#ichwerdelaut – Kinder aus Suchtfamilien brechen das Schweigen

In Deutschland leben Millionen von Kindern und Jugendlichen, die mit suchtkranken Eltern aufwachsen. Sie erleben täglich Unsicherheit, Angst und Vernachlässigung. Oft werden sie schon früh mit Aufgaben und Verantwortungen konfrontiert, die sie überfordern. Viele dieser Kinder schämen sich für die Situation zu Hause und versuchen, die Sucht ihrer Eltern zu verheimlichen. Doch das Schweigen und die fehlende Unterstützung haben dramatische Folgen: Sie leiden unter Angstzuständen, Depressionen und einem geringen Selbstwertgefühl. Das Risiko, später selbst suchtkrank zu werden oder psychische Probleme zu entwickeln, ist bei ihnen um ein Vielfaches erhöht. Mit der Kampagne #ichwerdelaut will NACOA Deutschland diesen Kindern eine Stimme geben und ihnen Mut machen, sich Hilfe zu suchen.

NACOA – Eine Stimme für die Kinder

Die National Association for Children of Addiction (NACOA) setzt sich seit vielen Jahren für die Belange von Kindern aus Suchtfamilien ein. NACOA bietet Beratung und Unterstützung für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte.

NACOA – Unterstützung für Fachkräfte

NACOA unterstützt Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, mit verschiedenen Angeboten:

  • Webinare: In Webinaren werden wichtige Themen rund um Sucht und ihre Auswirkungen auf die Familie behandelt. Die Referenten sind renommierte Experten auf diesem Gebiet.
  • Online-Kurse: NACOA bietet Online-Kurse für Fachkräfte aus den Bereichen Seelsorge, Verhaltenstherapie und anderen Bereichen an, die Kinder, Familien und Gemeinden unterstützen, die von Sucht betroffen sind.
  • Children’s Program Kit: Dieses von NACOA entwickelte Kit bietet alle notwendigen Materialien, um Selbsthilfegruppen für Kinder von suchtkranken Eltern in Behandlungseinrichtungen, Schulen und anderen Einrichtungen durchzuführen.

Persönliche Geschichten

Die Kampagne #ichwerdelaut will den Kindern aus Suchtfamilien zeigen, dass sie nicht allein sind. In persönlichen Geschichten erzählen Betroffene, wie sie die Sucht ihrer Eltern erlebt haben und wie sie es geschafft haben, sich daraus zu befreien.

Markus: „Nach außen war das ein super Papa, aber nach innen war alles ganz schrecklich.“ Markus wuchs mit einem alkoholkranken Vater auf. Er erlebte ihn oft betrunken und aggressiv. Schon als kleiner Junge fühlte er sich schuldig und verantwortlich für das Glück seines Vaters.

Daria: „Ich glaube, so etwas bleibt verankert, das bekommt man aus einem Menschen nicht mehr raus – egal, was man tut.“ Daria musste als Siebenjährige vor ihrem betrunkenen Vater zur Polizei flüchten. Sie lebte in ständiger Angst und fühlte sich allein gelassen. Mit 14 Jahren begann sie, viel zu kiffen, um sich zu betäuben.

Severine: „Ich hatte sozusagen keine Kindheit. Ab da war jeden Tag Hölle und Krieg!“ Severine erlebte als Kind häusliche Gewalt und musste früh Verantwortung für ihre Geschwister übernehmen. Die Angst vor ihrem Vater begleitete sie Tag und Nacht.

Diese Geschichten zeigen, wie sehr die Sucht der Eltern das Leben der Kinder prägt. Sie machen deutlich, wie wichtig es ist, dass die Kinder Hilfe bekommen und lernen, mit der Situation umzugehen.

Auswirkungen von Sucht auf Kinder

Sucht hat viele Gesichter. Sie kann sich in Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit äußern. Die Auswirkungen auf die Kinder sind jedoch ähnlich. Kinder aus Suchtfamilien übernehmen oft Rollen, die nicht ihrem Alter entsprechen. Sie werden zum Vertrauten, zum Helfer oder zum Beschützer.

Veränderte Rollen in der Familie

Um in dem von Sucht geprägten Familiensystem zu überleben, übernehmen Kinder oft bestimmte Rollenmuster:

  • Der Held: Diese Kinder versuchen, die Familie zusammenzuhalten und die Probleme zu lösen. Sie übernehmen Verantwortung für den suchtkranken Elternteil und die Geschwister. Oft sind sie überangepasst und leistungsorientiert.
  • Der Sündenbock: Diese Kinder lenken die Aufmerksamkeit von der Sucht ab, indem sie selbst Probleme verursachen. Sie werden oft als schwierig und aufsässig wahrgenommen.
  • Der Clown: Diese Kinder versuchen, die Stimmung aufzulockern und die Familie zum Lachen zu bringen. Sie verstecken ihre eigenen Gefühle hinter einer Fassade aus Humor.
  • Das verlorene Kind: Diese Kinder ziehen sich zurück und versuchen, unsichtbar zu sein. Sie haben oft Schwierigkeiten, Beziehungen aufzubauen und ihre Bedürfnisse auszudrücken.

Weitere Auswirkungen

Neben den veränderten Rollen in der Familie haben Kinder aus Suchtfamilien oft mit weiteren Problemen zu kämpfen:

  • Emotionale Vernachlässigung: Suchtkranke Eltern sind oft emotional nicht verfügbar und können ihren Kindern nicht die nötige Geborgenheit und Zuwendung geben.
  • Gewalt: In Suchtfamilien kommt es häufiger zu Gewalt, sowohl zwischen den Eltern als auch gegenüber den Kindern.
  • Unsicherheit und Angst: Kinder leben in ständiger Angst und Unsicherheit. Sie wissen nicht, wie sich der suchtkranke Elternteil verhalten wird.
  • Soziale Isolation: Kinder schämen sich oft für die Sucht und ziehen sich zurück.
  • Gesundheitliche Probleme: Kinder aus Suchtfamilien haben ein erhöhtes Risiko für körperliche und psychische Erkrankungen.

Langzeitfolgen

Die Erfahrungen in der Kindheit prägen viele Betroffene bis ins Erwachsenenalter. Sie haben oft Schwierigkeiten, stabile Beziehungen aufzubauen und leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl. Das Risiko, selbst eine Sucht zu entwickeln oder an einer psychischen Erkrankung zu leiden, ist bei ihnen erhöht.

Schutzfaktoren

Trotz der schwierigen Situation entwickeln sich viele Kinder aus Suchtfamilien zu resilienten Persönlichkeiten.

Folgende Faktoren können die Resilienz von Kindern stärken:

  • Unterstützende Bezugspersonen: Eine enge Beziehung zu einer vertrauten Person, die dem Kind Halt und Sicherheit gibt, kann die negativen Auswirkungen der Sucht abmildern. Das können Großeltern, andere Verwandte, Freunde oder Lehrer sein.
  • Positive Freundschaften: Freundschaften geben Kindern das Gefühl von Zugehörigkeit und stärken ihr Selbstwertgefühl.
  • Hobbys und Interessen: Hobbys und Interessen lenken Kinder von den Problemen zu Hause ab und geben ihnen Erfolgserlebnisse.
  • Stärkung der Persönlichkeit: Kinder, die lernen, ihre Gefühle auszudrücken, Probleme zu lösen und selbstbewusst aufzutreten, sind besser gewappnet für die Herausforderungen des Lebens.

Hilfsangebote für Kinder und Familien

Es gibt verschiedene Hilfsangebote für Kinder aus Suchtfamilien:

HilfsangebotBeschreibungKontakt
BeratungsstellenNACOA Deutschland bietet Beratung für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte.(https://nacoa.de/) <br> Telefon: 030/35 12 24 29 (dienstags 10-11 Uhr und 20-21 Uhr)
SelbsthilfegruppenIn Selbsthilfegruppen können sich Kinder und Jugendliche mit anderen Betroffenen austauschen.(https://nacoa.de/) <br> (Verzeichnis von Selbsthilfegruppen)
TherapieBei Bedarf können Kinder und Jugendliche psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.(https://www.therapie.de/) <br> (Suche nach Therapeuten)
Online-AngeboteVerschiedene Websites bieten Informationen und Unterstützung für Kinder aus Suchtfamilien.(https://www.kidkit.de/) <br>(https://www.mamatrinkt.ch/) <br>(https://www.papatrinkt.ch/)
SchulprogrammeEinige Schulen bieten spezielle Programme für Kinder aus Suchtfamilien an.(https://nacoa.de/) <br> (Informationen zu Schulprogrammen)
i am me AppDiese App, die in Zusammenarbeit mit Claire Libby entwickelt wurde, unterstützt Jugendliche und junge Erwachsene bei der Verbesserung ihrer psychischen Gesundheit.(https://iammeapp.com/) <br> (Informationen zur App)

Es ist wichtig, dass Kinder aus Suchtfamilien frühzeitig Hilfe bekommen. Je früher sie lernen, mit der Situation umzugehen, desto besser sind ihre Chancen auf ein gesundes und glückliches Leben.

#ichwerdelaut – Mach mit!

Die Kampagne #ichwerdelaut will Kinder aus Suchtfamilien ermutigen, ihre Stimme zu erheben und sich Hilfe zu holen. Jeder kann mitmachen und dazu beitragen, dass das Thema Sucht in Familien enttabuisiert wird.

So kannst Du Dich beteiligen:

  • Teile Deine Geschichte: Erzähle Deine Geschichte unter dem Hashtag #ichwerdelaut in den sozialen Medien.
  • Informiere dich: Informiere Dich über die Auswirkungen von Sucht auf Kinder und über Hilfsangebote.
  • Sprich darüber: Sprich mit Freunden, Familie und Bekannten über das Thema.
  • Unterstütze NACOA: Unterstütze die Arbeit von NACOA Deutschland mit einer Spende oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Sucht in der Familie ist ein weit verbreitetes Problem mit schwerwiegenden Folgen für die Kinder. Die Kampagne #ichwerdelaut von NACOA Deutschland will das Thema enttabuisieren und den betroffenen Kindern eine Stimme geben. Kinder aus Suchtfamilien sind nicht allein. Es gibt Hilfe und Unterstützung.

#ichwerdelaut ist ein Appell an die Kinder, ihr Schweigen zu brechen und sich Hilfe zu suchen. Es ist aber auch ein Appell an die Gesellschaft, hinzusehen und die Kinder zu unterstützen. Gemeinsam können wir dazu beitragen, dass Kinder aus Suchtfamilien nicht länger im Schatten der Sucht leben müssen.

More Reading

Post navigation

Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ist eine Selbsthilfegruppe auch für Angehörige geeignet?

Wir sind sicher, unsere Tochter hat ein Suchtproblem. Wie bekommen wir sie dazu, eine Therapie zu machen?