichtigkeit zu empfinden, auch wenn die Umstände schwierig sind.“
Ausblick & Vorbereitung auf Tag 7 🗓️
Du hast dir heute den Raum für dich selbst genommen – fantastisch! Morgen, am letzten Tag unseres Workshops, bringen wir alles zusammen. Wir erstellen deinen ganz persönlichen und nachhaltigen Zukunftsplan. Es geht darum, die Erkenntnisse der letzten sechs Tage in einen konkreten Leitfaden für deinen Alltag zu verwandeln, damit die Veränderung bleibt.
Häufige Fragen zum Thema Selbstfürsorge für Angehörige (FAQ)
Wie soll ich entspannen, wenn ich ständig in Alarmbereitschaft bin?
Du kannst den Alarm nicht von 100 auf 0 drehen. Beginne damit, ihn auf 90 zu senken. Kurze, bewusste Atemübungen (4 Sek. ein, 4 Sek. halten, 6 Sek. aus) für nur zwei Minuten können dein Nervensystem bereits beruhigen. Es geht nicht um perfekte Entspannung, sondern um kleine Momente des „Aussteigens“.
Ich habe keine Zeit und kein Geld für Wellness – was kann ich tun?
Die wirksamste Selbstfürsorge ist kostenlos. Ein 10-minütiger Spaziergang um den Block. Bewusst eine Tasse Tee trinken, ohne aufs Handy zu schauen. Deine Lieblingsmusik laut aufdrehen und tanzen. Fünf Minuten bewusstes Atmen am offenen Fenster. Es geht um die Qualität der Aufmerksamkeit, nicht um die Dauer oder die Kosten.
Was ist, wenn ich mich schuldig fühle, wenn ich etwas Schönes für mich tue?
Dieses Schuldgefühl ist ein typisches Symptom der Co-Abhängigkeit. Es ist wie ein Muskel, der falsch trainiert wurde. Jedes Mal, wenn du dir trotzdem etwas Gutes tust, ist das ein Training für den „Selbstwert-Muskel“. Sag dem Schuldgefühl: „Danke für den Hinweis, aber heute entscheide ich anders.“ Mit der Zeit wird es leiser.
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